Wer länger in den USA bleiben will, benötigt entweder eine Green Card oder ein Visum

Ready to go – der lange Weg bis zum Abflug

Wer wir sechs eigentlich sind und warum wir überhaupt für zweieinhalb Jahre in die USA zogen. Was unsere Familie und Freunde dazu gesagt haben und warum Marc in Amerika arbeiten wollte. Warum wir uns nach unseren „look and see“-Trips an die Westküste und Ostküste für New Jersey entschieden haben. Was wir in Amerika vorbereiten mussten und wie unser „Letzte-3-Wochen-Countdown“ in Deutschland aussah.

 

 

1. Wer, wie, was?

Paul
(2 Jahre)

Begeisterter Spielgruppengänger, beginnt gerade, komplette deutsche Sätze zu bilden, plaudert wie ein Wasserfall, ist kein „Baby“ mehr, sondern steigt in die „große Liga“ zu den Brüdern auf.

Amerika? Paul begreift natürlich weniger als die anderen, was da eigentlich auf ihn zukommt. Daher ist er gelassen – auch einen Umzug auf den Mars würde er vermutlich nicht verwunderlich finden ...

Ole
(4 Jahre)

Leidenschaftliches Kindergartenkind, ist gern draußen und kommt immer voller Sand nach Hause, liebt den Turnverein und ist großer Fan von Spaghetti-Eis.

Amerika? Ole hat Angst, dass es dort freilaufende Krokodile gibt. Wenn das nicht stimmt, ist es für ihn okay mit dem Umzug ...
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Tim
(6 Jahre)

Liebt Fußball und Leichtathletik, ist gern in der musikalischen Früherziehung und schafft kurz vor der Abreise gerade noch sein Seepferdchen.

Amerika? Tim ist voller Vorfreude auf die amerikanische Schule (kindergarten, eine Art „Vorschuljahr“) ...
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Theo
(7 Jahre)

Hat seit eineinhalb Jahren Englisch in der Grundschule, kennt daher schon einige Wörter, ist begeistert beim Leichtathletik-Verein dabei.

Amerika? Theo hat sehr gemischte Gefühle. Zuerst ist er traurig, weil er seine Freunde zurücklassen muss. Nach dem look and see-Trip nach Morristown, zu unserem künftigen Haus und seiner neuen Schule, ist er aber beruhigt und kann sich besser darauf einlassen ...

Britta
(38 Jahre)

Ich arbeite als Lehrerin an einem Gymnasium (Fächer Englisch und Biologie) und die Arbeit mit den Schulkindern macht mir richtig Spaß. Der Alltag mit unseren vier Jungs und dem Job ist ganz schön turbulent, auch wenn Au-pairs und meine Mutter uns unterstützen. Aber egal, wie viel gerade zuhause los ist – wann immer ich etwas Luft habe, schlüpfe ich in meine Laufschuhe und ab geht’s eine große Runde um den Block. Ein halbes Jahr vor dem Umzug gehe ich in „Voll-Elternzeit“ und kümmere mich „hauptberuflich“ um Umzug, Kinder und Haus.

Amerika? Ich stehe voll dahinter, bin sehr gespannt auf unser Leben dort. Wie es ohne Au-pair und „Oma und Opa“ als Unterstützung laufen wird? Keine Ahnung, aber wir schaffen das schon!

Meine Pläne: Das Leben mit den Kindern auf die Reihe bekommen, vielleicht als Freiwillige bei einer Wohltätigkeitsorganisation arbeiten, den NYC Marathon mitlaufen, die vielen neuen Feste wie Thanksgiving aus erster Hand kennenlernen ...

Marc
(38 Jahre)

Marc ist Telekommunikationsingenieur und leitet eine Firma in Aachen, die weltweit technische Dienstleistungen anbietet. Er hat jetzt die Aufgabe, das US-Geschäft von New Jersey aus aufzubauen. Deshalb zieht er schon vier Monate früher nach New Jersey, spricht mit den Kunden und bereitet unser Haus intensiv vor.

Amerika? Ich freue mich auf das Land und das Neue. Ich mag Herausforderungen, habe aber auch großen Respekt vor den Aufgaben – sowohl vor denen im Beruf als auch vor denen in der Familie. Die Vorbereitungszeit war super anstrengend und die wirklich heftige Zeit kommt ja erst noch …

Amerika? Ich will hier die Internationalisierung meiner Firma weiter vorantreiben, komplett andere Kunden gewinnen, in die Kultur eintauchen und mein Englisch weiter verbessern, vielleicht ein neues Hobby suchen und möglichst viel von den Bundesstaaten sehen, die ich noch nicht kenne ...

