Checkliste der Spedition

So, und am Ende noch die Checkliste der Spedition, die unser Hab und Gut über den Atlantik schippern wird. Wenn ihr mich fragt, sind die angegebenen Zeiträume etwas sehr sportlich, wenn man bedenkt, dass ein einziger kleiner Punkt, wie z. B. Aufräumen von Dachböden, Garagen, Kellerräumen doch schon ein echtes Unterfangen ist, das in den normalen Alltag reingequetscht werden muss. TO-DO-LISTE DER SPEDITION 5 bis 6 Wochen vor der Abreise: Pässe und Visa auf Gültigkeit prüfen (alles okay bei uns) prüfen, ob spezielle Genehmigungen für den neuen Wohnsitz, die Arbeit, die Fahrzeuge oder Waffen benötigt werden (ja, z. B. für den Porsche) Impf-Voraussetzungen prüfen (war allerdings nur auf dem Hinweg wichtig, weil einige Impfungen hier anders bzw. öfter gegeben werden – wichtig für die Zulassung zur Schule/preschool) alle Reisedokumente und Fahrscheine prüfen (schon gebucht) Sammeln der persönlichen Dokumente, wie z. B. Geburts- und Heiratsurkunden oder Krankenakten (Oles ärztliche Gutachten werden gerade übersetzt) Anwält/innen, Banken, Ärzt/innen, Zahnärzt/innen, Versicherungen, Bausparkassen Bescheid sagen (Expat-Krankenversicherung kündigen) Zeitschriftenabos kündigen, bei Vereinen abmelden (Oles Ergotherapie und social skills group, YMCA-Mitgliedschaft, Karate), preschool und Schulen informieren: Hillcrest, Alexander Hamilton) Rechnungen von neuen Käufen behalten (für den Zoll) Dachboden, Garage, Keller aufräumen (wir haben zwar keinen Dachboden, aber unser Keller ist pickepacke voll – das wird lange dauern) 3 bis 4 Wochen vorher: Abschätzen der transportierten Werte für die Versicherung sich um Unterkunft kümmern für die Tage nach dem Auszug, aber vor Rückkehr ins eigene Land (wir werden in ein Hotel gehen) Kontaktadresse und Telefonnummer von Übersee geben (einfach, unser Haus in Deutschland) Endabrechnungen anfordern: Gas, Wasser, Elektrizität alle Mietverhältnisse kündigen (unser schönes Haus, Theos French Horn) Aufbrauchen von Vorräten an Essen und Trinken (unser Vorratsschrank (pantry) in der Küche ist noch rappelvoll Bestätigung des Auszugsdatum bei der Spedition 1 bis 2 Wochen vorher: Nachsendeauftrag für die Post einrichten Gartengeräte, Fahrräder etc. verkaufen (garage sale kurz vorher) Kinder und Tiere für den Tag des Umzugs „unterbringen“ (Vitoria, unser Au-pair, wird helfen) alle Dienstleistungsverhältnisse beenden (Mobilfunkverträge, Kabel-TV, Hausreinigung, landscaping etc.) persönliche Schränke bei der Arbeit und in der Schule leeren Zeitungsabonnements kündigen (Marcs geliebtes Wall Street Journal auf das …

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Kalifornien, Februar 2012

Wie unser Auto in San Francisco fast umkippt und wir zufällig am Tag der Oscar-Verleihung in Los Angeles landen. Und was einem leider den Strandbesuch in Santa Barbara vermiest.   Florida? Kanada? Kalifornien! „Wir fahren nach Florida … nach Kanada … wie heißt das noch mal?“ Paul (4) ist verwirrt. Ende Februar geht es los. Wir nehmen die Kinder für fünf Tage aus der Schule. Die nurse winkt uns durch: „Just let the teacher know. She might suggest Tim keeps a journal of his trip. Enjoy.“ Die Messlatte liegt hoch – unsere bisherigen Urlaube in den USA haben tiefen Eindruck bei den Kindern hinterlassen. Ob Kalifornien da mithalten kann? Von New York nach San Francisco Dank „priority seating“ dürfen wir mit als erste Passagiere rein und sitzen sogar zusammen (keine Selbstverständlichkeit bei „domestic flights“, auch nicht bei Familien). So können wir ganz gemütlich den Kampf der anderen Passagiere um die overhead bins anschauen. Der Flug dauert ewig (in die andere Richtung wären wir bis nach Deutschland gekommen), zu essen gibt’s nichts, dafür aber immer wieder Stewardessen, die mit Tüten vorbeilaufen und Müll einsammeln. Also – „domestic flights“ (inneramerikanische Flüge) haben mehr von angegammelten Busfahrten als von erhebenden „Globetrotter-Gefühlen“. Erster Eindruck nach der Landung Erster Kommentar von Ole (6) im Shuttlebus: „Die haben ja sogar Palmen hier.“ Paul meint: „Die Straßen sind hier total gebreitert“ – ja, alles noch eine Nummer größer als in NJ. Mein erster Eindruck: Hier ist komplett anderes Licht, alle Bäume sind zwar grün, aber wachsen nicht in den Himmel wie unsere in New Jersey. Homedepot und Starbucks sorgen für Heimatgefühle. Die gesonderten Parkplätze für „expectant mothers“ finde ich mal richtig klasse – die habe ich in Deutschland vermisst. Ich fand das immer unfair, dass ich mich als Hochschwangere nicht auf die Behindertenparkplätze stellen durfte – zieht euch doch mal eine Gasmaske auf, schnallt einen Bierkasten vor den Bauch und rennt durch die halbe Stadt!   Während Theo (9) hin und weg ist vom Hotelbüffet: „Boah, die haben ja alles hier, alle Sorten von Muffins …“, lässt sich Paul nicht täuschen: „Hier ist es nicht so schön …

