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Und was haben wir damit zu tun?

Unsere Kinder sind richtig nah dran und erleben diese Viefalt unmittelbar, weil sie in preschool und Schule die Traditionen teilweise aus erster Hand vermittelt bekommen. An Pauls preschool kündigt schon der monatliche Newsletter an: „We welcome this joyful month of December. Of course, our shelves are beginning to look a lot like Christmas, Hannukah and Kwanzaa.“ Theo singt nach der Schule öfter sein „Happy Hannukah“-Lied, Ole kommt mit einem ausgemalten neunarmigen Hanukkah-Kerzenleuchter nach Hause, und Tim jammert den ganzen Tag, dass seine Lehrerin gesagt hätte, dass alle Kinder heute ein kleines Geschenk bekommen sollten (was für die jüdischen Kinder natürlich stimmt – Hannukah liegt dieser Jahr zeitlich vor Weihnachten), er aber nichts bekommen hätte. Als Trost gab es für ihn eine dicke Lindt-Weihnachtskugel von mir. Ich erlebe zufällig mit, wie Pauls Klasse in der preschool tatsächlich Hannukah zelebriert (die Eltern können dort die kulturellen Feste mit der Gruppe ihres Kindes mitfeiern): mit Latkes, den traditionellen Kartoffelpuffern, und mit Apfelmus. Als Mitbringsel für alle Kids gibt es den typischen „Dreidl“, einen Kreisel, der mit Schokolade gefüllt ist. Die Klasse nebenan singt lautstark „Jingle Bells, Jingle Bells“ und klingelt wild mit ihren Glöckchen, und bei mir tauchen durch den Kartoffelkuchenduft der Latkes auch noch Kindheitserinnerungen an „Schnibbelskuchen“, unser wöchentliches Samstagsmittagessen auf – das war mal wieder eine sehr buntes Erlebnis, wo so einiges nicht zusammenpasst – eine kleine Dehnungsübung für mein Gehirn, in diesem Fall aber eine richtig angenehme.   Unsere Kinder nehmen das alles hin, hinterfragen nichts (jedenfalls fragen sie mich nicht danach) und machen einfach mit. Der einzige, bei dem dann doch ein wenig das „Weltbild“ erschüttert wird, ist Theo (8). Er erfährt von einem deutschen Klassenkameraden zufällig beim Pizzaessen, dass sein Schulkamerad und Freund Samuel (der jeden Tag neben ihm sitzt, sich super in Star Wars auskennt und auch sonst cool ist) kein Weihnachten feiert, sondern eben Hannukah. Theo guckt im ersten Moment ziemlich ungläubig und fragt einmal nach. Danach hat er nichts mehr dazu gesagt. Man sah ihm aber schon an, dass sein Kopf gerade auf Hochtouren arbeitete. Auf diesem Brocken wird er definitiv länger herumkauen als auf …

