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Special needs in der Schule

Wie Schulen Kindern helfen, die „aus dem Rahmen fallen“ und was ein „504“ und ein „IEP“ ist. Auch an den Schulen ist man gut auf Kinder mit Special Needs vorbereitet. Hier gibt es nicht nur die Regelschul-Lehrkräfte wie bei uns, sondern auch Psycholog/innen, Förderschulpädagog/innen, eine/n Sozialarbeiter/in und manchmal auch Ergotherapeut/innen und Sprachtherapeut/innen. Sobald ein Kind „aus dem Rahmen fällt“ (vom Verhalten, den Leistungen, im sozial-emotionalen Bereich) gibt es einen genau festgelegten Ablauf an Prozessen, bei denen verschiedene Gremien versuchen, durch Maßnahmen eine Besserung zu erzielen. Als letzte Instanz, wenn nichts mehr hilft, tritt dann ein sogenanntes „Child Study Team“ zusammen (diverse Expert/innen, u. a. auch die Eltern und die Lehrkräfte) und man leitet eine Evaluation des Kindes ein. Bekommt das Kind dann eine medizinische Diagnose, z. B. autism spectrum disorder, dyslexia oder ADS/ADHS gibt es zwei verschiedene Maßnahmen: 504 plan (civil rights law): Für Kinder, die ein Handicap haben, das durch Maßnahmen (accomodations) im normalen Klassenraum ausgeglichen werden kann, wird ein sogenannter „504 plan“ (gesprochen „five o four plan“, Abschnitt 504 im Rehabilitation Act.) erstellt. Dieser soll sicherstellen, dass das betreffende Kind nicht benachteiligt wird und an seiner Schule mitmachen kann (vergleichbar mit dem deutschen Nachteilsausgleich, also z. B. andere Testformate, mehr Zeit bei Tests, einen Rückzugsraum, Kopfhörer, Lesehilfe …). IEP (special education law): Ist ein Kind durch seine Einschränkungen nicht in der Lage, in einem „normalen“ Klassenraum mit normalem Curriculum mitzulaufen, dann wird ein sogenanntes IEP – individualized education program – ausgearbeitet. Dies beinhaltet ein speziell an die Fähigkeiten des Kindes angepasstes Curriculum und spezielle Unterstützung durch „special education teachers“. Ich kann nicht beurteilen, wie gut das System hier tatsächlich ist. Aber wir kennen zwei deutsch-amerikanische Familien, die sowohl ein neurotypisches als auch ein „special needs“ Kind haben. Und die sagten unabhängig voneinander, dass special needs-kids besser im amerikanischen System gefördert würden, während die typisch entwickelten, „durchschnittlichen“ Kids besser an deutschen Schule aufgehoben seien (ihre Kinder sind zurzeit in der middle school und highschool in zwei verschiedenen Städten). Wir sind zu kurz hier, als dass ich dazu etwas sagen könnte. Aktuell findet in den USA gerade eine heiße Diskussion …

Winterkonzerte an den Schulen

Wie letztes Jahr bereiten die Kids in den Grundschulen für Dezember ein Konzert vor. Die Musikschullehrerin von Theo und Tim hat also die Aufgabe, ein Programm auf die Beine zu stellen, das alle Eltern zufriedenstellt und keinem auf die Füße tritt. Und sie schafft es: Diese eine Stunde in der Aula ist wieder ein ziemlich beeindruckendes Multikulti-Spektakel, was die kulturelle Vielfalt dieser Festzeit gut widerspiegelt. Die Kinder, wie immer in „bunt gemischten“ Hautfarben und unheimlich diszipliniert auf der Bühne (bei Tim steht die gesamte Schülerschar – über 300 Kinder! – auf einmal auf der Bühne – WAHNSINN) und präsentieren für 45 Minuten, was sie geübt haben.  