Meine neuen Einsichten

In Morristown fühle ich inzwischen kaum noch einen Unterschied zwischen den Leuten dort und uns – aber jetzt, wo wir als Reisende unterwegs sind, sind mir die reisenden Amerikaner/innen (zumindest die, die wir sehen) definitiv fremder. Irgendwie bedienen viele das Klischee der typischen amerikanischen Tourist/innen: Turnschuhe, Kaugummi, kurze Hosen, viel nackte Haut, super viele Tattoos (ohne Tattoo ist die Ausnahme), viele fettleibig (aber das liegt sicherlich daran, dass wir eben auch die Sehenswürdigkeiten abklappern). Zum Abgewöhnen finde ich die sogenannten „boardwalks“. Das sind hölzerne Wege ins Meer, auf denen neben Restaurants teilweise auch gigantische Achterbahnen installiert sind (da stehen die meisten Amis total drauf). Der boardwalk in Santa Barbara ist tatsächlich mit dem Auto befahrbar, damit der Weg zum Restaurant mit „ocean view“ nicht zu weit ist (die spinnen doch!).   Am Strand darunter ist ein symbolischer Friedhof mit tausenden weißen Kreuzen aufgebaut, um an die Opfer der Irak- und Afghanistankriege zu erinnern. Und auf dem Spielplatz daneben – endlich mal einer mit Sand! – ist Schuhe-Ausziehen verboten (???). Dazu superlaute Musik – Dauerberieselung – alle amerikanischen Reisenden fühlen sich sichtlich wohl. Jetzt verstehe ich auch, wieso sich einer unserer amerikanischen Gäste auf der Party beklagte, dass die Musik zu leise sei („You need loud music otherwise it is not a party“).

Mein Kalifornien-Fazit

Kalifornien hat sich dennoch gelohnt und wir haben wieder einen kleinen Stein unseres USA-Puzzles mitgenommen. Aber es war auch ein verdammt anstrengender Trip – das tägliche Ein- und Ausladen plus Schleppen des Gepäcks, viel Zeit im Auto, das mit sechs Leuten, Koffern, Proviant, Spielen und Müll immer proppevoll war.   Oles Standardfrage, fünf Minuten nach Abfahrt, danach in 20-Minuten-Intervallen: „Wie lange noch?“ Was für ein Glück, dass es Schneekugeln (snow globes) gibt, die wir an jeder Station als Souvenir kaufen: Sie lenken ihn wunderbar ab, er schüttelt sie unentwegt und betrachtet sie stundenlang. Ansonsten beruhigt er sich mit meinem Timer am Handy, der die noch vor uns liegende Fahrzeit runterzählt (na, da tut sich wenigstens was). Wenig Übereinstimmung gibt es bei uns, was die musikalische Unterhaltung angeht. Marc liebt die Dire Straits, Tim hasst sie: „Mach die schreckliche Musik aus.“ Paul will „The Ants go marching“. Aber gut, wenn es die nicht gibt, beschäftigt er sich eben mit seinen Zahlen: “I´m counting to 1.000!“. Er will einfach seine Ruhe haben und fängt bei einer Ablenkung wieder von vorne an. Selbst „Route One“ – die landschaftlich reizvolle, steile Küstenstraße – stößt auf wenig Gegenliebe bei den Kids. Für sie ist sie viel zu langweilig und zu lahm. Aber dann zieht ein Unwetter auf und wir fahren durch tiefliegende graue Wolken, bevor der Starkregen einsetzt. Und schon steigt die Stimmung im Auto senkrecht – jedenfalls auf den hinteren Plätzen. Und als wir bei Sonnenuntergang auf dem superbreiten Highway nach L. A. reinfahren, helfen nach einem Tumult zwischen Theo und Ole nur noch Nenas Schlaflieder zur Herstellung des allgemeinen Friedens. Marc krallt sich am Lenkrad fest, nimmt einen großen Schluck aus an seinem Quad-Venti-Latte und tritt aufs Gas; Theo und Tim beißen sich auf die Lippen, aber Ole und Paul lauschen andächtig und gucken selig aus dem Fenster … Und wenn dann später abends alle Kinder im Auto eingeschlafen und ihre Köpfe zur Seite gekippt sind, dann schweigen Marc und ich und genießen einfach nur die Ruhe – wir wissen, dass die vier ihre Batterien gerade wieder aufladen und bald wieder „fully charged“ …