Winterkonzerte

Bei den Winterkonzerten der Kinder dürfen Marc und ich dann an einem echten musikalischen Kulturbad teilnehmen. Wie jedes Jahr im Dezember bereiten die Kids in den Grundschulen ein Konzert vor. Die Musikschullehrerinnen von Theo und Tim haben also die Aufgabe, ein Programm auf die Beine zu stellen, das alle Eltern zufriedenstellt und niemandem auf die Füße tritt. Und sie schaffen es: Diese eine Stunde in der Aula ist ein ziemlich beeindruckendes Multikulti-Spektakel, was die kulturelle Vielfalt dieser Festzeit gut widerspiegelt: Kinder aller Hautfarben präsentieren sich in schicken Klamotten und Spitzenkleidchen – und sind noch dazu unheimlich diszipliniert auf der Bühne. Bei Tim alle Kinder der Schule – über 300 zwischen fünf und acht Jahren! – auf einmal auf der Bühne – WAHNSINN und alle benehmen sich (für 45 Minuten!) super und präsentieren klassenweise, was sie geübt haben.   Musikalische Vielfalt An Theos Schule singen sie Lieder über die Dreidelspiele von jüdischen Kindern, über das Glöckchengeklingel in der Weihnachtszeit, über Piñatas, die voller Süßigkeiten und Spielzeug sind und zerschlagen werden, über den Weihnachtsmann im Kamin, über Winterlandschaften und über „African Noël“. Tims Klasse singt von Potato Laktes (die jüdische „Reibekuchen“-Spezialität zu Hannukah), von einem „Hip Hop Reindeer“ und von Weihnachten auf Hawaii „Mele Kalikimaka“. Sie singen auf Englisch, Jiddisch, Spanisch, Hawaiisch und auch auf Deutsch (den „Tannenbaum“). Vor allem aber sind es die Melodien und Rhythmen, durch die die verschiedenen Kulturen/Religionen mit ihren Stimmungen leichtfüßig, aber dennoch unglaublich eindringlich präsentiert werden: Der wiegende Walzerschritt, das fröhliche, helle „Rauf und Runter“ der amerikanischen Lieder, die etwas klagenden, orientalisch klingenden jüdischen Melodien, die südländischen Rumba-Rhythmen und die nach Südsee klingenden Ukulele-Töne. Wenn diese musikalische Reise vorbei ist, muss man zuerst mal tief durchatmen, sich wieder orientieren und kann dann schon etwas besser nachvollziehen, warum die Leute hier: „Happy Holidays!“ sagen.

Komplizierter Adventskaffee

Das Wort „Advent“ gibt es zwar im Englischen auch, und es wird in den Kirchen hier verwendet wie bei uns. Aber im Alltagsleben hat es keine Relevanz (ich habe es bisher jedenfalls kein einziges Mal gesprochen gehört). Das war mir schon früh aufgefallen. Mitte Dezember laden wir dann einige Freunde zu einem „Adventskaffee“ ein – mit selbstgebackenen deutschen Weihnachtsplätzchen (mit teilweise importierten Backzutaten, z. B. dem Lebkuchengewürz). Das Backen macht super viel Spaß und war im Vergleich zur Einladung ein Kinderspiel. Die Einladungs-E-Mail für die deutschen Expats war einfach – das Übliche, genau wie in Deutschland. Aber als ich dann für die amerikanische Seite loslegen wollte, stieß ich doch an mehrere Grenzen: Die direkte Übersetzung funktionierte an vielen Stellen definitiv nicht – es gibt hier keine „besinnliche“ Adventszeit, das sagt kein Mensch („We wish you an Advent Season of contemplation“ oder vielleicht „We wish you a festive season?“ – NEIN!). Und dann waren auch noch einige jüdische Familien dabei – und denen eine schöne Adventszeit zu wünschen, ist ja wohl einigermaßen unpassend (wer meint, ich stelle mich an – also, das ist wirklich nicht so ganz einfach). Ich muss sagen, dass sowohl Konzept als auch Formulierungen eine nur sehr eingeschränkte Überlappung hatten. Unseren amerikanischen Freunden wünschte ich jedenfalls am Ende der E-Mail eine „Happy and Peaceful time“ – eine „besinnliche Weihnachtszeit“ auf Amerikanisch.   Also, die Plätzchen sind alle gut angekommen und wir hatten gemeinsam eine gute Zeit. Gegen Abend haben wir noch Pizza geholt und lagen damit wieder voll im amerikanischen Trend „Pizza Party“ – die scheint es hier immer und zu allen Anlässen zu geben.

