Überhaupt bin ich im Moment auch etwas irritiert: Hier ist keiner der Auffassung, dass die Kinder sich nachmittags erholen sollen. Vielmehr dominiert die Schule den gesamten Tag und auch nachmittags bleibt den Kids kaum Zeit zu spielen, weil dann ja noch die Hausaufgaben zu machen sind. Vor allem Theo und Tim haben daran zu knabbern, dass sie hier tatsächlich nur am Wochenende mal dazu kommen, mehrere Stunden am Stück zu spielen. Kein Wunder, dass die Erwachsenen in diesem Land alle Arbeitstiere sind und sich mit zehn Tagen Urlaub im Jahr zufriedengeben …
Bloß nicht bewegen
Das Zweite, was mich ziemlich schockt, ist der geringe Stellenwert, den die Bewegung der Kinder und der Menschen überhaupt im Alltag einnimmt. Sowohl in der Schule als auch in der preschool gibt es oft über den ganzen Tag nur eine einzige Bewegungspause von 20 (!) Minuten. Wie halten die Kinder das bloß aus? Wie werden Ole und Paul mit diesem „Bewegungsmangel“ in ihrer preschool umgehen? Mich selbst nervt es auch ohne Ende, dass ich für alles das Auto brauche, dass es einem selbst bei gutem Willen unmöglich gemacht wird, sich hier zu Fuß zu bewegen – oft fehlen einfach die Bürgersteige oder sie sind, wie im Moment, komplett mit Schneemassen zugeschüttet. Und Spaziergänge mit vier Kindern auf den Straßen? Zu gefährlich, da die Autofahrer nicht gerade rücksichtsvoll sind.
Meine absoluten Highlights
Als sehr positiv erlebe ich dagegen das ziemlich kunterbunte kulturelle Neben- und Miteinander in der amerikanischen Gesellschaft. Ein Beispiel: Am Aschermittwoch kamen unsere Familienmitglieder so nach Hause: Ole (preschool) mit einer Geschichte zum gerade beginnenden chinesischen Neujahr. Tim (kindergarten) mit 100 winzig kleinen Süßigkeiten zum 100-days-of-school (über Fastenzeit haben sie nicht gesprochen). Jane, unsere Hilfe, mit Aschenkreuz auf der Stirn. Und gleichzeitig schmücken hier immer noch Weihnachtsdekorationen die Vorgärten unzähliger Häuser. Die Elterninformationen aus der Schule sind sowohl auf Englisch als auch auf Spanisch gedruckt, man hört in Morristown viele verschiedene Sprachen und sieht zahlreiche unterschiedliche Hautfarben und Gesichter. Die Amerikaner/innen, die wir bisher kennengelernt haben, haben oft Verwandtschaft, die ursprünglich aus Europa oder einem anderen Land kommt. Ich habe bisher noch nie das Gefühl gehabt, hier nicht willkommen zu sein, weil wir Deutsche sind. Hier ist Anderssein irgendwie normal. Und das fühlt sich für uns alle gut an.
Normales Familienleben
Bei der ganzen Umstellung haben wir aber auch unser ganz normales Familienleben. Mit dem Auto sind wir in 45 Minuten in New York City und so haben wir schon die Dinos im „Museum of Natural History“ besucht und uns die Stadt vom Empire State Building aus angeguckt – beeindruckend, aber bitterkalt und zugig. Außerdem haben wir natürlich Pauls dritten Geburtstag Anfang März gefeiert!
KEEP TALKING (1) – Ein Monat USA
Warum aller Anfang schwer ist. Wieso viele Tipps anderer Expats beim Englischlernen nicht geholfen, wir aber selbst nach einem Monat USA ein paar gute Wege für die Kids in die neue Sprache gefunden haben. Und warum „looking“ ein zentrales Wort unserer Jungs wurde. Am Anfang war die Situation mit dem Englischen nicht leicht für die Kinder. Bis auf Theo (7) verstehen die Kinder so gut wie gar nichts – und mit seinen Vokabeln aus dem ersten Schuljahr kommt Theo auch nicht gerade weit. Ihm ist in der ersten Woche fast die Blase in der Schule geplatzt, weil ihn bei seiner Suche nach einer Toilette niemand verstanden hat. Bei Tim (6) gibt es jeden Morgen dicke Krokodilstränen vor der Schule, und Ole (4) zupft mich für viele, viele Wochen am Ärmel und fragt: „Mama, was hat die gesagt?“ Er lernt zwar bald, dass er wiederholen soll, was die Lehrerin zu ihm sagt, aber Sätze sind lange „Spaghetti“ für ihn, und die Wortgrenzen versteht er nicht: „Say puzzle, please“ (Lehrerin) – „Saypuzzleplease“ (Ole). Paul (2) fängt bei unserer Ankunft gerade an, komplette deutsche Sätze zu sprechen. Ihn interessiert das alles am Anfang nicht sonderlich – er ist noch nicht in der preschool und hat von daher weniger Kontakt mit dem Englischen. Was nicht hilft Die größte Herausforderung in den ersten Wochen und Monaten ist die Suche nach „verständlichem Sprachinput“. Wir fragen herum, probieren einiges aus und enden trotz Empfehlungen schnell in Sackgassen 1. Tipp vieler anderer Expats: Kinderfernsehen, z. B. Sesamstraße oder Barney. Unsere Erfahrung: völlig ungeeignet für den Anfang, weil die Sprachinformationen viel zu komplex sind und sich deren Bedeutung auch nicht aus dem Kontext erschließen lässt. Selbst ich verstehe akustisch vieles nicht – dazu kommt der totale Informationsoverflow (bunt, wild, schnelle Wechsel, mit Musik, Geschrei, Gehopse) – ihr könnt ja gerne mal probieren, Chinesisch mit chinesischem Kinderfernsehen zu lernen – viel Erfolg schon mal 😉 . Unsere Kinder waren jedenfalls danach immer total aufgedreht und haben so gut wie nichts verstanden … 2. Tipp vieler Expats: Verabredungen mit anderen Kindern. Unsere Erfahrungen: nur sehr bedingt geeignet, da Kleinkinder …
