Wie nach einem Jahr das Englisch aller Kids immer flüssiger wird und jetzt auch zuhause Einzug hält. Und warum ihr Deutsch gleichzeitig immer mehr Fehler zeigt.
Nach einem Jahr hat sich viel getan in der Sprache der Kinder: Seit Sommer redet Theo (8) fast nur Englisch zuhause, und auch er und Tim (6) reden immer mehr Englisch miteinander, egal wo sie sind. Theo macht sich Ende des Jahres sogar große Sorgen um sein Deutsch, und das bedrückt ihn wirklich. Marc konnte ihn beruhigen, als er ihm klarmachte, wie schnell er Englisch gelernt hätte – das würde dann auch wieder funktionieren, wenn wir zurück nach Deutschland gingen. Tim träumt auch auf Englisch – er redet immer im Schlaf. Ole (5) entwickelt sich weiter gut in der preschool und bleibt inzwischen sogar manchmal bis zwölf Uhr dort (also den sogenannten half day). Paul (3) singt voller Begeisterung ungefähr 1.000 Mal im Auto und zuhause den Refrain vom Lied „Mary had a little lamb“ auf Englisch und fragt mich nach dem 1001. Mal: „Warum eigentlich ›Lampe‹?“ J Er bedient sich frei bei beiden Sprachen. Wenn er mit unserem Au-pair Morena Englisch spricht (sie versteht ja kein Deutsch), dann mogelt er viele deutsche Verben unter und hat häufig eine deutsche Wortstellung, z. B. „I zeig you what.“ Das klingt dann fast so, als ob man das Englisch der Deutschen so richtig karikiert. J Aber egal, wie viel da durcheinander geht – Hauptsache, die anderen wissen, was er sagen will. In der preschool spricht er hingegen immer noch nicht.
Gegen Ende des ersten USA-Jahres benutzt Tim Adverbien im Englischen korrekt (I can read the book easily), während Theo die meisten „if-clauses“ richtig bildet, also ohne „would“ im if-Satz („If I told you that I did my reading homework already, would you let me play on the Wii?“ (Das „would“ im „if-clause“ ist eine Interferenz vom Deutschen, die man deutschen Schulkindern kaum abgewöhnen kann). Im Deutschen kommen nun Präpositions- und Konjunktionsfehler dazu, die auf Rückübersetzungen beruhen und wirklich sehr „schräg“ klingen. Auch handfeste Grammatikfehler bei den Verben (v. a. den Vergangenheitsformen) machen sich breit.
Ab Dezember redet Tim Englisch auch mit mir, obwohl ich auf Deutsch antworte.
Wenn Paul sich auf Englisch verständigen will, vermischt er die beiden Sprachen so stark, dass der Satz primär keiner Sprache zuzuordnen ist. Vor allem die Verben „leiht“ er sich meist im Deutschen aus, auch die Wortstellung ist eher deutsch.
Hier einige Beispiele aus unserem Alltag:
Theo: Das Gespenst ist hart zu machen. Hast du hier irgendwo einen pencil? (Nov. 2011, beim Laternenbasteln)
Theo: Der Papa hat mich gechased? (Nov. 2010)
Mama: Theo, möchtest du das essen? Theo: Hm, ich habe keine Idee. (Dez. 2010)
Ole: Sie fuhrten alle hintereinander und dann gang er nach Hause. (Sept. 2010)
Tim: Wo kommt der Twingo eigentlich von? (Nov. 2010, bei einer Fernsehsendung)
Theo: Wie alt war der Manuel, wenn er nach Deutschland gekommen ist. (Dez. 2010 – diesen Fehler macht er öfters)
Tim (beim Lebkuchenhaus-Backen): Das funktioniert ja awesome. Das gang ja viel schneller. (Dez. 2010)
Tim: Der ganze Arm tut weh. Ab … Britta: Ab wo? Tim: Der ganze Arm – ab die Hand … (Dez. 2010)
Tim: Da ist eine Frau, die hat ein Delfin. Das ist ein Bild von dem Delfin und dem Junge. (Dez. 2010, als er ein Delfinbuch guckt)
Tim: Warum hat Santa den Rudolf aufgewacht? … Die Nase war so ganz licht? (Dez. 2010)
Tim: Warum darf man in Amerika rechts über die rote Ampel fahren? Das ist doch gar nicht safe at all (Sept. 2010)
Paul zu Morena, unserem Aupair aus Brazilien (Dez. 2010) … I gewinn. I gewinn. … Can you please vorlesing? … Can you this opening? … Wo kommt dis to? … Can you the rest from this puzzle make? (beim Puzzeln) … Sie hat zu much geeat. (beim Lesen der kleinen Raupe Nimmersatt)
Stürmisches Rafting statt erholsamer Kreuzfahrt |