Aber bevor wir mit Kind und Kegel sowie mit Sack und Pack tatsächlich in den Flieger nach New York steigen und unser altes Leben hinter uns lassen, gibt es natürlich jede Menge Vorbereitungen.

2. Wieso, weshalb, warum …?

 

Es gibt viele tausend kleine Gründe, warum wir in Deutschland bleiben könnten, aber eben auch einige richtig gute Gründe, genau jetzt die Koffer für Amerika zu packen. Die wichtigsten sind für uns:

  • die guten Erfahrungen, die Marc und ich während unserer Auslandssemester in England und in der Schweiz gemacht haben
  • die Möglichkeit, eine andere Kultur aus erster Hand zu erfahren und viele interessante und nette Leute kennenzulernen
  • Es passt bei Marc geschäftlich genau jetzt besonders gut.
  • Noch sind die Kinder klein, aber bald werden sie alle in der Schule sein – dann würde das „Umsiedeln“ bestimmt noch anstrengender.
  • Ich habe noch vier Jahre Elternzeit.
  • Kurzform: viel Neugierde und ein bisschen Abenteuerlust

Mit den Worten von Peter Bamm gesagt:
„Das Leben ist zu aufregend, als dass man bequem darin herumsitzen dürfte.“

(Quelle: Peter Bamm: Die kleine Weltlaterne, ISBN 9783426001059, Seite 40, Verlag Droemar-Knaur, 1976)

Also, packen wir‘s!

Was sagen Familie und Freunde dazu?

Als wir „die Bombe platzen ließen“, was wir als komplette Familie vorhaben, fielen die spontanen Reaktionen sehr unterschiedlich aus:

Der eine Opa war ehrlich geschockt, der andere Opa bekam leuchtende Augen – wahrscheinlich, weil er selbst einmal ausgewandert war – und die Oma trauerte ihrem wöchentlichen „Oma-Tag“ (Besuch eines der Kinder bei ihr) hinterher. Insgesamt waren alle etwas traurig, aber nach dem ersten Schock auch gleichzeitig gespannt, was wir alles erleben würden.

Die Tatsache, dass unser Umzug nicht auf ewig ist, dass wir auch in den Ferien wieder nach Deutschland kommen würden und die Aussicht auf einen Besuch bei uns in New Jersey mit Ausflügen nach New York milderten den Trennungsschmerz ab.

Viele unserer Freunde fanden die Idee super und fieberten mit uns. Manche fanden es auch richtig mutig. Eine Freundin schüttelte allerdings den Kopf: Nein, so was würde sie nicht machen, weil ihr Sohn sonst ja seinen besten Freund verlieren würde. Punkt für sie – einfach ist genau das wirklich nicht. Vor allem Theo (7) hat im Vorfeld damit zu kämpfen, dass er seine Freunde erst einmal zurücklässt.

Warum wir überhaupt in die USA gehen: Marcs neue Aufgabe

Wie das alles entstanden ist mit der verrückten Umzugsidee erzählt Marc selbst:

Die Geschäftsidee
Seitdem ich 1999 mit P3 gemeinsam das Telekommunikationsgeschäft aufgebaut habe, habe ich alle zwei Jahre etwas Neues angefangen. Anfang 2009 wurden wir von Verizon, dem größte US-amerikanischen Mobilfunkbetreiber, gefragt, ob wir bestimmte Testdienstleistungen für US-Telefone erbringen könnten. Dafür brauchten wir eine Präsenz in den USA. Ich fing an, das Marktpotential auszuloten, denn nur für den einen Kunden hätte man ggf. auch andere Lösungen erarbeiten können.

Marktpotential in den USA
Die USA haben über 300 Millionen Einwohner und sind ein riesiger Binnenmarkt. Bei der Marktanalyse wurde schnell klar, dass P3 hier genauso groß werden könnte wie in Europa. Ich fing also im Frühjahr 2009 an, die verschiedenen Ideen zusammenzutragen und meine Mitgesellschafter davon zu überzeugen. Im Juli 2009 wurde unsere US-Tochter in das Handelsregister in Delaware eingetragen. Warum Delaware? Viele US-Firmen sind in diesem Bundesstaat registriert, weil die Unternehmensgesetze hier besonders einfach und unternehmensfreundlich sind. Das hat nichts mit dem Sitz der Firma zu tun.