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„Kunterbuntes“ Multi-Kulti Morristown

Von „bunt“ gemischten Schulklassen und vom Bild der amerikanischen Gesellschaft als Schmelztiegel und Salatschüssel. Von Amerikaner/innen, die auch Deutsch sprechen – und außerdem Französisch, Spanisch und Vietnamesisch. Von der beeindruckenden Tatsache, dass es in Morristown 35 Kirchen für 19.000 Einwohner/innen gibt. Und wo die amerikanische Flagge überall präsent ist.   Als ein absolutes Highlight erlebe ich die „bunte“ Mischung von Menschen, die hier zusammenleben und gemeinsam die amerikanische Gesellschaft bilden – jedenfalls bei uns in Morristown. Deutsch, Amerikanisch, Russisch, Finnisch und mehr Theo (8) geht zu einer öffentlichen Grundschule hier in Morristown. Mit einigen Klassenkameraden ist er näher befreundet: Eric ist halb Deutscher, halb Amerikaner. Theo und Eric kommen gut miteinander aus. Sein Freund Samuel ist aus Russland adoptiert, lebt jetzt in einer jüdischen Familie und feiert eben kein Weihnachten, sondern Hanukkah. Rachel ist ebenfalls Jüdin und geht jeden Sonntag in die „Hebrew School“. Ansonsten kennt Theo noch vom letzten Schuljahr Mikka, einen Finnen, und Max, einen deutschen Jungen. Das sind seine beiden besten Freunde hier. Dazu kommen noch einige Kinder mit hispanischen Eltern und einige junge Afro-Amerikaner/innen. Das Klassenfoto, das Theo dieses Schuljahr mit nach Hause gebracht hat, ist daher richtig „bunt“.   Vom Schmelztiegel zur Salatschüssel Wie ihr wisst, sind die USA ein Einwanderungsland und die Gesellschaft besteht aus Leuten ganz verschiedener Herkunft, Religion, Hautfarbe, Sprache und kultureller Tradition. Etwa 61 Prozent der Bevölkerung sind im Moment weiß, 18 Prozent lateinamerikanisch, 13 Prozent afroamerikanisch, 6 Prozent asiatisch und 1 Prozent indigen (also Native Americans oder Native People). Viele von ihnen können einem ganz genau Auskunft geben, wann und woher Vater und Mutter, Großtante oder Urgroßvater nach Amerika gekommen sind. Eine meiner Schülerinnen an der deutschen Schule erzählte mir, dass einer ihrer Vorfahren im Jahr 1776 die Declaration of Independence mitunterschrieben habe. Wer weiß – vielleicht stimmt das sogar…. Aus meinem Englisch-Oberstufenunterricht kenne ich nur allzu gut die beiden Metaphern, die für die amerikanische Bevölkerung benutzt wurden bzw. werden. Früher wurde das Bild des Schmelztiegels (melting pot) benutzt, der die Idee veranschaulichte, dass es zu einer Assimilierung und Integration von Einwander/innen in die Kultur des Landes kommt und dass …

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Amish People

Die täuferisch-protestantischen Amischen sind Nachkommen der Amish Mennoniten, die im 18. Jahrhundert vor allem aus Deutschland in die USA geflohen sind. Sie leben in verschiedenen US-Bundesstaten sowie im kanadischen Ontario und führen ganz bewusst ein Leben wie vor 250 Jahren. Für uns ist der Ausflug nach Lancaster in Pennsylvania daher wie eine Reise in die Vergangenheit: Überall sieht man langsam zuckelnde Pferdewagen (buggies) auf den Straßen mit dickem roten Warndreieck hinten drauf, damit man als Autofahrer nicht auffährt. Keine Geräte mit Kabeln im Haus, jede Verbindung zur Außenwelt ist verboten (mit Gas betriebene Geräte sind erlaubt). Internet? Gibt’s hier nicht. Diese Menschen führen ein stark in der Landwirtschaft verwurzeltes Leben, lehnen moderne Techniken grundsätzlich erst mal ab und akzeptieren Neuerungen nur nach sorgfältiger Prüfung der Auswirkungen.   Die Familien sind sehr kinderreich – sechs bis zehn Kinder sind keine Seltenheit. Sie werden in eigenen Schulen unterrichtet und reden in einem deutschen Dialekt mit vielen englischen Lehnwörtern: Pennsylvaniadeutsch! Vor der Taufe, die meist erst ab 18 Jahren stattfindet, gibt es die sogenannte „Rumspringa“ Zeit: Die jungen Erwachsenen dürfen in dieser Zeit vieles ausprobieren, auch in der „anderen Welt“ (sprich in „unserer“ Welt mit Internet und Autos). Sie müssen sich erst danach entscheiden, ob sie weiterhin wie ihre Familien leben möchten oder nicht. Wählen sie das Amish-Leben (was 90 Prozent der Jugendlichen machen!), ist es aber schnell wieder vorbei mit dem Herumspringen und es gelten erneut die strengen Regeln. Der Besuch auf einer Amish-Farm ist beeindruckend: Die Wäsche trocknen sie auf viele Meter hochgekurbelten Leinen (Winter wie Sommer), die Frauen halten ihre Kleider und Schürzen mit Stecknadeln zusammen, da Knöpfe Hochmut bedeuten und verboten sind. Bestimmt sehr praktisch, wenn man schwanger ist (es sitzt immer alles perfekt), aber wie bitte funktioniert das mit Babys auf dem Arm?

