SNAP – Sport für Kinder mit Beeinträchtigungen

SNAP – Kinder helfen Kindern

Wie Kinder mit Handicaps beim Special Needs Athletic Program (SNAP) mehr Selbstvertrauen erhalten. Und wie volunteer-buddys die Sportplätze und Turnhallen zu authentischen Orten des Lebens und der Begegnung machen.

Und dann gibt es solche Dinge wie SNAP – darüber hatte Marc schon berichtet: Sport für special needs-kids, die von „volunteers“ (freiwilligen Kindern mit Kurzausbildung) individuell betreut werden. Ole geht gerne hin. Der große Vorteil: Er fällt dort nicht aus dem Rahmen, weil ja eben alle hier aus dem Rahmen fallen. Und es ist egal, wenn er „nicht funktioniert“. Er hat tatsächlich schon viel dort gelernt, ist geschickter mit dem Ball geworden und hat insgesamt mehr Selbstvertrauen bekommen. Aber wenn er „schlecht drauf ist“ und nicht mitmacht, stört das eben auch keinen. Finanziert wird dieses Programm übrigens komplett aus Spenden – das Sportmaterial, die Pausensnacks, die T-Shirts.

Heute steht Basketball an – im gym von Tims Grundschule (auch gleichzeitig die Aula). Geübt wird an drei Stationen: Dribbeln, Passen, Korb treffen. Zwei Highschool Kids organisieren den Ablauf: Zoe, ein „All-American Girl“ mit blondem Pferdeschwanz, Shorts und Flip-Flops teilt den teilnehmenden Kindern (vier bis zwölf Jahre alt, den meisten sieht man „nichts“ an) jeweils ein bis zwei Freiwillige zu. Tom, in blauer Trainingshose, Sweater mit dem Aufdruck „Princeton Swimming“ und Adidas-Latschen sorgt dafür, dass die Teams an die Stationen kommen. Die Mütter und Väter stehen am Rand und quatschen. Und dann geht es los:

Einige Kinder machen tatsächlich das, was gerade dran ist, d. h. sie dribbeln, passen oder werfen auf die Minikörbe. Einige Kinder laufen einfach quer durch die Halle (wie z. B. Ole oft zu Beginn), manche umarmen ihre buddys immer wieder, und einige Kinder liegen oft einfach nur am Boden, krabbeln auf allen Vieren, drehen sich, bis ihnen schwindelig wird oder werfen den Ball in irgendeine Richtung. Die Freiwilligen flitzen dann immer durch die Gegend, holen die Bälle wieder und geben sie zurück. Überall hört man: „almost“, „unlucky“, „close“, „good job“; für einen Korb gibt es „high fives“. Es ist ein ziemliches Gewusel, aber alle Kinder sind voll bei der Sache, was auch immer sie gerade machen. Die volunteers kommen ganz schön ins Schwitzen, sie feuern an und motivieren, wenn jemand keine Lust mehr hat. Mit den Wochen bilden sich zarte Beziehungen zwischen den Kindern und ihren buddys, weil sich viele regelmäßig wiedersehen.

 

Ganz selten habe ich auch schon traurige Szenen gesehen: Ein Junge (ca. zwölf Jahre alt), der schon seit Wochen mit einem gleichaltrigen Jungen richtig gut Basketball trainiert hatte, war plötzlich kaum wiederzuerkennen, versteckte sich immer wieder auf der Bühne hinter dem Vorhang – völlig untypisch. Sein buddy lief ständig hinter ihm her, versuchte ihn rauszuholen, aber an diesem Tag ging gar nichts. Die Mutter klärte auf, dass etwas an seinen Medikamenten verändert worden war. Es war schon ganz schön „herzzerreißend“ zu sehen, wie sein Mentor ziemlich verstört zurückblieb und die Welt nicht mehr verstand.

Also, wer sich einfach drauf einlässt und guckt, wie die Kinder hier miteinander agieren, kommunizieren und aufeinander zugehen, der wird nicht genug bekommen. Ich hatte jedenfalls noch nie Langeweile und Ole und ich sind immer gut gelaunt nach Hause gefahren.

Es ist ein Ort der Begegnung und des Lebens, absolut echt und authentisch – von einem Teenager vor Jahren für seinen Nachbarsjungen mit Autismus ins Leben gerufen und bis heute durch den regelmäßigen und unermüdlichen Einsatz von vielen freiwilligen Helferinnen und Helfern erfolgreich weitergeführt. Hut ab vor diesen Kids, die regelmäßig helfen!

SNAP geht inzwischen übrigens auch mit dem Programm „Special Needs Awareness and Acceptance Residency Program“ an die Schulen. Dort lernen die neurotypischen Kinder im Sportunterricht Grundsätzliches über diverse Diagnosen, wie man sich mit special needs-kids anfreunden und wie man ihnen helfen kann. Sie machen verschiedene Übungen, wie z. B. mit Taucherbrille und dicken Handschuhen etwas ausschneiden oder einen Schriftzug nachziehen, den man nur über einen Spiegel sehen kann. Danach kann man als Mentor oder Mentorin in verschiedenen Programmen mitmachen: z. B. bei der Sportstunde oder auch bei Nachhilfestunden nach der Schule oder beim „In House-Buddy Programm“, bei dem jeweils zwei Kinder mit einem Kind mit Handicap zuhause spielen.

Ich glaube nicht, dass wir etwas Vergleichbares schon in unserer Stadt in Deutschland haben und wir werden es vermissen.