Welche Tornado Safety-Regeln hier alle kennen sollten Und dann gab es Ende April doch noch ein bisschen Aufregung: eine Tornado-Warnung, die hier einiges in Bewegung brachte. Eigentlich wohnen wir nicht in einer typischen Tornadoregion, weil es hier einfach zu bergig ist und sie daher nicht richtig entstehen können. Aber das Wetter kam von den Südstaaten zu uns heraufgezogen, wo die Unwetter verheerende Folgen hatten (340 Leute sind umgekommen, massive Sachbeschädigungen). Die E-Mail von der preschool, die uns Freitagvormittag geschickt wurde, lautete: “We currently have a tornado warning in effect. In addition to this warning, parents have called in to report some funnel clouds in the local area. This warning is in effect until 12.15 p.m. We have moved the children to the safest location in the building (the lower stairwells) away from the windows …“ “Funnel clouds” (Wolkenschläuche) sind Luftwirbel, die von der Wolke in Richtung Boden hinunterreichen und eine senkrechte Drehachse haben. Wenn sie den Boden erreichen (also bei “touchdown”, wie sie hier sagen) saugen sie alles wie ein Staubsauger nach oben. Am Boden ist meist eine große Wolke von Staub und herumfliegenden Trümmern zu sehen. Die Bilder von den typischen Windhosen hat wohl jeder im Kopf… Die Fujita-Skala gibt die Stärke der Tornados von F0 (leicht) bis F5 (totale Zerstörung) an. Es gibt tatsächlich auch Tornados in Deutschland, allerdings sind die nicht so extrem wie in den USA. Daher nun ein paar Tipps, was ihr so machen solltet, wenn euch ein Tornado überrascht: Tornado Safety Stay away from windows. Go to the lowest floor. Hide in small, windowless room. Lie in ditch, and cover your head. Go to storm shelter. Alle unsere Kids waren während der Zeit des Tornados in der Schule/preschool. Die Kinder werden hier fast wöchentlich für die verschiedenen Extremsituationen „gedrillt” (Feuer, bad-guy-in-the-building und eben auch “inclement weather”) und so hatten sie genug Übung. Sie wurden in Räume gebracht, die keine Fenster hatten (die Schulen haben keine Keller). Ole (5) und Paul (4) mussten 35 Minuten im fensterlosen Treppenhaus verbringen (und haben ihr gesamtes Liederrepertoire dreimal hintereinander durchgesungen, wie die Lehrerin mir hinterher erzählte), Theo (8) …
GENUG von Schnee, Eis und Kälte!
Der Februar ist vorbei und der übereinstimmende Tenor bei uns allen ist: GENUG von Schnee, Eis und Kälte! Wir wollen Frühling mit Wärme! OHNE Schnee! Klar, das Gefühl kennen wir auch aus Deutschland, aber hier ist es eben noch ein bisschen stärker, weil die Einschränkungen des Winters deutlich größer sind. Die Kids werden langsam wirklich kirre (und ich deswegen eben auch), weil sie jetzt schon für so viele Wochen so viele Stunden drinnen verbringen müssen. Wir haben genug von Schneehosen, Mützen, Schals, Handschuhen, umständlichem Anziehen, Laufnasen, Erkältungen und diesem „den-ganzen-Tag-im-Haus-sein“. Wir waren oft genug diesen Monat beim Arzt – es reicht! Special: Ärztliche Behandlung in New Jersey Warum es lange dauert, bis man am Telefon einen Termin machen kann und wieso die Patient/innen hier „bitte obenrum freimachen“ nie zu hören bekommen. Und aus welchem Grund einem schließlich bei der Rechnung heftig die Ohren klingeln. Pillen und Putzmittel aus der Pharmacy Was man alles in einer amerikanischen Pharmacy kaufen kann, warum jedes Rezept 15 Minuten dauert und wieso Ohrenschmerzen richtig teuer werden können. Wir wollen Matsche! Vor allem für Ole (5) ist das eine wirklich lange Durststrecke ohne den sensorischen Input, den er eigentlich braucht – Linsenwanne, Knete und Kuchenteig kneten können eben keine richtige Erde oder den Sandkasten an der frischen Luft ersetzen. Wie dringend er das braucht, zeigte sich deutlich, als er eines Tages an einer Tankstelle plötzlich verschwunden war. Wir fanden ihn auf einem ziemlich ekligen (aber schneefreien!) Stück Erde, wo er selbstvergessen mit den Händen im Dreck wühlte und dabei alles um sich herum vergaß. Kurz: Es wird Zeit, dass der Frühling kommt und Erde, Matsche und Sand wieder überall frei verfügbar sind!
