Vom Schul-Dresscode im Sommer, vom Schwimmen und Frieren und vom „Spring Sing“. Warum mich immer mal wieder der Eltern-Blues plagt und „Positive Discipline“ mir hilft. Und wie wir mit „Strep-Throat“ alle verrückt gemacht haben.   Der Mai fängt so an, wie der April aufgehört hat. Von Frühling keine Spur: viel zu kalt und viel zu viel Regen. In den (wenigen) Regenpausen gibt es dafür wirklich spektakuläre Naturschauspiele. Wenn eine Windböe kommt und in die Blüten der Bäume fegt, sieht der umherfliegende weiße Pollen wirklich wie Schnee aus – verrückt. Theo (8) und Tim (7) husten und schniefen ganz schön. Die Magnolienbäume blühen erst spät, und durch heftigen Regen ist die Pracht auch schnell wieder zerstört (kein Vergleich zum letzten Jahr 🙁 ). Aber was sollen wir uns beschweren – in Joplin (Missouri) sind diesen Monat über 100 Leute bei einem Tornado umgekommen. Für genau 38 Minuten hat der EF 5-Tornado mit mehreren Wirbeln in Joplin gewütet, mit einem Durchmesser von 1,6 km (1 Meile). Insgesamt liegt die Zahl der Tornado-Opfer 2011 höher als seit über 60 Jahren und es entstand ein Sachschaden von 2,8 Milliarden Dollar. Wie gut, dass wir nicht in einer typischen Tornado Region liegen (und wenn es einen Tornado hier in NJ gibt, dann ist es keinesfalls einer dieser gigantischen Monsterstürme).

Eis mit Musik

Das Leben auf den Spielplätzen kommt wieder in Gang, und immer öfter hört man den Eiswagen anrollen, angekündigt durch eine verzerrte zweistimmige Synthesizer-Musik. Aber unsere Kinder stört diese „Gruselmusik“ nicht: Sie stürmen wild enthusiastisch nach den ersten beiden Tönen den anderen Kindern hinterher, um sich dann gesittet in der Schlange anzustellen: Es gibt fertig verpacktes Eis am Stiel – Bällchen bekommt man hier nicht.

Besuch weg, Mücken da

Auch bei uns zuhause tut sich eine Menge: Im Mai fliegen alle unsere Kurz- und Dauergäste kurz hintereinander wieder nach Hause. Nach insgesamt 23 Wochen mit Besuch sind wir jetzt wieder unter uns – auch schön! Ohne „Beobachter“ ist das Familienleben weniger dynamisch, man kann mal fünf gerade sein lassen und endlich wieder in Unterhosen durch die Gegend laufen, wenn man sich nachts Wasser holt. Und Marc und ich müssen uns auch nicht mehr in unsere Waschküche zurückziehen, um ein ungestörtes Wort wechseln zu können. Als alle weg sind, kommt Ende Mai dann doch endlich mal der Sommer mit 25 bis 30 Grad – und mit ihm auch die endlosen Mückenscharen. Durch das feuchte Wetter vorher gibt es beste Vermehrungsbedingungen, und morgens wird man am bus stop bei lebendigem Leibe fast aufgefressen!  

Schul-Dresscode

Von Theos Schule gibt es in einem Elternbrief klare Ansagen, was den Sommer–Dresscode angeht. Eigentlich ist alles verboten, was Spaß macht: Die Schultern müssen bedeckt sein (also keine Tops für Mädels und keine „Muskelshirts“ für Jungs). Es darf keine Unterwäsche sichtbar sein, Oberteile müssen über die Taille gehen. öcke und Hosen müssen so lang sein „to meet the fingertips when the arm is at rest at the side“ (und bei den Miniröcken gehört trotzdem immer noch eine Art Sporthose unten drunter). Keine nackten Rücken, keine offenen Schuhe („inappropriate in terms of safety“! – unsere deutschen Sandalen sind also auch verboten), keine Hüte, Tücher, kein Schmuck, keine Flip-Flops.   Die Begründung kommt am Ende des Briefes: „Our students are becoming young ladies and gentlemen and should dress accordingly – with comfort and good common sense … It is important that we all adhere to these guidelines because students who arrive at school in inappropriate attire will be sent home to change“. Also, wenn ich da an meine Schule in Deutschland denke, müssten an heißen Tagen gleich alle Schüler/innen sowie die Hälfte der Lehrkräfte zum Umziehen nach Hause geschickt werden – und das eher weniger wegen offener Sandalen 🙂 .