Rotieren am Anfang
Der Spätsommer 2009 war super anstrengend – ich musste meine Aufgaben in Deutschland schnell an meine Kollegen delegieren, die US-Kunden wollten bereits erste Aufträge vergeben und die Logistik stand auch noch nicht. Als wir im Oktober 2009 dann noch eine große Ausschreibung eines US-Kunden auf den Tisch bekamen, war ich gut am Rotieren – die Ausschreibung haben wir zum Glück am Ende tatsächlich gewonnen.

Mir wurde klar, dass ich ein Rumpf-Team aus erfahrenen US-Amerikanern brauchte, das mir beim Aufbau helfen konnte. Ich fand vier geeignete Leute, die ich im Herbst 2009 nach und nach an Bord holte und flog immer wieder in die USA – fast jede Woche war ich mindestens einmal über den Atlantik unterwegs.

Vorbereitungen für das office
In dieser Phase war es schwer, immer nur im Hotelzimmer zu arbeiten. Ich konnte mir keine Post zustellen lassen oder Lieferungen annehmen. Aus diesem Grund suchte ich mir ein kleines Mietbüro bei Regus. Regus stellt in vielen großen Städten Büros zur Verfügung, in die man sich einmieten kann. Ich hatte jetzt acht Quadratmeter und zwei Arbeitsplätze, aber vor allem eine Adresse direkt in der Nähe des Kunden. Damit wurde ich ein lokaler Lieferant. Außerdem konnte ich mit der Anschrift endlich auch ein privates US-Bankkonto eröffnen.

Visumsantrag

Marc erzählt:
Wenn man in die USA reisen will, braucht man als Deutsche/r einen Reisepass und muss sich über ESTA (electronic system for travel authorization) vor der Einreise registrieren lassen. Das gilt aber nur für den Urlaub oder kurze Geschäftsreisen. Wer länger in den USA bleiben will, benötigt entweder eine Green Card oder ein Visum. Unsere Firma ist schon länger als so genannter E2-Investor in den USA tätig, d. h. wir als deutsche Firma expandieren in die USA und bauen dort Arbeitsplätze auf. Unter diesem Status darf unser deutsches Mitarbeiterteam in die USA entsendet werden und dafür gibt es so genannte E2-Visa.

 

Der Antrag ist durchaus kompliziert, denn man muss eine Menge Fragen beantworten. Wir hatten zu diesem Zweck eine Agentur, die uns durch den Prozess coachte. Viele Fragen sind schwierig (z. B. das Aufführen ALLER Reisen, die ich je gemacht habe – mit Datum!), aber am Ende hatte ich nach zwei Wochen tatsächlich meine Formulare fertig. Danach habe ich innerhalb von weiteren zwei Wochen einen Termin für ein Interview im US-Konsulat in Frankfurt bekommen und dort gab es ein zehnminütiges Interview. Am nächsten Tag war der Pass schon in der Post, mit einem fünfjährigen US-E2-Visum. Das war zwar viel Papierkram, aber es ging alles sehr pragmatisch und schnell. Ab Ende Juli 2009 durfte ich bis zu fünf Jahre in den USA bleiben und das Visum kann ich immer wieder für weitere fünf Jahre verlängern. Britta und die Kids haben dann einige Monate später genau das gleiche Visum erhalten – als Angehörige eines E2-Inhabers. Damit durfte Britta in den USA auch arbeiten.

Driver’s License

Marc erzählt:
Für das Leben in den USA ist ein lokaler Führerschein sehr hilfreich (Begegnungen mit der Polizei, Versicherungsbeiträge). Offiziell darf man in New Jersey nur 60 Tage mit einem out-of-state-Führerschein fahren, danach sollte man die New Jersey Driver‘s License machen.

Ich hatte mir für diese zwei Wochen auch noch das Thema Führerschein (nur den Theorie-Test) vorgenommen. Um einen Führerschein zu beantragen, benötigt man fünf ID-Punkte – in den USA gibt es kein Melderegister und der Führerschein ersetzt den Personalausweis. Damit man den bekommt, muss man fünf Dokumente vorlegen, die beweisen, dass man der ist, der man vorgibt zu sein – dazu gehört eine Strom- oder Gasrechnung, eine aktuelle Kreditkartenabrechnung, ein Gehaltscheck o. ä.!

