Warum bei amerikanischen Kindern Lernen statt Toben im kindergarten auf dem Stundenplan steht und wieso wir bei der ersten preschool die Reißleine gezogen haben. Und vom Schreiben lernen auf Butterbrotpapier. Also, während in Deutschland eure Kinder lautstark in Hausschuhen in Kindergärten, Kitas und Krippen herumtollen, Vater-Mutter-Kind spielen, in der Bauecke konstruieren, einmal pro Woche zum Englischunterricht gehen, sich in möglichst naturbelassenen Außenbereichen durch große Sandkästen wühlen, ihre Zeit schon teilweise selbst organisieren und viele Dinge ohne Erwachsene unter sich ausmachen … … sitzen Kinder gleichen Alters in Amerika und so auch Ole (4) und Paul (3) in der preschool sehr gesittet in Trainers (Sportschuhen) in Sitzkreisen („criss-cross-applesauce“) oder an Tischen, hören den Lehrerinnen aufmerksam und interessiert zu, malen und zeichnen Buchstaben, entziffern und lesen Wörter, stellen sich diszipliniert in Schlangen auf, lernen Spanisch, halten anderen Leuten die Tür auf, behalten ihre Hände bei sich („Remember to keep your hands to yourself“) und gehen dann für 20 Minuten auf einen kleinen sterilen Spielplatz (blauer Himmel und angenehme Temperaturen vorausgesetzt). Pre-K Es gibt viele öffentliche und private Vorschulprogramme – einige halbtags, andere ganztags (daycare centers, nursery schools, preschools, kindergarten). Für Kinder unter fünf Jahren bezeichnet man diese Jahre als „Pre-K“ (gesprochen [priː – kei], wobei das „K“ für kindergarten“ steht). Sie unterscheiden sich von den deutschen Vorschuleinrichtungen vor allem darin, dass sie sich allesamt weniger als Betreuungs- sondern vielmehr als Bildungseinrichtung verstehen (zumindest bei uns hier in New Jersey). Es gibt also immer wieder Abschnitte, wo eine „Lernphase“ eingeschoben wird. Die heilige Kuh Die bedeutendste Zeit ist das Kindergartenjahr (kindergarten), ein Bildungsprogramm, das bei uns sowohl von Grundschulen (kostenlos) als auch von vielen preschools (für teuer Geld) angeboten wird. Es ist quasi wie ein „Vorschuljahr“ für 5-Jährige, wobei die Kinder hier schon viele Dinge lernen, die in Deutschland erst nach der Einschulung auf dem Plan stehen, u. a. das Alphabet, Zahlen (bis 100), Rechnen, Lesen, Schreiben. Der kindergarten ist jedoch keine Pflicht und daher gibt es durchaus Kinder, die erst mit dem ersten Schuljahr einsteigen. An Oles preschool ist das kindergarten-Jahr die Kür, so dass alle Pre-K Klassen voller Ehrfurcht …
Amerikanische Bildung für die Kleinsten
Warum hier viele Kinder früher lesen als radfahren können. Und wieso die Kleinen sich mit dem Schreiben auskennen, ehe der erste Milchzahn ausfällt. Unsere Erfahrungen im Bereich „Frühförderung“ (2 bis 5 Jahre) „Frühförderung“ ist im Moment ja auch unter deutschen Eltern ein großes Thema (Englischunterricht, musikalische, sportliche Förderung) und nicht unumstritten. Aber – um euch direkt zu beruhigen – von amerikanischen Verhältnissen sind wir noch meilenweit entfernt! Darum also ein kleiner Beitrag zu dem Thema, an dem wir uns in den letzten Monaten immer wieder die Zähne ausgebissen haben: Es geht um die sogenannte „literacy“ – ein Begriff, der über die Alphabetisierung (sprich Lesen und Schreiben können) hinausgeht und u. a. auch die Fähigkeit im Umgang mit Zahlen, Bildern, Computern sowie generell Fertigkeiten des Wissenserwerbs mit einschließt. Vor allem der Bereich des Lesen- und Schreiben-Lernens betrifft uns bei Ole und Paul in der preschool unmittelbar und bei Tim in der 1. Klasse (hier aber eher die Frage nach der Methode, wie man lesen lernt). Kleine Vorwarnung: Das ist ein „brainwash-Thema“, und ihr werdet vieles nicht glauben können. Ging mir am Anfang auch so – mit in Deutschland erworbenen Denkschemata kommt man hier nicht weit! Die ultra-komprimierte Version vorweg: Amerikanische Kinder werden anders groß als deutsche Kinder: Viele können hier lesen, bevor sie radfahren können. Sie verständigen sich mit Zeichensprache, bevor sie ihr erstes Wort sprechen und schreiben ihre ersten Sätze, bevor der erste Milchzahn ausfällt. Früh übt sich – sonst sieht es später düster aus Das Thema Frühförderung wird in den preschools natürlich ganz groß geschrieben, so dass die Kinder sich hier viel früher mit Themen auseinandersetzen (müssen/ dürfen), die bei uns in Deutschland bis zum 1. Schuljahr fest unter Verschluss bleiben. Aber auch außerhalb der preschool begegnet uns das Thema überall im Alltag, z. B. beim Einkaufen und bei der Kinderärztin. „There is a time when a door opens and the future comes in and it’s the first five years. The first five years are forever – Early Education.“ – Slogan der PNC-Bank , der auf breitem Banner im Supermarkt und vor der Bank in Morristown …
