Car Wash Fundraising

The ABCs of Fundraising

Wie ich die Elevator Speech hinbekomme, eine Kontaktliste erstelle und erstaunlicherweise gefühlt 1.000 Leute anspreche. Und so zur erfolgreichen Geldsammlerin wurde.

 
In den USA ist Fundraising, d. h. die Beschaffung von Mitteln und Geld, an der Tagesordnung. Es gehört mit in den Bereich „bürgerliches Engagement“. Für die großen Hilfsorganisationen, Stiftungen und Parteien übernehmen meist professionelle Fundraiser (oder Geldsammler/innen) die Arbeit des „Geldsammelns“. Will man damit erfolgreich sein, dann ist das eine komplexe Aufgabe, die Analyse, Planung, Durchführung und Kontrolle der Maßnahmen erfordert. Aber wie machen das die „kleinen Leute“, also die Schulkinder und Freiwilligen, die sich für gemeinnützige Organisationen einsetzen? Für mich ist dieses Thema jetzt ganz akut, denn ich werde für die nächsten Monate auch zur „Geldsammlerin“ werden.

Wie bekomme ich 2.600 Dollar zusammen?
Das Startgeld für meinen geplanten Marathon in New York beträgt 2.600 Dollar und wird komplett an eine gemeinnützige Organisation geleitet, die Sport- und Laufprogramme für Kinder organisiert, die sonst keinen Zugang zu sportlichen Aktivitäten hätten. So weit, so gut. 2.600 Dollar sind jetzt aber keine kleine Summe und hören sich für deutsche Ohren doch ziemlich utopisch an, oder? Die zwei Fundraising-Methoden, die ich aus Deutschland kenne, helfen nicht weiter: Weihnachtsbasar und Wohltätigkeitswanderung. Da gibt’s nur eins: vorher richtig schlau machen!
Die Voraussetzungen dafür sind nicht schlecht: Erstens lebe ich zurzeit im Land der weltbesten Fundraiser und zweitens hat das „Geldsammeln“ hier nicht den „anrüchigen“ Charakter von „Betteln“ wie in Deutschland, sondern genießt im Rahmen der bürgerlichen Pflicht, sich für andere zu engagieren, gesellschaftliche Akzeptanz. Ich hoffe also, dass ich stolz, proaktiv und „strategisch geplant“ auf potentielle Spender/innen zugehen kann.

The ABCs of Fundraising:
Die Non-Profit-Organisation „Team for Kids“, an die die 2.600 Dollar fließen werden, steht uns Läuferinnen und Läufern beim Thema Fundraising zur Seite. Und so fängt es an:

“We know that fundraising can be intimidating (einschüchternd), but with a little creativity and determination (Entschlossenheit) you can meet your fundraising commitment (Sammel-Verpflichtung) in no time … We are putting the FUN in fundraising.“

Hier nun die Grundregeln für erfolgreiches Fundraising

  1. Elevator Speech (ca. 60-sekündige Einstiegsrede): Man stellt das Projekt vor und überzeugt die Zuhörenden von der Idee. Und zwar kurz – eben in genau der wenigen Zeit, die man in einem Fahrstuhl bei einer Fahrt in den zehnten Stock für ein Gespräch hätte.
    Das fällt mir nicht schwer – ich bin vom Team for Kids total begeistert und finde die Programme von ihnen absolut unterstützenswert. Wir erleben hier jeden Tag bei Theo (8) und Tim (7) in der Schule, wie wenig die beiden sich bewegen können und wir leiden mit Ole (5) und Paul (4), die gerade mal 20 Minuten Bewegungspause in einem langen preschool-Tag haben. Und da ich als absoluter Bewegungsmensch nun mal ziemlich sicher weiß, wie wichtig Bewegung für das Wohlbefinden und für die Entwicklung von Kindern ist, werde ich mich, wenn auch etwas nervös, aber doch voller Überzeugung vor die Leute stellen und um Spenden für diese tollen Projekte bitten.
  2. Kontaktliste erstellen: Familie, Freunde, Kirche, Schule, kleine Geschäfte, Mitarbeiter/innen, Nachbarsfamilien … Ich bin verwundert, wie viele Leute wir kennen! Klar, mit vier Kindern haben wir eine große Berührungsfläche mit Schulen, preschool und befreundeten Familien, dazu noch meine Deutsche Schule und Marcs Büro … Das Beste: Das Ganze gibt es direkt im Doppelpack – einmal in den USA und einmal in Deutschland.
  3. Leute ansprechen und fragen: über E-Mails und Briefe (immer mit persönlicher Anrede –ganz wichtig, sonst landen die schnell im Müll bei der Flut der Spendengesuche hier), Social Media, Businesskarten, persönliche Team for Kids-page online.
    Und dann das sogenannte matching gift – Verdopplung der Spende: Viele US-Firmen haben als Teil ihrer philanthropischen Unternehmensphilosophie sogenannte „matching gift programs“. Sie „verdoppeln“ also die Spende ihrer Angestellten an eine Non-Profit-Organisation, indem sie den gleichen Betrag noch einmal oben draufpacken. Manchmal machen das sogar Privatpersonen, die auch andere zum Spenden motivieren möchten: So habe ich das einmal bei meinem Lieblingssender WNYC gehört. Da der Sender auf Spenden angewiesen ist, gibt es dort ab und zu Tage, an denen in allen Sendungen das Thema „Bitte spenden Sie an uns“ im Vordergrund steht. Zu Gast bei dieser Sendung war ein bekannter Schauspieler, der den Zuhörer/innen sagte, dass er jede Spende „matchen“, also verdoppeln würde. Clevere Taktik, oder? Für mich fällt das allerdings flach, weil weder Marcs Firma noch meine Deutsche Schule ein „matching gift program“ haben.
  4. Fundraiser-Veranstaltungen ausrichten (s.u.)
  5. Danke sagen – und zwar mindestens zweimal – einmal direkt nach der Spende und einmal nach dem Marathon. „Danke sagen“ als alleiniges Ziel der Kommunikation (also nicht direkt nach mehr Geld fragen) und auch mal kreativ dabei werden.