Damit geht man zum Department of Motor Vehicles (DMV) und muss einen schriftlichen Test absolvieren. Nach Bestehen bekommt man die New Jersey Driver‘s License. In den zwei Wochen wollte ich eigentlich für den Test lernen, konnte mich aber wegen des ganzen Aufbaus der Möbel usw. nicht dazu motivieren. Am Freitag der zweiten Woche bin ich dann mit meinen fünf Dokumenten einfach zum DMV, habe 30 der 40 Fragen richtig beantwortet und dann bei den verbleibenden 10 Fragen so lange geraten, bis ich die notwendigen 32 Punkte zusammenhatte.

Damit hatte ich das Thema Führerschein auch in dieser Woche erledigt und konnte doch noch nach Hause fliegen.

Vorbereitungen in den USA

„New York, New York” oder „California Dreaming”?
Direkt nachdem Marc die Gründung der Firma beschlossen hatte, folgte die Frage, wo wir uns denn nun ansiedeln wollten. Die erste Idee war San Diego, weil das Wetter dort einfach perfekt ist und ein großer Kunde von Marc in der Stadt seinen Sitz hat. Alternativ kam natürlich New York bzw. New Jersey in Frage, weil hier Verizon seinen Hauptsitz hat.

Für die Ostküste sprach die deutlich bessere Logistik: Es gibt tägliche Nonstop-Flüge von Düsseldorf nach Newark und die Zeitverschiebung beträgt nur sechs Stunden. Aber San Diego hat wirklich ein Traumklima, und von dort ist man schnell im Silicon Valley. Puh, gar nicht so einfach, wer die Wahl hat, hat eben die Qual …

Look and see-Trip, der erste
Also sehen wir uns beide Städte an. Was steht auf dem Programm? House hunting mit Maklerinnen und Maklern, diverse Schulen besuchen, Sportvereine abchecken, die beiden Städte genauer angucken. Und ein Besuch bei SeaWorld in San Diego ist auch drin.

San Diego – „Americas Finest City“
San Diego liegt an der Pazifikküste in Kalifornien und ist mit ca. 1,3 Millionen Einwohner/innen die zweitgrößte Stadt im Sunshine State. Sie ist bekannt für ihre Strände (Wellenreiten!), Parks (z. B. mit dem San Diego Zoo) und ihr mildes Klima (Jahresdurchschnitt 17 Grad!). Die Stadt hat sich in den letzten Jahren zu einem der bedeutendsten Zentren der Telekommunikations- und Biotechindustrie entwickelt. Unser Eindruck: sehr sympathisch und „jung“, direkt am Wasser, schöne Laufstrecke am Hafen … ja, hat etwas von Traumstadt, aber puh, ist ganz schön heiß (über 30 Grad). Viele der Häuser, die wir uns angucken, liegen in sogenannten „gated areas“ – d. h. man kommt nur durch ein bewachtes Tor ins Viertel – und das Ganze ist von einem hohen Zaun umgeben. Was mich stört: Es gibt keine Geschäfte in Laufnähe, die Spielplätze der Wohnviertel sehen „un-einladend“ und kahl aus in der brütenden Hitze. Was soll ich da den ganzen Tag mit den Kindern machen? Die Häuser wirken auf mich kalt und ungemütlich, weil sie (sinnvollerweise) viele Fliesenböden haben. Dann noch Besuch einer strip mal (Einkaufsmeile): Uauh! Die Geschäfte an einem Parkplatz liegen so weit auseinander, dass die Leute dazwischen mit ihrem Auto hin- und herfahren! Sehr fremd. Ich will lieber laufen, so als Bewegungsmensch … Unsere Maklerin hat die ganze Zeit ein breites „Zahnpasta-Grinsen“ drauf (passt voll zum Klischee) und spricht ein so „breites“ Amerikanisch, dass wir immer wieder nachfragen müssen.

 

Besuch einer Grundschule in San Diego
Wir staunen: sehr große Klassen (ca. 40 Kinder)! Und in der großen Pause spielen die Kinder auf dem Schulhof in der sengenden Sonne! Ich bin froh, als wir wieder im klimatisierten Auto sitzen und habe große Probleme, mir unsere Jungs in dieser Schule vorzustellen.