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Der tägliche Familienalltag mit Fundraising

Warum man mit Keksen und Kleingeld Gutes tun und wem Laufen helfen kann. Und wie die Kinder in Preschool und Schule schon früh lernen, was sie später gut gebrauchen können.   Fundraising gehört einfach zur amerikanischen Kultur und hat daher jetzt auch in unserem Alltag und in unserer Stadt einen festen Platz. Hier einige konkrete Beispiele: Preschool: class moms organisieren Fundraising für bedürftige Menschen bei uns in der Region, einen Cookie Sale der Kindergartengruppe, die damit eine Non-Profit-Kinderorganisation unterstützt, die davon wiederum Bücher für bedürftige Kinder kauft.   Ein Klassenkamerad von Tim (7) sammelt von jedem Kind einen Dollar für den „Smile Train“ ein – eine Organisation, die Operationen für Kinder mit Gaumenspalte finanziert. Beim YMCA sammeln sie Spenden, um Bedürftigen in der Gemeinde die Teilnahme am Sport zu ermöglichen. Jede Menge „Drives“ (Kampagnen) wie Book Drive, Food Drive, Pajama Drive u. a., zu denen Bücher oder Schlafanzüge gesammelt oder z. B. Früchte oder Cookies in großem Stil verkauft werden. Aber Vorsicht: Eine Freundin hatte durch ein falsches Kreuzchen auf einmal zwei Kisten Grapefruit vor der Tür stehen. Und wir hatten einmal so viel Cookie-Teig, dass wir über 15 Bleche Kekse backen mussten! 🙂 Diverse Aktionen von Kindern, die für ihre (Sport)gruppe sammeln, z. B. Highschool-Kids fürs Soccer Team. Girl Scouts schieben Einkaufswagen mit ihren Cookies durch die Straßen und stehen schon mit zarten drei Jahren bei den Nachbarsfamilien vor der Tür.   Elterninitiativen oder SNAP (das ist der special needs-sport, wo Ole (6) hingeht) oder die ortsansässige Blindenhund-Organisation „The Seeing Eye“ finanzieren sich nur über Spenden. Unendlich viele Briefe mit Spendengesuchen landen bei uns im Briefkasten – die lokale Feuerwehr, die ein pancake-Frühstück organisiert, die Bibliothek, die einen Spielenachmittag anbietet usw. Noch zahlreicher sind die E-Mails – z. B. vom öffentlich-rechtlichen Sender WNYC, der sich ausschließlich über Spenden finanzieren muss. Weit verbreitet sind Wohltätigkeitswanderungen oder -läufe, bei denen man sich von Familie und Freunden sponsern lässt und das Geld für die Erforschung von Krankheiten oder an Bedürftige weiterleitet – wie z. B. der Aids Walk, bei dem ich schon letztes Jahr mitgemacht habe. Unzählige Leute wandern und laufen hier …

Winterkonzerte

Bei den Winterkonzerten der Kinder dürfen Marc und ich dann an einem echten musikalischen Kulturbad teilnehmen. Wie jedes Jahr im Dezember bereiten die Kids in den Grundschulen ein Konzert vor. Die Musikschullehrerinnen von Theo und Tim haben also die Aufgabe, ein Programm auf die Beine zu stellen, das alle Eltern zufriedenstellt und niemandem auf die Füße tritt. Und sie schaffen es: Diese eine Stunde in der Aula ist ein ziemlich beeindruckendes Multikulti-Spektakel, was die kulturelle Vielfalt dieser Festzeit gut widerspiegelt: Kinder aller Hautfarben präsentieren sich in schicken Klamotten und Spitzenkleidchen – und sind noch dazu unheimlich diszipliniert auf der Bühne. Bei Tim alle Kinder der Schule – über 300 zwischen fünf und acht Jahren! – auf einmal auf der Bühne – WAHNSINN und alle benehmen sich (für 45 Minuten!) super und präsentieren klassenweise, was sie geübt haben.   Musikalische Vielfalt An Theos Schule singen sie Lieder über die Dreidelspiele von jüdischen Kindern, über das Glöckchengeklingel in der Weihnachtszeit, über Piñatas, die voller Süßigkeiten und Spielzeug sind und zerschlagen werden, über den Weihnachtsmann im Kamin, über Winterlandschaften und über „African Noël“. Tims Klasse singt von Potato Laktes (die jüdische „Reibekuchen“-Spezialität zu Hannukah), von einem „Hip Hop Reindeer“ und von Weihnachten auf Hawaii „Mele Kalikimaka“. Sie singen auf Englisch, Jiddisch, Spanisch, Hawaiisch und auch auf Deutsch (den „Tannenbaum“). Vor allem aber sind es die Melodien und Rhythmen, durch die die verschiedenen Kulturen/Religionen mit ihren Stimmungen leichtfüßig, aber dennoch unglaublich eindringlich präsentiert werden: Der wiegende Walzerschritt, das fröhliche, helle „Rauf und Runter“ der amerikanischen Lieder, die etwas klagenden, orientalisch klingenden jüdischen Melodien, die südländischen Rumba-Rhythmen und die nach Südsee klingenden Ukulele-Töne. Wenn diese musikalische Reise vorbei ist, muss man zuerst mal tief durchatmen, sich wieder orientieren und kann dann schon etwas besser nachvollziehen, warum die Leute hier: „Happy Holidays!“ sagen.