Eis, das vom Himmel fällt
Zunächst noch einmal zum Februar-Wetter (weniger überraschend, einfach nur nervig): Der Februar fängt so an, wie der Januar aufgehört hat: mit Schnee und – noch schlimmer – mit Eis. Direkt zu Beginn gibt es fiesen Eisregen – eine komplett neue Erfahrung für uns. Das ist kein Schnee und auch kein Hagel, sondern das sind winzig kleine Mini-Eiskristalle, die stundenlang vom Himmel regnen, wild vom Wind aufgepeitscht. Sie hören sich an wie Millionen von Stecknadeln, die auf den Boden fallen. Später wird der Eisregen zu Regen, aber bei eisigen Temperaturen. Bedeutet: Glatteis pur! So wird jeder Meter Fortbewegung zum Abenteuer, und es gibt natürlich wieder einen snow day für die Kids (den fünften dieses Jahr 🙁 ). Über Nacht hat sich alles draußen in eine Eis-Arena verwandelt: Die Kids können über den Schnee schliddern, weil eine mehrere Zentimeter dicke Eisschicht über der 40 Zentimeter dicken alten Schneeschicht liegt. Einen Schlitten brauchen sie nicht mehr – einfach auf den Popo setzen und los geht’s. Nach dem ersten Spaß aber ist dieses Eis einfach nur nervig. Es ist unvorstellbar hart, wie Beton, und man kann es nicht entfernen – selbst Spaten, Spitzhacke und eine Menge guter Willen und Kraft können da nichts ausrichten. Wem es schwerfällt, das zu glauben, der kann gerne nächstes Jahr vorbeikommen: Unser Gästezimmer ist zwar bis November fast komplett ausgebucht, aber die Wintermonate sind noch frei 🙂 . Schneebälle sind hart wie Stein, selbst kleine Eisbrocken auf der Straße sind so festgefroren, dass man sich eher den Zeh bricht, als das Ding auch nur einen Zentimeter zu bewegen. Das Schlimmste ist, dass die Kinder fast nirgendwo mehr draußen spielen können: Unser Trampolin biegt sich unter einer mehrere hundert Kilogramm schweren Schnee- und Eisschicht, der ganze Garten ist eine einzige Rutschbahn und die einzig eisfreien Orte – die Straßen – sind nun eben auch nicht gerade geeignet zum Spielen. Selbst ich, die die vier Kids sonst unnachgiebig bei jedem Wetter raussetzt, muss kapitulieren und bin schachmatt gesetzt – es gab genug Verletzte diesen Winter. Und außer Ausrutschen und sich-Wehtun ist nichts mehr drin. Die Folge dieses Extremwetters: Frust, bewegungsdurstige …
Hindernisparcour
Mit dem Auto muss man im Slalom um die unzähligen, teils mächtig tiefen Schlaglöcher fahren. Bei Nachtfahrten erlebt man hier jede Menge unschöne Überraschungen – es gibt jedes Mal einen lauten Rums, wenn die Karosserie auf den Boden aufsetzt und man durchgeschüttelt wird. Wer jetzt mit tiefliegenden Sportwagen fährt, ist selber schuld. Ab Mitte Februar gibt es dann zwar keinen neuen Schneefall mehr, aber das Eis liegt immer noch überall herum, obwohl seine Zeit eigentlich längst abgelaufen ist – das Gefühl teilen hier jedenfalls alle: Es ist überall nur noch schmutzig und hässlich. Das Eis ist wie Beton, blockiert Parkplätze, verhindert die Sicht an Kreuzungen und verengt Straßen und Bürgersteige. Aber die Leute gehen unbeirrbar praktisch damit um und wissen sich zu helfen: Mit gigantischen Eisfräsen brechen sie die Eisblöcke auf und transportieren sie mit Lastern ab. Tagelang arbeiten die Maschinen sich Stück für Stück durch die Straßen von Morristown und Madison, bis kein Eis mehr zu sehen ist. Vor unserer Einfahrt kommt leider keine Fräse vorbei und so droht uns unser Postbote, die Post nicht mehr auszuliefern. Er hat sein Lenkrad auf der „falschen“, der rechten Seite, fährt ganz nah an die Briefkästen heran und steckt die Post in die Mailboxen, ohne auszusteigen. Bei uns war dort allerdings noch eine 15 Zentimeter dicke Eisschicht, so dass er mit dem Auto nicht drankam. Wir hackten das Eis Stück für Stück weg – harte Arbeit und nur bei Tauwetter möglich. Selbst unser neuer Dauergast Martin (Marcs Cousin), „Fitnessstudio-gestählt“, kam dabei schnell an seine Grenzen.
