Wald, wohin man schaut

Fauna in New Jersey

Von blitzschnellen chipmunks, stinkenden skunks und lästigen stink bugs, die sich sogar in Jogginghosen verstecken. Und von einem, der morgens mit knallrotem Kopf fleißig bei uns im Garten hämmert.

 
In den letzten Monaten gab es nicht nur Überraschungen in Bezug auf Menschen und Kultur. Auch im Hinblick auf Pflanzen (link) und Tiere haben wir oft gestaunt.
Aus der Luft sieht man, dass New Jersey zu großen Teilen aus Wald besteht – Straßen, Städte oder wie hier Wohngebiete sind einfach dazwischen „gehauen“. Kein Wunder also, dass einem hier überall „wilde“ Tiere begegnen, die man in Deutschland wohl eher nur im Zoo bzw. Wildtiergehege antreffen würde.

Zuerst zur Fauna, also der hiesigen Tierwelt:

Squirrels
Die Tiere, die man hier eindeutig am häufigsten zu sehen bekommt, sind squirrels – davon gibt’s hier fast so viele wie US-Flaggen 🙂 . Sommers wie winters huschen sie durch den Garten, über die Straße und durch unseren Park mitten in Morristown. Im Gegensatz zu den deutschen Eichhörnchen sind sie grauer, kräftiger gebaut und ziemlich zutraulich. Auf den ersten Blick sind sie sehr niedlich und kuschelig, aber dann auch wieder ganz schön frech und „verfressen“.

Im Winter, wenn sie richtig hungrig sind, zeigen sie ihr ganzes akrobatisches Geschick und wagen sich an die Vogelfutterstellen heran (egal wie ungünstig die Konstruktion für sie ist). Im Frühjahr gehen sie mit Hingabe an die frischen Knospen an den Bäumen, im Sommer sind sie voll in ihrem Element und machen was? und im Herbst sieht man sie mit Eicheln und anderen Früchten im Maul herumflitzen.
Sie sind einfach überall und gehören selbst für unsere Kinder zum normalen Leben hier. Im Gegensatz dazu sind unsere Gäste in den ersten Tagen immer ganz aufgeregt und rufen uns, wenn sie eins entdeckt haben.

 

Chipmunks
Im Sommer gesellen sich die winzigen Streifenhörnchen („chipmunks“) dazu, die blitzschnell im Garten herumhuschen, aber im Gegensatz zu den squirrels ausschließlich auf dem Boden zu finden sind. Die sind so scheu und fix, dass ich es bisher nicht geschafft habe, ein ordentliches Foto zu machen 😉 .

 

Deer
Beim Frühstück können wir gelegentlich Rehe hinter unserem Garten beobachten, die dort in Herden vorbeiziehen. Manchmal trauen sie sich auch ganz in unseren Garten rein – unser Zaun stellt kein wirkliches Hindernis für sie dar. Da er nach etlichen Stürmen und umgefallenen Bäumen eigentlich immer große Löcher hat, fühlen sie sich bei uns wie zuhause.
Wenn ich mit den Jungs nach der Schule ein Stück zu Fuß unterwegs bin, treffen wir ab und zu direkt mehrere von ihnen in den Vorgärten der Leute.
Die Leute hier sind nicht besonders gut auf sie zu sprechen, weil sie einfach alles anknabbern bzw. abfressen, am liebsten die Blüten. Sie springen sogar über Gartenzäune, um an Leckerbissen wie Äpfel zu kommen.
Eines Morgens auf dem Weg zum bus stop entdeckt Theo etwas bei der Nachbarsfamilie: „Da liegt was Braunes im Garten“ – Theo hat gute Augen. Es ist ein kleines eingerolltes Rehkitz. Keine Sorge, wir fassen das Rehkitz nicht an, und am nächsten Morgen ist es dann auch verschwunden, wahrscheinlich von der Mutter „abgeholt“ worden (hoffen wir zumindest).

Als Autofahrer/in kann das Ganze auch gefährlich werden, weil die Rehe in aller Ruhe über die Straße marschieren. Vor allem während der Brunftzeit und auch nachts muss man immer voll konzentriert sein und blitzschnell auf der Bremse stehen können. Die Tiere tauchen einfach aus dem Nichts auf und dann gilt: Wenn du eins am Straßenrand gesehen hast, dann sind noch mehr in der Gegend – also runter vom Gas! Bei uns ist bisher zum Glück alles gut gegangen. Und wenn es eins dann doch erwischt hat, bleibt es oft tagelang auf der Straße oder am Straßenrand liegen, wo es von diversen Tieren angefressen wird. Das ist sehr gewöhnungsbedürftig, vor allem, wenn ich beim Joggen unmittelbar dran vorbeimuss.

