Gut zuhören hilft!

Marathon-Countdown, Juni 2011 – noch fünf Monate bis zur Ziellinie

Warum so ein Marathon echt viel Vorbereitung bedeutet und welche Tipps es beim Einschwören gibt. Warum mein erstes Training trotz Regen nicht ins Wasser gefallen und wieso Marathon ein bisschen wie das Kinderkriegen ist.

 

Es geht los … 138 Kilometer gelaufen

Marathon Basics Clinics: „Be smart, listen to your body and enjoy the run.”
Ihr wisst, dass ich mich verpflichtet habe, der Organisation „Team for Kids“ 100 Dollar pro Meile zu geben – als Gegenleistung bekomme ich einen garantierten Startplatz beim New York Marathon dieses Jahr. Diesen Monat (Juni) geht es offiziell mit dem Training los. Und damit ich und die anderen (unerfahrenen) Hobbyläufer/innen auch Chancen haben, die Ziellinie zu erreichen, greift uns die Organisation bei der Vorbereitung frühzeitig unter die Arme. Anfang Juni findet die Einführungsveranstaltung in NYC statt, bei der uns erst mal einige Grundlagen erklärt und viele praktische Tipps gegeben werden. Die Leute dort sind ziemlich bunt gemischt vom Alter her, alle sehen „normal“ aus, einige auch eher etwas unsportlich um die Hüften, die allermeisten von ihnen sind wie ich „first-timers“, haben also wenig oder keine Ahnung von Langstreckenläufen.

Fast das Wichtigste: einschwören!
Zuerst Einschwören auf das Ziel (auf „Amerikanisch“) durch eine drahtige Frau:

„You are a marathoner now …
for many people it will be the hardest thing they´ll ever do in their lives.
It takes a lot of hard work, it takes determination.
We cannot make it easy but we will make it fun.
Everyone has what it takes.
We are going to take you on this five month journey.
It´s a life-changing journey for runners.
You are part of something really powerful and you can help so many kids …
Whenever you have a journey you have to have a starting point.
That´s where we are right now …“

Dann gibt´s noch Tipps von Expert/innen und unsere Trainer/innen stellen sich nacheinander vor: Coach Nancy (22 Marathons), Coach Vinny, Coach Ed …
„Coach“ gehört hier quasi mit zum Namen – mir will das aber nicht so recht über die Lippen kommen in der direkten Anrede. Viele sind selbst Marathonläufer/innen (sogar eine Ironman-Frau) und viele haben ihren „crazy hair day“ – ich fühle mich direkt zuhause. 🙂 Es geht um Trainingsplan, Ernährung, Ausrüstung, cross-training und die Organisation des Alltags mit Marathontraining im Schlepptau.

Nicht vergessen:
Ich nehme u. a. Folgendes mit und sollte:

  • neue Schuhe kaufen, am besten zwei verschiedene Paare – ein leichtes und eins mit mehr Halt – die ich abwechselnd trage
  • vor und während der Läufe essen – den Gedanken daran finde ich echt gewöhnungsbedürftig: laufen, kauen, schlucken und atmen gleichzeitig?
  • abends schon Laufklamotten rauslegen und Banane in den Laufschuh stecken – dann muss man um sechs Uhr morgens nicht nachdenken
  • neue Sport-Unterwäsche kaufen – dabei werde ich fast verrückt, weil die hier ausschließlich gefütterte Sport-BHs verkaufen – was ein Quatsch – aber jetzt kenne ich wenigstens das Geheimnis der Lara-Croft-Frauen in den Fitnessstudios – ich dachte, die wären wirklich alle schon unter dem Messer gewesen …
  • dehnen vor dem Schlafengehen
  • Krafttraining machen – dafür habe ich keine Zeit und erledige das zwischendurch beim Kinder stemmen, Einkäufe hieven, Wäschekörbe schleppen … nein, nicht ganz mein Ernst, aber meine Hanteln zuhause müssen reichen
  • Ausgleichssport – z. B. Fahrradfahren, Schwimmen (mal sehen, ob ich das zeitlich schaffe)
  • 1.200 Kilometer vor dem Marathon laufen, um eine „mittlere Marathonzeit“ zu erreichen (über vier Stunden)