Was vom Schnee übrig bleibt
Als der Schnee überall zu schmelzen beginnt, kommt vieles zum Vorschein, was von diversen Schneestürmen während der letzten zwei Monate zugedeckt wurde, bevor man es wegräumen konnte. Theo (8) kommentiert die große Schneeschmelze: „Boa, ist das hier aber alles dreckig!“ und er hat recht. Jede Menge Müll, verlorene Handschuhe, Spielzeug im Garten, Äste von den Winterstürmen, ausrangierte und vergilbte Weihnachtsbäume, Marcs Bluetooth Headset und sogar unser aufblasbarer Riesenweihnachtsmann, der Mitte Dezember zusammengesunken und dann am Boden festgefroren war, tauchen auf. Und siehe da: Ende Februar ist nach wochenlanger Schneeblockade endlich auch wieder der Weg zu unserer Haustür sichtbar und begehbar – lange Zeit ging es für alle ja nur durch die Garage rein und raus. Als die Rasenflächen endlich wieder zum Vorschein kommen, lassen sich unzählige, ziemlich abgemagerte squirrels auf ihnen nieder und futtern, futtern, futtern. Sie lassen sich von nichts erschrecken – perfekte Zeit, um Fotos zu machen! Endlich funktioniert auch ihre Tarnfarbe wieder – im Schnee waren sie ja doch sehr auffällig und die unzähligen Raubvögel hatten ein leichtes Spiel mit ihnen.
Schnee oder Sonne?
Wir sind übrigens nicht die einzigen, die die Nase voll vom Winter haben: Den Einheimischen geht es ähnlich. Das weiß ich von den Müttern, die ich jeden Tag beim Pick-up sehe: Alle stöhnen. Daher machen jetzt viele Leute Urlaub, auch wenn sie ihre Kinder für diese Zeit aus der Schule nehmen müssen. Es gibt zwei Destinationen, von denen man immer wieder hört: Entweder geht es nach Colorado zum Skifahren oder nach Florida zum Sonne tanken. Ich wüsste sofort, welches Ziel ICH auswählen würde 🙂 . Und wenn es für uns auch keinen Urlaub gibt, so dafür in der zweiten Hälfte vom Februar jede Menge „make-ups“. Keine Schminke fürs Gesicht, sondern viele, viele Nachholtermine für Veranstaltungen, die durch die diversen snow days ausgefallen sind – es knubbelt sich ziemlich und zieht sich bis in den März hinein.
Eis essen im Schnee
Mitten im Februar wird es auf einmal dann sprunghaft wärmer: Gestern noch mit Mütze, Schal und Handschuhen in eisigem Wind, können wir am nächsten Tag bei warmen sonnigen 18°C schon die Jacken ausziehen und erste Frühlingsgefühle genießen. Überall hört man leise das Tauwasser gluckern. Aber Vorsicht: Das Ganze geht auch leider wieder andersherum und Temperaturunterschiede von 20°C innerhalb von Stunden lassen uns immer wieder staunen. Das Sympathische – wenn auch etwas Irre – an vielen Amerikaner/innen ist jedoch ihre Sturheit gegenüber Temperaturen. In unbeirrbarer Erwartung auf den Frühling bleiben bei den ersten wärmenden Sonnenstrahlen die Jacken zuhause, und Shorts und manchmal sogar T-Shirts werden herausgeholt (wie z. B. für die Müllmänner, die in Neon-T-Shirts auf ihren Müllautos fahren). Und auch die Nachbarskinder kommen in Shorts zum Schulbus, selbst wenn die Eltern schimpfen.
Herzlich willkommen, liebe Sonne!