Unsere Pläne für März
Wir haben für Ole und Paul eine bessere preschool gefunden. Wir hatten die Auswahl zwischen drei (!) Montessori preschools und haben schließlich eine gefunden, die uns in Bezug auf Erzieherinnen, generelle Stimmung und Räumlichkeiten wirklich gut gefällt. Das Montessori-Material wird Ole, der eher ein haptischer Typ ist, sicherlich helfen, die Dinge besser zu „be-greifen“. Nächsten Monat geht es los für die beiden. Sportmöglichkeiten für die Kinder suchen (vielleicht bei einem YMCA?). Schon gewusst? Was bedeutet “YMCA“? – Ursprung und heutige Bedeutung in den USA Marc und ich haben im März unseren 20. Jahrestag und möchten gern etwas Verrücktes, Schönes oder Beeindruckendes in New York tun. Aber noch keine Ahnung, was … Habt ihr eine Idee? Meine social security number beantragen (ohne die man hier quasi nicht existiert). Schon gewusst? Wofür brauche ich eine “Social Security Number (SSN)“? – Sozialversicherungsnummer Die Kinder haben andere Sorgen als wir. Sie bewegt im Moment hauptsächlich die Frage, ob der Osterhase die Sache mit unserem Umzug mitbekommen hat und seine Nester tatsächlich hier anstatt in Deutschland verstecken wird. Abwarten. 🙂
Sehnsucht nach den Freunden
Jeden Abend ärgere ich mich über die Zeitverschiebung: Wenn ich endlich „frei“ habe, liegt ihr im schon Bett und ich kann keinen mehr anrufen! Da wäre San Diego auf der anderen Seite von Amerika doch besser gewesen, denn dann könnte ich euch morgens erwischen!
15 Koffer, 6 Reiselustige vom Niederrhein und 1 Oma
Start: 22. Januar. Theo (7), Tim (6), Ole (4), Paul (2), Marc (38), meine Mutter (65) und ich (38) – mit 15 (in Worten: fünfzehn!) Koffern plus Handgepäck – fahren in zwei Autos zum Flughafen. Unsere Nachbarinnen stehen Spalier und winken zum Abschied auf der Straße … Erster Schreck am Flughafen: Wir haben Pauls Kinderwagen zu Hause vergessen! Fängt ja gut an … Nach der normalen Security gibt’s noch einen Extra-Sicherheitscheck direkt vor dem Flieger: Alles wird einzeln ausgeräumt, unsere elektronischen Geräte kommen in den Sprengstoffcheck, selbst Fußsohlen werden abgetastet (positiv: Beim Koffercheck taucht meine lang vermisste Uhr wieder auf :-)). Pünktlich um 12.30 Uhr hebt unser Flieger ab, die Kinder sind aufgeregt (es ist der allererste Flug für Paul und Ole) und alle halten sich tapfer im Flugzeug (dank TV). Nach neun Stunden Flug landen wir um 14.30 Uhr Ortszeit mit Blick auf die Skyline von New York City. Alles glatt gelaufen. Puh …
Endlich zuhause!
Im Flieger übergibt sich Ole völlig unvermittelt nach der Landung, kann sich kaum auf den Beinen halten – der Arme … Die anderen drei sind fit und wir passieren die Einwanderungsbehörde in Rekordzeit, da wir wegen Oles „Zustand“ in die express lane dürfen! Die ist eigentlich nur für Leute mit diplomatischem Visum oder Behinderungen. Danach: Koffer einsammeln, durch den Zoll, unsere beiden Leihwagen abholen … Zweieinhalb Stunden nach der Landung sind (ist) endlich alle(s) verpackt in den Autos: Marc fährt die Koffer, ich habe die Kids und meine Mutter dabei. Draußen ist es schon ziemlich dämmrig, als es endlich losgeht. Für mich unvergesslich: der erlösende Moment, als wir nach 14 Stunden unterwegs mit Lärm und Kälte, Warten und Schleppen in die Leihwagen einsteigen und losfahren – endlich wieder wohltuende Privatsphäre, Ruhe und Wärme! Die Kinder sind so platt, dass sie gar nichts mehr sagen. Ole übergibt sich zwar noch einmal im Auto, schläft danach aber zum Glück ein. Und nach 20 Minuten Fahrt sind wir endlich „zuhause“ in „unserem“ Haus in Morristown.
Kuchenbacken um fünf Uhr morgens
Die Kinder sind noch in deutscher Zeitzone, daher hat unser erstes Wochenende in Morristown wunderbar lange Tage: Es ist reichlich Zeit zum Auspacken der Koffer, und weil alle morgens nicht lange schlafen können, wird um fünf Uhr schon der erste Kuchen gebacken. Die Kids genießen das neue Haus und vor allem den ausgebauten Kellerraum mit dickem Ami-Teppich – hier kommt die bei ebay ersteigerte Thomas-Eisenbahn sofort zum Einsatz. Der unschlagbare Vorteil des Kellerraums: Er ist unter uns und daher sehr „lärmunempfindlich“ – im Gegensatz zu all den anderen Räumen in unserem Holzhaus (ständiges Geholter und Gepolter – das ist schon gewöhnungsbedürftig). Wir machen die ersten Großeinkäufe, die Kinder sind quirlig wie immer.