Gegen Ende gibt es noch einen Tipp vom dem Coach, der am meisten strahlt: „Skinny Vinny“. So heißt er, übersetzt so viel wie der „dürre Vinnie“. Er ist der Vorzeige-Läufer im Team, weil er durch das Laufen über 150 Pfund verloren und im Gegenzug seine Lebensaufgabe gefunden hat: „Don´t train hard, but train smart.“ Hört sich doch ganz vernünftig an. Er stellt die Marathonerfahrung auf eine Stufe mit seiner Hochzeit und der Geburt seines Kindes. (Hui!). Sein Credo: „If I can finish a marathon I can do anything.“

Bevor wir entlassen werden, heißt es für alle „aufstehen und im Chor nachsprechen“:

„I believe in me. I believe in me. I believe in me.“

Das ist nichts für „Weicheier“, kann ich nur sagen. Wir sind ja jetzt schon eineinhalb Jahre „amerikanisiert“ und ich mache mit, aber ich komme da noch immer an meine „deutschen Grenzen“.

Mein allererstes Training in New York: 5-km-Zeitlauf (5K time trial)
Es schüttet unvorstellbar, das Wasser rieselt wie ein warmer Dauer-Vorhang auf uns herunter. Der Trainer erklärt: „Ihr lauft – egal, wie stark es regnet. Aber beim ersten Blitz, „we are off.“ Also geht es mehrere Runden um das Onassis-Reservoir und außer ein paar sehr ambitionierten Sportler/innen ist der ganze Park wie leergefegt. Ich hänge mich an eine andere Läuferin und am Ende sehen wir aus wie „komplette Schweine“ – klatschnass, verklebt und voller Matsche. Interessiert aber niemanden weiter. Nach dem Lauf spricht mich die Frau an, an deren Fersen ich mich gehängt hatte und grinst: „Hi, I´m Gigi. I will never let you pass.“ Klare Ansage: Ich lasse dich NIE an mir vorbei! Okay, meine erste Bekanntschaft in der Gruppe …

 

Marathon ist ein bisschen wie Kinder bekommen
In der Einführungsveranstaltung zum Marathon gab es viele Neuigkeiten für mich, aber irgendwie kam mir das doch alles irgendwie auch bekannt vor: Aufregung (worauf man sich da eingelassen hat), ein bisschen Nervosität (ob man es schafft und wie es wohl ausgeht) und gleichzeitig große Vorfreude. Und dann fiel es mir auf einmal wie Schuppen von den Augen: Genau!

Das ganze Unternehmen „Marathon“ ist ähnlich wie das Kinderkriegen!

„Sie werden Mutter …
in den nächsten Monaten wird sich ihr Leben verändern …
Sie müssen jetzt an sich und das Baby denken …
Achten Sie unbedingt auf sich …
gesunde Ernährung … genug schlafen … kein Alkohol …
Hören Sie auf Ihren Körper usw. … bla-bla …“

Na bitte, bei beiden Herausforderungen ist körperliche Höchstleistung gefragt – monatelange Vorbereitung mit großem Finale am Ende. Hatten wir immerhin schon vier Mal, also alles halb so wild. 🙂

Es stehen aufregende Zeiten ins Haus und das Beste daran ist, dass ich mich in dieser Sache endlich mal ganz auf mich verlassen kann und das tut soooooo gut 🙂 .

 

Special: Marathon-Countdown, Juli 2011 – noch vier Monate bis zur Ziellinie

Wie viel ich schon gelaufen bin, ehe es überhaupt losgeht, und warum ich trotzdem auf meinen angeblichen „Hüftspeck“ angesprochen werde. Und was fast so viel Lauferei bedeutet wie das Training.