Dazu gibt es für uns das „The ABCs of Fundraising“, eine alphabetisch sortierte Sammlung mit Geldsammel-Ideen und Tipps, von A wie „Auktion“ über K wie „Keep the change“ bis zu Y wie „Yard sale“.

Los geht’s:

  • Der allererste Tipp (unter „A“) ist so simpel wie einleuchtend: „Ask! … In fact, the number one reason people do not donate is simple because they were never asked! Ask anyone and everyone!“ – Das muss ich mir ganz dick hinter die Ohren schreiben, denn von Natur aus frage ich eher ungern – also überwinden!

 

  • Ich suche ich mir einige Ideen aus, die mir sowohl für Amerika als auch für Deutschland erfolgversprechend scheinen: Bake Sale (selber backen und dann verkaufen), E-Mail (habe ich ja schon beim AIDS-Marsch ausprobiert), Ice Cream Social (Party mit Eis geben und um Spenden bitten), Basket Raffle (Tombola mit nummerierten Losen), Training Runs (man erbittet eine kleine Spende, wenn jemand bei einem Trainingslauf mitläuft).

Sollten einige von euch auch Lust verspüren, mal sammeln zu gehen, sind hier noch weitere Ideen:

  • „Boss for a day“ – der/die höchstbietende Angestellte darf einen Tag Chefin/Chef sei
  • Car Wash – damit sammeln vor allem Middle- und Highschool-Kinder Geld
  • Casual Day – gegen eine Spende darf man an einem Freitag in bequemen Klamotten arbeiten gehen
  • „Great cook – host a dinner party“
  • Lemonade Stand – am Straßenrand sieht man immer wieder Kinder, die einem Limonade und Kekse verkaufen
  • Wine tasting party

Das Allerwichtigste: „ASK!“
„Ask“ heißt also der erste und wichtigste Tipp:

  • Aber wie fragt man Leute nach Geld für ein Projekt, von dem man wirklich überzeugt ist (also mental mit drinhängt), ohne sie in Bedrängnis zu bringen?
  • Und wie reagiert man gleichzeitig sportlich auf eine mögliche Absage (nimmt es also nicht persönlich)?
  • Wie findet man das rechte Maß zwischen „Am-Ball-Bleiben“ und Leute noch mal dran zu erinnern, ohne denen auf den Geist zu gehen, die wirklich nicht mitmachen wollen?

Ich habe zuerst mal bei den „Profis“ zugeguckt und in meinem Café ganz in Ruhe beobachtet, wie zwei Mädels vorbeigehende Leute auf der Straße für eine Homosexuellen-Organisation anwerben wollten – ein zudem recht progressives Thema für die Leute hier, wie ich finde. Und so haben die beiden Frauen es gemacht:

Locker auf die Leute zugehen.
Dann Standardfrage mit Lächeln im Gesicht: „Do you have a minute for gay rights?“
Bei Interesse: „Great!“
Dann elevator speech mit weiteren Infos.
Bei Ablehnung: „Ok, thank you and have a good day!“
Immer authentisch und freundlich sein, egal, was die Leute sagen.
Nichts erwarten (sehr überzeugend).
Das war wirklich aufschlussreich.

Also mache ich es genauso (in Laufklamotten, mit Plakaten, Geschenkkörben oder Keksen, mit Sammelbüchse in die Hand):

„Hallo, haben Sie eine Minute Zeit? …“

Und dann erzähle ich in von unseren Erfahrungen in Amerika, dass viele Kinder sich kaum bewegen, und davon, dass ich jetzt bei einem Wohltätigkeitslauf mitmache, der genau diese Kinder mit Laufprogrammen unterstützen will.

Schon gewusst?
Was bitteschön ist Fundraising?