Laufen und helfen

Zuerst möchte ich euch allen ganz, ganz herzlich für die Unterstützung beim 25. AIDS-Walk in New York danken (eure Spenden: 330 Dollar, insgesamt 5,7 Mio. Dollar von 45.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern). Es war eine kunterbunte Truppe (alle Hautfarben, jedes Alter, Schulklassen, Firmen, aber auch persönlich Betroffene mit Schildern wie „In Memory of …“), die zunächst durch den Central Park und dann am Hudson River entlang gemäß dem Motto „Step up and walk“ gewandert sind. Und ihr seid, wie versprochen, auf meinem Deutschland-T-Shirt mit dabei gewesen.

Wir lernen im Moment jeden Tag etwas Neues

Dennoch haben wir zurzeit eine steile Lernkurve in Bezug auf die Eigenheiten der Amerikaner/innen – vieles betrifft unser Leben als Familie mit kleinen Kindern so unmittelbar, dass es großen Einfluss auf unseren Alltag hat. Wer Lust hat, diese Lernkurve selbst nachzuempfinden, kann gerne unser kleines Quiz machen. Auf die Idee mit den Fragen bin ich übrigens durch meine New Jersey-Führerscheinprüfung gekommen, die ich erfolgreich vor zwei Wochen hinter mich gebracht habe – es war ein Hochgenuss für mich, mal wieder mit vollkommen vorhersehbaren, trockenen Fakten zu tun zu haben 🙂  

Meine absoluten Highlights

Als sehr positiv erlebe ich dagegen das ziemlich kunterbunte kulturelle Neben- und Miteinander in der amerikanischen Gesellschaft. Ein Beispiel: Am Aschermittwoch kamen unsere Familienmitglieder so nach Hause: Ole (preschool) mit einer Geschichte zum gerade beginnenden chinesischen Neujahr. Tim (kindergarten) mit 100 winzig kleinen Süßigkeiten zum 100-days-of-school (über Fastenzeit haben sie nicht gesprochen). Jane, unsere Hilfe, mit Aschenkreuz auf der Stirn. Und gleichzeitig schmücken hier immer noch Weihnachtsdekorationen die Vorgärten unzähliger Häuser. Die Elterninformationen aus der Schule sind sowohl auf Englisch als auch auf Spanisch gedruckt, man hört in Morristown viele verschiedene Sprachen und sieht zahlreiche unterschiedliche Hautfarben und Gesichter. Die Amerikaner/innen, die wir bisher kennengelernt haben, haben oft Verwandtschaft, die ursprünglich aus Europa oder einem anderen Land kommt. Ich habe bisher noch nie das Gefühl gehabt, hier nicht willkommen zu sein, weil wir Deutsche sind. Hier ist Anderssein irgendwie normal. Und das fühlt sich für uns alle gut an.