New Jersey: Morristown

Unser Eindruck von Morristown in New Jersey – weniger „exotisch“ und „exklusiv“, kein Wasser, direkt „drei Nummern kleiner“ als San Diego, eher kleinstädtisch, ältere Gebäude, aber sehr sympathisch, viele verschiedene Kulturen, viel Spanisch und andere Sprachen, echter Stadtkern und in der Innenstadt alles gut zu Fuß erreichbar (Bibliothek, Restaurants, Park, Eisdiele, Bank, Lebensmittelgeschäfte, Schule). Aber auch ganz schön heiß (über 30 Grad)… puh! Beeindruckend hohe Bäume und einige „wilde Tiere“ – unser Makler muss zweimal eine Vollbremsung hinlegen, weil ein Reh auf die Straße springt … Aber dafür haben wir kein Problem, ihn zu verstehen, wenn er uns etwas erklärt (klingt nicht ganz so „breit“ amerikanisch) 🙂 .

Die Häuser, die wir uns angucken, sind alle aus Holz gebaut, teilweise etwas düster drinnen wegen der kleinen Fenster. Aber sie wirken meist gemütlich mit Parkettboden und offenem Kamin, farbenfrohen Blümchentapeten, goldenen Türklinken (egal) und dicken Ami-Teppichen. Sie sind mir auf jeden Fall viel sympathischer als die Häuser in Kalifornien.

Besuch einer Grundschule in Morristown
Wieder staunen wir – viel kleinere Klassen (ca. 16 Kinder mit zwei Lehrkräften – eine/r davon ist eine sogenannte Hilfskraft). Da noch Ferien sind, sehen wir keine Kinder. Die Wände der Klassenzimmer sind vollgeklebt mit tausend Lernplakaten. Wir bekommen einen Mensaplan in die Hand gedrückt (ungesundes Essen wie z. B. Pizza, Nudeln mit Käse, Sandwiches). Zurück im Hotel google ich und siehe da – New Jersey gehört zu den fünf Staaten in Amerika, die am meisten pro Kind für die Bildung ausgeben (über ein Drittel mehr als der Durchschnitt). Kalifornien liegt weit abgeschlagen, je nach Berechnungsweise, sogar auf dem 46ten(!) Platz (die USA haben 50 Staaten).

Unsere Entscheidung

Mein Kopf- und mein Bauchgefühl sind sich schnell einig: Morristown ist richtig für uns als Familie. Die Stadt hat „Geschichte“ auf dem Buckel, einen echten kleinen Stadtkern, überragend gut aufgestellte öffentliche Schulen und überschaubare Dimensionen, so dass wir auch zu Fuß unterwegs sein können. Das geht in San Diego nur sehr bedingt. Marc kann sich beides vorstellen, aber ich gebe Morristown den Zuschlag.

 

Look and see-Trip, der zweite
Zwei Monate vor dem Umzug fliegen Theo (7) und Tim (5) mit Opa Paul für eine Woche rüber nach New Jersey, um sich das Haus und vor allem ihre Schule einmal anzuschauen. Marc wohnt bereits in unserem Haus dort und so können sie sich schon etwas eingewöhnen.

Theo und Tim gehen „zum Schnuppern“ in die Hillcrest School, also die Schule, in die sie zwei Monate später wechseln werden. Sie machen direkt einen Englischtest, der natürlich zeigt, dass sie erst sehr, sehr wenig Englisch können. In unserem school district gibt es ein ESL-Programm (English as a Second Learner), mit dem Kinder, die die englische Sprache gerade erst lernen, entsprechend gefördert werden. Dies findet in Kleingruppen während der normalen Unterrichtszeit statt. Das ESL-Programm ist vor vielen Jahren ins Leben gerufen worden, um die vielen Kinder der Hispanics, die ebenfalls noch kein Englisch können, aufzufangen und zu fördern.

 

Nach der Rückkehr ist Theo sichtbar ruhiger und kann sich besser auf den Umzug einlassen.

Vorbereitungen im neuen Haus

Nachdem unsere Entscheidung für Morristown gefallen war, haben wir das Haus in der Carton Road gemietet. Es war kurz nach der Immobilienkrise und wir hätten das Haus auch günstig kaufen können, aber wir wollten ja nur auf Zeit in den Staaten bleiben.

Das Haus war groß und völlig leer, aber sehr nett gelegen. In den Herbstferien 2009 ist Marc für zwei Wochen in die USA geflogen, um unser neues Zuhause vorzubereiten und zu möblieren. Denn wir behalten unser Haus in Deutschland und lassen daher auch die Möbel dort. Marc hat die Räume ausgemessen und mehrere Videos gedreht, die er mit mir durchgesprochen hat. So konnten wir abklären, welche Möbel wir in jedem der Zimmer aufstellen wollten. Dann ist er gefühlte hundertmal zu Ikea nach Elisabeth gefahren, um entweder Möbel zu bestellen oder abzuholen. Es fehlte jedes Mal irgendwas und er hat in der Zeit eine regelrechte IKEA-Allergie entwickelt.