 

Birds
Die Vogelfutterstelle direkt vor unserem Küchenfenster ist besser als jeder Fernseher – es kommen viele Spatzen und andere Vögel zum Fressen vorbei. Hier ist gerade ein Roter Kardinal zu Besuch.

Im Wald hinter unserem Haus gibt es einen Schwarzspecht, der mit seinem knallroten Kopf im Sommer morgens fleißig bei uns im Garten hämmert. Er erarbeitet sich dann wohl gerade sein Frühstück. Wir hören sein Klopfen sogar bei verschlossenen Türen und Fenstern.

 

Viel seltener sieht man hier Kolibris – aber es gibt sie auch in New Jersey. Die faszinierenden „humming birds“ sind sehr kleine und leichte Vögel – die kleinsten sind nur 5 Zentimeter groß und wiegen mit 1,6 Gramm fast nichts! Sie machen 50-60 Flügelschläge pro Minute und können mitunter sogar rückwärts und seitwärts fliegen. Eine Freundin hat letzte Woche einen der hübschen Vögel an ihrem Hibiskus im Garten entdeckt. Das war ein Hocherlebnis für sie und ihren Hibiskus, dessen Blüten schon etliche Male innerhalb von Minuten von Rehen komplett abgefressen worden sind (jetzt steht er hinter Gittern). Da ich keinen Hibiskus habe und mich auch nicht über die Rehe ärgern will, nehme ich einfach eine Tränke und Zuckersaft – ich werde berichten, sobald sich der erste Kolibri hier blicken lässt.

 

Im Herbst und zu Beginn des Winters fallen dann die Stare ins Land. Sie kommen in unheimlich großer Individuenzahl und „verdunkeln“ tatsächlich den Himmel. Wenn so ein „Starenschwarm“ über der Straße fliegt, hat man selbst im Auto den Impuls, sich zu ducken.

Birds of prey

 

Außerdem sieht man hier immer wieder die riesigen Raubvögel, die erhaben über unserem Wohngebiet und den Straßen segeln oder in der Luft „stehen“, um sich dann auf eine Beute zu stürzen. Zuletzt machte so ein Greifvogel im Baum bei uns im Garten kurz Rast, nachdem er ein squirrel erwischt hatte. Oft hört man sie, bevor man sie sieht, denn sie machen diese typischen „Kreischlaute“. Theo kann diese Rufe wirklich gut imitieren, auch wenn er uns damit manchmal ziemlich auf den Geist geht.

Turkey vulture
Auch Truthahngeier (turkey vultures oder hier auch manchmal buzzard [Vorsicht – false friend] genannt) habe ich einmal auf dem Rückweg von der preschool gesehen. Drei dieser Vögel machten sich über ein totes Reh her, das am Straßenrand lag. Ich traute beim Vorbeifahren meinen Augen kaum: ziemlich große und ganz schön hässliche Tiere mit langen, kahlen Köpfen. Die Spannbreite ihrer Flügel beträgt zwischen 1,80 und 2 Metern. Kein Wunder also, dass einige Kinder sich vor ihnen fürchten. Eine Expatfreundin erzählte, dass ihre Tocher auf dem Weg zum bus stop morgens immer Angst hatte, weil beim Nachbarhaus ständig einige dieser Burschen auf dem Dachfürst hockten. Wenn die Vögel sich angegriffen fühlen, spucken sie übrigens mit Magensäure um sich.

 

Skunks
Dann gibt es hier noch jede Menge skunks (Stinktiere). Sie sind scharz-weiß, haben einen puschligen, dichten Schwanz und sind nacht- und dämmerungsaktiv. Lebendig haben wir bisher leider noch keins gesehen, sondern nur die totgefahrenen auf der Straße. Aber eigentlich riecht man sie, bevor man sie sieht. Denn bei Gefahr (oder wenn sie überfahren werden) versprühen sie ein streng riechendes Sekret bis zu sechs Meter weit aus ihren Analdrüsen. Wir sind abends manchmal im Dunkeln noch zu Fuß unterwegs und ich hege ständig die Hoffung, ein echtes Stinktier zu Gesicht zu bekommen. Bei Hundebesitzerinnen und -besitzern sind sie beim Abendspaziergang gefürchtet, da der Hund nach so einem kleinen Techtelmechtel mit ihnen tagelang müffelt. Der Gestank muss erbärmlich sein und lässt sich angeblich nur mit Tomatensaftvollbädern wieder halbwegs rauswaschen. Kleidungsstücke dagegen kann man getrost entsorgen nach einer Stinktierattacke. Marc und die Jungs sind einmal an einem überfahrenen Stinktier vorbeigefahren und erzählen heute noch anschaulich von dem intensiven Erlebnis.