Zunächst der „Wetterbericht“: Anfang des Monats fängt es vielversprechend an. Sonne! Es wird wärmer, Schnee und Eis schmelzen endlich weg, die Streifenhörnchen laufen einem wieder über den Weg, im Auto wird es schon richtig schön warm und auch Theo (8) und Tim (7) holen ihre T-Shirts und Shorts raus – da werden sie langsam doch amerikanisch. Es gibt wieder Tage, an denen man ausgiebig draußen spielen kann und wir endlich, endlich mal wieder dreckige, zufriedene Kinder haben! Auch die Spielplätze leben jetzt auf und die Sportfelder sind wieder belegt: Die Jungs und Männer, die man so z. B. beim Basketballspielen oder Joggen trifft, sind immer öfter ohne Oberteil unterwegs. Tim fragte bei diesem Anblick sofort: „Was passiert, wenn denen die Hosen runterrutschen? Glaubst du, die Leute mögen das hier?“ – Nee, bestimmt nicht! Wenn auch sonst prüde, geht das „oben ohne“ bei Männern als gesellschaftsfähig durch, und sie leben diesen „Ausziehreflex“ auch schon aus, wenn das Wetter durchaus noch einen Pullover erlauben würde. Der März: In like a lion, out like a lamb Im Laufe des Monats verstehe ich dann auch, wie die „Bauernregel: „March – in like a lion, out like a lamb“ tatsächlich funktioniert: Die Position der beiden allegorischen Tiere ist austauschbar, je nachdem wie es zu Beginn des Monats war. Da der März wie ein Lamm anfing (es war ja schön warm), kommt das dicke Ende dann im Laufe des Monats: viel, viel Regen mit lokalen Überflutungen, die Temperaturen fallen wieder unter null Grad Celsius und es gibt erneut eine Menge Schnee. Aber damit genug zum Wetter.
Das Geheimnis nächtlicher Telefonate und der bad hair month. Von hochgeklappten Bürgersteigen und letter days. Und warum wir bei eisigen Temperaturen und Schnee dann doch irgendwann von faulen Sofahockern zu fleißigen Schneeschippern geworden sind. Wir melden uns aus dem frostigen und verschneiten NJ – aber das kennt ihr ja dieses Jahr wohl auch zur Genüge! Ja, der Winter hält uns fest umklammert, drückt uns einen ganz neuen Rhythmus auf und verlangt viel Flexibilität von uns allen. Wir verloren hin und wieder die Bodenhaftung – im wörtlichen wie übertragenen Sinne – und haben uns vor der gesamten Nachbarschaft bis auf die Knochen blamiert. Dass wir nicht von hier sind, wissen jetzt jedenfalls alle.
Nächtliches Klingeln
Wir haben in den letzten vier Wochen so viele nächtliche Anrufe bekommen wie bisher noch nie in unserem Leben. Wenn es nachts um kurz vor vier Uhr grell durchs schlafende Haus klingelt, dann ist das entweder die Bank aus der Heimat, die meine Finanzen durchsprechen will oder die Schule von den Jungs, die uns mitteilt, dass morgen kein Unterricht stattfindet, weil wieder Schnee gefallen ist. Wir hatten tatsächlich keine einzige reguläre Woche, sondern mindestens immer einen snow day, dazu einige „delayed openings“ und „early dismissals“. Neben dem ganzen Schnee gab es auch eisige Temperaturen und wir haben sogar die Null Grad Fahrenheit Marke geknackt (das sind dann knapp minus 18 Grad Celsius). Letzte Woche waren es sogar minus sechs Grad Fahrenheit (minus 21 Grad Celsius – sprich „minus twenty degrees centigrade“). Bei diesen Temperaturen frieren unsere Vorhänge manchmal am Fenster fest, es steigen überall dicke, weiße Dampffontänen aus den Kanaldeckeln auf die Straßen hoch und in den Cafés setze ich mich etwas weiter in den Raum rein, weil mir meine Lieblingsplätze am Fenster selbst mit Winterjacke zu kalt sind und meine Füße durchfrieren. Und wenn man morgens verschlafen vor die Haustüre tritt und einmal einatmet, ist man sofort putzmunter und glasklar im Kopf und hat das Gefühl, man habe ein extra scharfes Fisherman`s friend Mint inhaliert.