Parallel gingen seine Aufgaben in der Firma in Europa und in den USA weiter, d. h. zwischendurch musste er Mails beantworten und Entscheidungen treffen – eine echte Herausforderung …

Vorbereitungen in Deutschland

Ein Leben voller To-do-Listen
Die Vorbereitungen in Deutschland sind nicht ganz so umfangreich wie in den USA, aber Kleinvieh macht ja bekanntlich auch Mist. Marc ist in den Monaten vor unserer Abreise fast nur in New Jersey, so dass ich die meiste Zeit mit den Kindern allein in Deutschland bin. Langeweile kommt also nicht auf. 🙂

Was gibt’s in Deutschland zu tun?

  • rechtzeitig Elternzeit einreichen (Britta)
  • Visum in Frankfurt beantragen (wir alle, Marc und Britta persönlich)
  • Auto abmelden und für die lange Ruhezeit präparieren (unseren VW-Bus behalten wir)
  • Nachsendeauftrag einrichten
  • ausgiebige Gesundheitschecks, v. a. die Zähne in Ordnung bringen
  • kündigen, kündigen, kündigen: Zeitung, Abos, Kindergarten, Musikschule, Turnvereine, Essensgeld Kita, Au-pair, Fördervereine, GEZ, Telefon, Müll, Krankenversicherung (ruhen lassen) …
  • unsere Medikamentenvorräte auffüllen, z. B. das Rectodelt für Pauls Pseudokrupp
  • Haus aufräumen
  • Platz für Untermieter/innen machen
  • alle Lebensmittel verschenken

Aber wir behalten auch eine ganze Menge: Allem voran – unser Haus! Es steht fest, dass wir nur auf Zeit umziehen (zwei bis drei Jahre), also brauchen wir bei unserer Rückkehr nach Deutschland wieder ein Zuhause. Solange wir weg sind, ziehen eine Freundin und mein Bruder ein.

Countdown – die letzten drei Wochen vor dem Abflug

Wir kommen aus dem Feiern irgendwie nicht mehr raus – Tim wird 6 Jahre jung, Marc 38 Jahre alt. Im Indoor-Spielplatz richten wir (Geburtstags-)Abschiedsfeiern für Theo und Tim aus. Auch Tim und Ole werden von ihren Spielkamerad/innen im Kindergarten mit einer kleinen Feier verabschiedet und bringen Abschiedsgeschenke mit nach Hause: eine Kollage mit Fotos von ALLEN Kindern und Erzieherinnen, und Theo bekommt von seinem besten Freund ein gerahmtes Foto von beiden.

Bei unserer Abschiedsparty für Freunde und Familie kommen trotz wilden Schneetreibens ganz viele und sagen uns auf Wiedersehen. Das ist schon etwas Besonderes, dass sich so viele Zeit für uns nehmen. Für unsere Gäste gibt’s „Hamburger“ und amerikanisches Bier – für uns gibt’s als Abschiedsgeschenk jede Menge Lieblingsrezepte inklusive Foto und E-Mail-Adresse. Die Rezeptblätter, teilweise sehr liebevoll und kreativ gestaltet, passen alle noch mit in den Koffer. Jetzt können wir bei akutem Heimweh die Trauer einfach „wegkochen“ (und haben alle aktuellen E-Mails auch direkt dabei).

Was die Vorbereitungen für die Abreise angeht, so ist jetzt nicht mehr viel zu tun – wir haben gute Vorarbeit geleistet und das meiste schon hinter uns gebracht.

Countdown – die letzten 24 Stunden

Der Großteil unserer 15 Koffer ist bereits fertig gepackt und blockiert den ganzen Hausflur. Ole und Tim haben noch einen Freund zum Spielen da, aber die unmittelbar bevorstehende Abreise liegt natürlich zum Greifen nahe. Einen Teil der Koffer bringen wir schon zum Flughafen, weil wir das sonst mit zwei Autos am nächsten Tag nicht schaffen. Dann bricht der letzte Abend an: Oma, Opa und unsere Geschwister sind gekommen, um uns ein letztes Mal zu drücken und uns alles Gute zu wünschen.

Die Stimmung ist gut und es liegt gespannte Vorfreude in der Luft (jedenfalls bei uns). Ich bin ganz ehrlich froh, dass es jetzt nach den ganzen Feiern und den unzähligen Verabschiedungen ENDLICH losgeht.

 

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