Bugs
Alles, was klein ist und in Richtung Insekten, Spinnen- oder Krebstiere geht, wird hier allgemein als “bugs” bezeichnet. Davon gibt es jede Menge und die meisten Leute sind nicht wirklich gut auf sie zu sprechen. Einige von ihnen können ja wirklich auch Schaden anrichten, wie z. B. die Termiten, die die Holzhäuser „anknabbern“ oder Zecken, die Krankheiten übertragen. Aber die Kinder finden sie natürlich spannend – Tims Klasse führt ein gleichnamiges Theaterstück auf, in dem es nur so von Bienen, Marienkäfern und Schmetterlingen wimmelt.

 

Deer ticks und stink bugs
Mit den Rehen kommen dann leider auch die Zecken (deer ticks), die Borreliose (lyme disease) übertragen. Die Leute hier sind zum Teil ziemlich verängstigt und halten ihre Kinder daher von jedem Gebüsch fern. Wir haben bisher glücklicherweise aber noch keine Zecke an den Kids oder an uns entdeckt.

Es gibt hier eine bunte Vielfalt an kleinen Tierchen, denen regelmäßig die sogenannte „pest control“ (Schädlingsbekämpfung) auf die Pelle rückt. Das hat auch einen sehr guten Grund: Die allermeisten Häuser sind aus Holz gebaut und daher anfällig, vor allem gegenüber Termiten.

 

Termiten haben wir im Haus zwar noch nicht gefunden, dafür aber viele stink bugs. Das sind ziemlich große Wanzen – ca. 1,5 bis 2 Zentimeter lang und fast genauso breit – die, wie ihr Name schon sagt, einen unangenehmen Duft versprühen, wenn sie sich bedroht fühlen. So weit, so gut. Sie tun Menschen in der Regel nichts, aber die Kinder nervt es manchmal, vor allem, weil sie bei uns im Haus in Massen auftreten und besonders gern auf Zahnbürsten sitzen. Marc bekommt Schreikrämpfe, wenn er eine im Bett entdeckt. Bei mir verstecken sie sich manchmal in den dunklen Joggingklamotten, und wenn ich das erst während des Laufens fühle, schüttelt es mich auch. Ansonsten stören sie mich wenig. Wer sie nicht anfassen möchte, holt am besten den Staubsauger – nur kann der dann auch einige Tage stinken. Und stink bugs sind echt widerstandsfähig. Ein unvorsichtiges Exemplar, das auf meinem Nachttisch herumspazierte, habe ich vor über drei Wochen unter meinem Wasserglas gefangen – es ist immer noch putzmunter (okay, versprochen, ich lasse es gleich raus! 🙂 ).

Mosquitoes
Und natürlich gibt es hier auch die stechenden Plagegeister, die mosquitoes, die vor allem bei feucht-warmen Wetter in großen Schwärmen den ganzen Tag unterwegs sind. Allein der kurze Weg zum bus stop reicht schon aus, um über uns herzufallen. Wie gut, dass es hier vor jedem Fenster und jeder Außentür sogenannte screens, also Insektennetze, gibt. Das Allheilmittel dagegen hier heißt „OFF“ – ein Anti-Mückenspray. Wir sind bisher ohne ausgekommen, auch weil hier so leicht keine ins Haus kommt. Jedes Fenster hat ein festinstalliertes Mückennetz (screen) und bei den Türen gibt es zusätzlich eine „Extratür“ mit Netz drin.

Crickets und lightning bugs
Es leben aber auch richtig angenehmne Zeitgenossen in unserem Garten, die uns im Sommer jeden Abend unterhaltsame Konzerte mit spektakulären Lichteffeken bieten: Das Orchester der Grillen (crickets) lädt zum Verweilen ein – mit seinen unermüdlichen Musikantinnen und Musikanten und den zahlreichen Konzertmeistern, die zeitlich versetzt alle paar Sekunden einen Akzent in verschiedenen Tonhöhen setzen und dann wieder verstummen. Nur einige wenige Störenfriede drängen sich ab und zu mit ihrem „Ratschen“ in den Vordergrund – das hört sich dann an wie das Schimpfen eines heiseren Wellensittichs.

Dazu kann man sich die Aufführung der vielen Glühwürmchen (lightning bugs, fire flies) anschauen, die um einiges größer sind als bei uns und bis hoch in den Bäumen herumfliegen – bei der großen Anzahl wirkt das fast wie ein kleines Feuerwerk.