Embracing diversity: Offenheit und Neugierde mit Respekt für das Andersartige

Was mich hier bei uns in Morristown beeindruckt, ist die Einstellung der Menschen, diese Vielfalt zu „umarmen“ und sie auf positive Weise in ihr Leben zu integrieren. Entsprechend sind die Umgangsformen der Menschen untereinander und miteinander. „Where do you come from?“ Ich habe in „Kennenlernsituationen“ noch nie das Gefühl gehabt, dass die Leute mir mit Skepsis begegnen. Im Gegenteil, viele Leute („bunt“ gemischt) fragen eher neugierig nach, wenn sie meinen Akzent bemerken. Eine Frau, die in der Bäckerei neben mir wartete, fragte mich: „Where does your lovely accent come from?“ Dann fragte sie, warum wir hier seien, seit wann, wie es uns gefiele und woher genau wir in Deutschland kämen – solche Gespräche laufen mal eben nebenbei beim Einkaufen. Und wenn die Leute schon einmal in Deutschland gewesen sind, erzählen sie dann, was sie erlebt und gesehen haben – oft positive Dinge oder eben für sie Erstaunliches, ob beim Urlaub oder bei der Armee. Bisher hat mich noch niemand als „foreigner“ bezeichnet – das Wort habe ich kein einziges Mal gehört. Es ist fast so, als ob es das hier im Vokabular gar nicht gäbe. Ich muss natürlich sagen, dass das meine Erfahrungen als weiße Person sind. Ob es anders wäre, wenn ich anders aussähe, kann ich natürlich nicht sagen. Sprachvielfalt In Morristown hört man sehr viele verschiedene Sprachen – allen voran natürlich Englisch und Spanisch – aber auch viele andere (europäische) Sprachen. Die meisten deutschen Expats sprechen ausschließlich Deutsch in der Familie, während in amerikanischen Familien, in denen der Vater oder die Mutter eine andere Muttersprache hat, auch die zweite Sprache aktiv benutzt wird – selbst wenn alle Familienmitglieder fließend Englisch sprechen.Und wenn die Leute nicht wissen, was man da redet, dann fragen sie nach: Für mich sehr einprägsam war eine Begegnung mit einer orthodoxen Jüdin im Zoo, die Jiddisch mit ihrer Familie sprach. Sie drehte sich plötzlich zu uns um und wollte wissen, was das denn für eine Sprache sei, die wir sprechen. Vielleicht hat sie uns ja sogar verstanden, denn Jiddisch und Deutsch sind sich an einigen Stellen ähnlich – jedenfalls habe ich einige Brocken von dem, …

Deutsch, Amerikanisch, Russisch, Finnisch und mehr

Theo (8) geht zu einer öffentlichen Grundschule hier in Morristown. Mit einigen Klassenkameraden ist er näher befreundet: Eric ist halb Deutscher, halb Amerikaner. Theo und Eric kommen gut miteinander aus. Sein Freund Samuel ist aus Russland adoptiert, lebt jetzt in einer jüdischen Familie und feiert eben kein Weihnachten, sondern Hanukkah. Rachel ist ebenfalls Jüdin und geht jeden Sonntag in die „Hebrew School“. Ansonsten kennt Theo noch vom letzten Schuljahr Mikka, einen Finnen, und Max, einen deutschen Jungen. Das sind seine beiden besten Freunde hier. Dazu kommen noch einige Kinder mit hispanischen Eltern und einige junge Afro-Amerikaner/innen. Das Klassenfoto, das Theo dieses Schuljahr mit nach Hause gebracht hat, ist daher richtig „bunt“.  

Top-Betreuung für Kinder mit anderer Muttersprache

Mrs. Johnson ist eine super engagierte ELL-Lehrerin (ESL/ELL = English as a Second Language/English Language Leaner-Programm), die alle ihre Schüler/innen dort abholt, wo sie gerade stehen und ihnen dort Unterstützung bietet, wo sie es brauchen. Sie hat mich bei der Back to school night (Pendant zum deutschen Elternabend) wirklich tief beeindruckt mit ihrem Enthusiasmus einerseits und ihrem modernen Konzept andererseits. So einen super Service gibt es in Deutschland nicht für Kids, die die Landessprache noch nicht so gut können. Die müssen selber gucken, wie sie klarkommen.   Aber vielleicht wäre es ja auch an der Zeit, bei uns Programme für solche Kinder einzurichten, zumindest in den Bereichen, wo viele Immigrantenkinder oder Flüchtlinge leben. Jedenfalls besser als zu schimpfen, dass manche Kinder in der Schule noch nicht mal richtig Deutsch können, denn die Kids können ja wirklich am wenigsten dafür.