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Memorial Day und Flaggen-Hype

Im Moment hat die US-Flagge wieder Hochkonjunktur – in den Geschäften gibt es erneut patriotische Cupcakes und Kuchen (rot-blau-weiß verziert) zu kaufen: Sie kündigen den Feiertag „Memorial Day“ Ende Mai an – der Tag, an dem die ganze Nation der gefallenen US-Soldaten und Soldatinnen gedenkt. Gleichzeitig wird mit ihm offiziell die „Sommersaison“ eröffnet – ab jetzt sind auch alle öffentlichen Toiletten geöffnet. Ich gerate mit Theo und Tim zufällig in die „Memorial Day Gedenkfeier“ bei uns auf dem Green (zentraler Platz in Morristown), das mit 1.600 Flaggen geschmückt ist! Theo hat es gar nicht gefallen, er fand es unheimlich. Und mich hat es etwas nachdenklich gemacht.

Chocolate-cake und Chauffeurin

Vitoria lebt sich weiterhin gut ein – aber sie ist stur wie ein Esel: Kleine Tipps bügelt sie glatt ab, wenn ihre Mama ihr das anders erklärt hat. So spült sie weiter unter laufendem Wasser und verbraucht Unmengen Spüli und Wasser. Dafür sieht sie immer, was zu tun ist (unbezahlbar) und übernimmt viele Aufgaben mit großer Selbstverständlichkeit. Außerdem backt sie genial leckeren Schokokuchen! Vitoria übernimmt jetzt auch Chauffeur-Aufgaben – eine von uns macht die „school-Tour“, die andere die „preschool-Tour“. Es ist zwar ein komisches Gefühl, seine Kinder in das Auto einer 19-Jährigen zu setzen, aber es bringt auch ziemliche Entspannung in unser Haus, weil wir jetzt ab 16 Uhr nicht immer alle zu Hause hocken, sondern entweder die älteren oder die jüngeren Kinder noch was unternehmen – z. B. auf den Spielplatz gehen. Ole (5) bleibt jetzt übrigens tatsächlich bis 15 Uhr in der preschool – das war das Ziel am Anfang des Schuljahres und jetzt, nach neun Monaten und kurz vor Ende des Kindergartenjahres, sind wir tatsächlich angekommen.   Hier ist das Rezept für Vitorias Schokoladenkuchen: Tipp: Wenn man das Ganze auf einem normalen Backblech machen möchte, am besten doppelte Menge Teig und doppelte bis dreifache Menge für die Glasur. Vitorias Schokoladenkuchen Zutaten: eine halbe Tasse Pflanzenöl 3 Möhren 4 Eier 2 Tassen Zucker 2,5 Tassen Weizenmehl 1 Teelöffel Backpulver Zubereitung des Teigs: Möhren reiben, dann mit Eiern und Öl vermischen (Mixer) Separat: Zucker, Weizenmehl und Backpulver mischen Mehlmischung und die flüssige Mischung mit Mixer mixen 40 Minuten bei 180°C backen (nach 30 Minuten Garprobe machen) Schokoglasur (die ist das Beste, finde ich) Zutaten: 3-4 gehäufte Esslöffel Nesquick 1 EL Butter 1 Tasse Sahne Zubereitung der Glasur: Alle Zutaten in einem Topf bei niedriger Temperatur erhitzen und dann rühren, rühren, rühren … bis das Ganze dickflüssig wird. Dann über den gebackenen, abgekühlten Kuchen gießen und verteilen – warten … Die Glasur wird nie richtig „hart“ wie Schokolade, sondern bleibt weich und klebrig.

Ungemütliches Schwimmvergnügen

Theo hat seit einigen Wochen Schulschwimmen. Er hat bisher nur darüber geflucht, denn der Pool ist natürlich – wie es sich hier gehört – draußen, und der ganze Mai war mit 10 bis 15 Grad Außentemperatur und Regen ja doch ganz schön kalt. Aber da kennen die hier kein Pardon – im Mai gibt es für die 3rd-graders eben immer Schwimmen und damit basta. Wenn Theo Schwimmen hat, sieht der Tag so aus: Morgens geht er schon mit Schwimmhose unter den Klamotten in die Schule (das ist ausdrücklich gewünscht), dann läuft er mitten am Schultag zu Fuß in Schwimmklamotten zum Highschool Pool rüber, schwimmt, friert, friert, friert und dann geht’s in nassen Klamotten wieder zurück zur Schule, wo die Kinder sich dann einzeln auf den Toiletten umziehen.   Er war auch ziemlich erbost darüber, dass die Lehrerin ihn aufgefordert hat, doch bitte „ordentlich“ zu schwimmen – sein in Deutschland mühsam gelerntes Brustschwimmen (wir haben eineinhalb Jahre in Schwimmkursen verbracht, bis es endlich das ersehnte Seepferdchen gab!) kann er hier getrost vergessen – statt „breaststroke“ steht hier „freestyle“ an (egal wie koordiniert, Hauptsache wildes Arme-nach-vorne-ziehen und Kopf-hin-und-her-reißen). Damit niemand untergeht, passen Highschool-Kids sowie professionelle Rettungsschwimmer auf die Kids auf – im Verhältnis „sechs Schulkinder zu einer Retterin/einem Retter“. Na, davon können wir in Deutschland nur träumen, oder?