Praying mentis
Hier nun eine Gottesanbeterin. Sie hat einen dreieckigen Kopf, große Augen und großen Appetit. Diese Fangschrecken (ca. 6 Zentimeter lang) verzehren hauptsächlich Insekten und sind auch für sexuellen Kannibalismus berühmt berüchtigt. Aber sie legen noch einen drauf: Sie lauern sogar kleinen Vögeln wie Kolibris an Zuckertränken auf und saugen ihnen dann genüsslich das Gehirn aus. Dieses Exemplar haben wir an der Deutschen Schule in der Pause entdeckt – Gott sei dank ohne Opfer. Meine Schulkinder (alles Teenager) waren trotzdem ganz aufgeregt – so häufig sieht man die praying mentis hier also nicht.

 

Snakes
Schlangen gibt es hier in der Natur jede Menge, aber – zum Trost – man sieht sie super selten. Außerdem sind nur zwei von ihnen giftig: die Klapper- und die Mokassinschlange. Die Kinder haben im Frühsommer einige ca. fünfzig Zentimeter lange Schlangen entdeckt, die bei uns wohl in die Mauer im Garten eingezogen sind. Vor allem bei Sonnenschein kommen sie zum Vorschein (oder sehen wir sie dann einfach besser?). Als wir den Nachbarsfamilien davon erzählen, tippen sie auf garter snakes, die hier sehr verbreitet sind. Die können Menschen zwar beißen, aber ihr Gift führt höchstens zu einem Juckreiz (also eher harmlos).

 

Snapping turtle
Vorsicht bissig! Auf der Heimfahrt von einem Essen begegnen wir abends dieser snapping turtle – sie liegt einfach mitten auf der Straße. Ihr normaler Lebensraum ist das Wasser, von daher ist sie wohl aus dem nahegelegenen See gekommen. Wie der Name schon sagt, hat sie einen kräftigen schnabelartigen Kiefer. Sie ist außerhalb des Wassers sehr angrifflustig (wie man sieht) – hat eher etwas von Krokodil, getarnt mit Schildkrötenpanzer. Also unser erster Reflex, dem armen Tier über die Straße zu helfen bzw. es zu tragen, war schnell verschwunden. Die hat bestimmt alleine wieder in den Pool des Golfplatzes zurückgefunden.

 

Foxes
Was Raubtiere angeht, so habe ich vor einigen Wochen einen Fuchs gesehen, der an unserer Haustür vorbeilief – er ging einfach so seines Weges, schon verrückt. Im letzten Spätsommer, als es sich abends doch merklich abkühlte, kam für einige Tage sogar ein Fuchs immer am Spätnachmittag aus dem Gebüsch und legte sich genau an der Stelle mitten auf unsere Straße (die ist hier ja kaum befahren), wo noch die letzten Sonnenstrahlen des Tages hinkamen. Ganz schön verrückt, oder?

 

Black bears
Einmal lasen wir in der Zeitung, dass in diesem Jahr schon über 1.200 Schwarzbären hier in New Jersey gesichtet worden seien – eine der Begegnungen war wohl im Nachbarort, keine fünf Meilen entfernt. Das lässt einen dann schon aufmerksamer durch den Wald gehen, auch wenn man sich hier sonst sicher fühlt. Bisher haben wir nur einmal aus dem Auto zwei Schwarzbären am Straßenrand an uns vorbeilaufen sehen. Die waren aber eher klein (so wie ein großer Hund, nur viel kompakter und mit wackeligem Fell). Aber auch bei uns in der Straße sollen sie schon gesichtet worden sein (vor unserer Zeit!).

Die Umweltschutzbehörde von New Jersey hat einen Bärenführer für Kinder herausgebracht. Da steht alles drin, was man über Bären wissen sollte, z. B. auf keinen Fall füttern und Vorsicht mit Müll, Honig und Vogelfutterstellen – da stehen die Bären drauf und mit ihren guten Nasen finden sie fast alles. Dieses Jahr war übrigens ein Bären-Rekordjahr: Es wurden schon 1.250 Schwarzbären in NJ gesichtet.

Niemals weglaufen
Wenn du auf einen Schwarzbären triffst, dann solltest du:

  1. keine Panik bekommen und auf keinen Fall weglaufen! Bären sind eh schneller als Menschen. Und sie können richtig gut klettern!
  2. langsam zurückgehen in sicheres Gebiet.
  3. dich richtig groß machen und mit den Armen winken.
  4. ihn auf keinen Fall füttern.
  5. ihm nicht direkt in die Augen gucken.
  6. ihm nicht den Weg versperren (z. B. im Garten).
  7. laute Geräusche machen beim Wandern, dann verziehen sich die Bären.

 

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