Positiv (nach 6 Monaten)

Aber nach einem „good night’s sleep“ sieht die Welt meist schon wieder anders aus und wir rappeln uns wieder hoch: Wir bleiben fürs Erste hier, denn wahrscheinlich liegt die härteste Zeit hinter uns und es gibt noch so viel zu entdecken, wozu uns bisher einfach die Zeit oder Kraft fehlte. Ich habe zum Beispiel bisher weniger von New York City gesehen als alle Wochenendtourist/innen, und es gibt noch so viele tolle Naturparks mit vielen Abenteuern für die Kids … Und schließlich sind wirklich viele positive Dinge passiert: Wir haben eine Menge sehr nette Leute getroffen, die Kids haben neue Freunde gefunden und plappern Englisch, die Sonne scheint hier fast jeden Tag 🙂 , die Hilfsbereitschaft und Freundlichkeit vieler Menschen machen einfach gute Laune – und meine schriftliche Arbeitsgenehmigung ist tatsächlich genau heute angekommen! Ich habe mich bei der Deutschen Schule von Morris County beworben und darf nun ganz offiziell ab September jeden Samstag Deutsch unterrichten – besser als nichts!   Und „last but not least“: Wir sind windelfrei! Paul (3) hat es nach monatelangem „potty-training“ endlich geschafft. Seine Antwort auf unsere Frage nach „Erledigung seines Geschäfts“ „Bist du jetzt stolz?“ – „JAAAA!!!“. Wir nehmen uns also die viel beschriebene positive Lebenseinstellung der Amerikaner/innen zum Vorbild und machen weiter.

Das Englische

Kaum zu glauben, aber die falsche Form „looking“ hält sich nach wie vor hartnäckig im Haus. Ansonsten bin ich natürlich meist nicht dabei, wenn die Jungs Englisch reden – von daher habe ich nur einen begrenzten Einblick. Aber einiges bekommt man auf den Spielplätzen und beim Abholen von Schule und preschool ja doch mit. Theo und Tim können sich nach dem knappen halben Jahr schon ganz gut auf Englisch verständigen und benutzen dabei immer weniger deutsche Worte. Theo geht dabei flexibler mit den Strukturen um, während Tim vieles noch als „Lautblöcke“ zu benutzen scheint (aber er kann ja auch noch nicht lesen!), z. B. „How are you?“ (als feststehende Formel [ˌhaʊˈɑːjə]). Ole und Tim fingen mit einzelnen englischen Worten an, die man jetzt auch in ihren deutschen Sätzen hört. Die Kinder verbessern sich manchmal gegenseitig, wenn sie einen Fehler beim anderen hören. Vor allem Theo entwickelt ein Gehör dafür: Tim: „Can I upstairs go?“ – Theo: „Du hast gesagt ›Kann ich gehen rauf?‹“ – Tim: „Oh, can I go upstairs?“ Auf Theos Zeugnis schreibt sein Klassenlehrer einen kleinen Abschnitt: Theo has made great progress since his arrival. His comprehension and use of the English while speaking have increased amazingly well. He has improved slowly, yet steadily in reading and writing. Learning to read and write in one`s own language take time. Theo has done well to improve his comprehension and phonetics of English … Der Zeugniskommentar von Tims Klassenlehrerin zeigt ebenfalls, dass Tim langsam Fuß fasst im Englischen: Tim is a bright, enthusiastic, motivated student who has made a wonderful transition into Kindergarten. He is well liked by his peers and beginning to carry on conversations with them in English. Tim now understands much of what is said in class and is just starting to feel comfortable participating verbally in school …   Theo (7) und Tim (6) sind in sogenannten ESL (English as a second learner), also einer Art Unterstützungsunterricht, um ihrem Englisch auf die Sprünge zu helfen. Das läuft hier automatisch. Sie werden daher regelmäßig getestet in den Bereichen Listening, Speaking, Reading, Writing, Comprehension (Listening and Reading).