Frühlingssingen

Ole (5) und Paul (4) haben in der preschool ihren ersten öffentlichen Auftritt beim „Spring Sing“, wo die Kinder ihre über das Jahr eingeübten Lieder vor allen Eltern präsentieren. Das ist ein kleiner Meilenstein, denn unsere Kinder sind wohl schon so weit angepasst, dass man sie auf die Bühne lassen kann (letztes Jahr sind wir inoffiziell ausgeladen worden – ich war stinksauer und bin trotz nachgeholter Einladung und Entschuldigung nicht hingegangen). Ole zieht es professionell durch, ist beim „Pledge of Allegiance“ sogar flagholder. Paul ist danach mit seiner Gruppe dran, und er hat einen Riesenspaß, klatscht und hüpft mit den anderen Kindern. Viele Mädchen tragen festliche Kleider und Ballerinas, die Jungs haben artig gescheitelte, gegelte Haare und – Paul in der Mitte, die Hände tief in den Taschen seiner Latzhose vergraben – so singen sie gemeinsam auf Spanisch von Farben und auf Englisch von „home runs“.

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Einmal um die Erde

Marc hat diesen Monat eine Reise der besonderen Art hinter sich gebracht: Von Newark nach Deutschland und von da direkt weiter nach Hongkong, um dann über Peking und Tokyo wieder nach Morristown zu kommen – das ist einmal komplett um die Welt. Details dazu gibt es im Juni-Brief. Dabei ist er über die Datumsgrenze gekommen, die ungefähr am 180. Längengrad mitten über dem Pazifik liegt. Marc ist immer nach „rechts“, also nach Osten geflogen, und daher musste er beim Rückflug von Tokyo in die USA mitten über dem Wasser das Datum um einen Tag zurückstellen. Er ist ja eigentlich ziemlich abgebrüht, was Fliegen angeht, aber das hat ihn dann doch beeindruckt: Ist ja auch verrückt, dass man einen Tag früher landet als man abgeflogen ist 🙂 .

Elternblues

Ich freue mich über die Entlastung durch Vitoria, übe weiter fleißig Gitarre spielen und langsam werde ich auch etwas besser. Die Kids bewundern ganz ehrlich meine „Künste“ (sie haben ja wahrlich auch keinen Vergleich 🙂 ). Das Beste: Morgens setze ich mich in den Hausflur und wecke alle Kinder gleichzeitig mit kräftigem Gitarrengeschrammel – spart Zeit, schont die Stimme und bringt direkt eine gute Morgenatmosphäre.   Ansonsten plagt mich ein eher universelles Eltern-Problem. Ich bin im Moment richtig gefrustet mit unseren Erziehungsbemühungen: Klamotten wild verteilt, Ohren auf Durchzug, altes gammeliges Essen im Schulrucksack, Badezimmerchaos mit Zahnpasta-Schmiererei, keine Lust mit anzupacken in der Küche, sightwords auf den letzten Drücker, schmutzige Klos … Ich sehe ja ein: Mit Mikromanagement, Gardinenpredigten und alltäglichen Machtkämpfchen macht es wenig Freude, vier Kinder groß zu bekommen … da verlieren alle – aber was dann? Wir haben noch 46 „Erziehungsjahre“ vor uns, bis alle vier 18 Jahre alt sind. Uff – also da muss uns noch etwas Besseres einfallen….   Ich sehe mich durch die kulturellen Neu-Erfahrungen hier ja auch oft genug als Kind (im Sinne von keine-Ahnung-haben, wie etwas läuft und dann öfter mal anecken) und weiß, wie allergisch ich auf Regeln und Bräuche reagiere, die ich für sinnlos halte. Habe mich in den letzten Monaten ja selbst dabei beobachtet, wie ich entweder eine Faust in der Tasche mache, mich der Sache entziehe, rebelliere oder die Regeln hinten herum umgehe. Ja, ich erlebe mich manchmal wirklich als sneakerin oder Querulantin – alles Rollen, in denen ich mich vorher nicht gekannt habe. Von daher kann ich unsere Kids auch ein Stück weit verstehen. Egal – Jammern hilft ja nun nicht, und in einer Familie braucht man neben Nestwärme eben auch klare Regeln und Grenzen, die von allen mitgetragen werden … Wie gut, dass wir im Moment hier leben, denn seitdem sind uns unzählige Werbe-/ Infoblätter mit „parenting tips“ (Erziehungs-Hinweise) durch Theo und Tims Schule ins Haus geflattert. Es geht um „discipline solutions, good choices, choosing to behave, expect the best, Teen anxiety in the 21st Century, help for bullying, „Smart Discipline ®“ … Positiv hilft (www.positivediscipline.com) Ich …