Lesen mit 4 Jahren
Warum hier die meisten 3-Jährigen schon alle Buchstaben kennen und wieso es DVD-Serien für Kinder ab 1 Monat (!) gibt. Und von der unglaublichen Tatsache, dass amerikanische Eltern darüber staunen, dass auch Kinder, die erst mit 6 Jahren lesen lernen, ein erfolgreiches und zufriedenes Leben führen können. Zur Einstimmung auf das Thema „Lesen“ kommt hier ein Ausschnitt aus der Sesamstraßenfolge „Learning about letters“: Experte ist der gelb gefiederte Riesenvogel Bibo („Bird“), der allen hilft – ganz gleich, ob Baby Bear (who has still trouble remembering his letters) oder auch Snuffy (einem mammutähnlichen Tier mit langem Rüssel, riesigen Augen und langen Wimpern): Bird (zu den Zuschauern): „Oh hi, I’m glad you’re here.“ Snuffy (ins Publikum): „And I’m glad you’re here, too, ’cause today we’re gonna get to go through the whole alphabet. Right, Bird?“ Bird: „Right, Snuffy. And we’re gonna read some words.“ Snuffy: „Words, Bird? Aren’t I too little to be reading words?“ Bird: „Too little?“ (er lacht laut) You are four and a half years old! …“ Es folgt der „ABC-Song“, der „C is for cookie“-Song mit Krümelmonster und natürlich der „la la la song“ von Ernie und Bert, in dem alle Buchstaben des Alphabets mit Gegenständen, die mit dem jeweiligen Buchstaben anfangen, nacheinander vorgestellt und mit Schriftbild eingeblendet werden – für 30 Minuten. Das Motto: „Get ready to sing, dance and laugh all the way from A to Z!“ – Ja, jetzt geht die Party richtig los! „Do you know your ABCs?“ Unsere Erfahrungen mit dem Thema „Literacy“ Am allerersten Schultag fragte uns eine Lehrerin von Tims Schule mit Blick auf Ole (damals 4 Jahre): „And, does he know his ABCs?“ Ich wusste damals nicht, was ich sagen sollte… Was wollte sie wissen? Ob er seinen Namen schon buchstabieren kann? Er war doch erst 4 Jahre – genau wie Snuffy aus der Sesamstraße ;-). Inzwischen haben wir uns daran gewöhnt, dass wir als Eltern eines 3-Jährigen und eines 5-Jährigen schon mal öfter gefragt werden: „Kennt er denn schon alle Buchstaben? – Does he know his ABCs?“ Das ist so eine Art „Gesprächsaufhänger“ mit Kindern, wie man eben …
Safety issues
Also, diesen Monat bin ich mal wieder in Sachen „gesunder Menschenverstand in Bezug auf Sicherheit“ an meine Grenzen gestoßen – vor allem, was den Bereich „Muttersicherheitsbedürfnis“ für Kinder angeht. Hier scheint alles verdreht, und ich liege verrückterweise irgendwie immer daneben – sowohl in die eine als auch in die andere Richtung: Ich spüre noch ziemlich stark die Nachwehen vom Schneesturm Ende Oktober – mein „Urvertrauen“ in unsere Sicherheit hier ist zurzeit etwas angekratzt. Mich belasten die gigantischen Äste, die noch bis Mitte November über unserer Wiese und über dem driveway baumelten, bis sie dann endlich abgeschnitten wurden. Das dumpfe, intensive Aufschlagen der abgeschnittenen und auf den Boden aufschlagenden Holzstücke hängt mir immer noch nach. Die, die senkrecht fallen, rammen sich in den Boden ein und stecken danach fest – ich habe immer Angst um die Kids und meine Fantasie läuft manchmal Amok. Mit meinem deutschen „Muttersicherheitsbedürfnis“ für die eigenen Kinder bin ich – jedenfalls was die Naturgefahren angeht – nicht gut gerüstet hier. Die Amerikaner/innen scheint das alles jedoch nicht zu belasten und sie leben weiter seelenruhig in ihren Holzhäusern. Ich frage mich, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, in den USA von einem Baum bzw. Ast erschlagen zu werden? Mit Sicherheit (haha, doofes Wort 🙂 ) um 100 Prozent höher als in Deutschland. Aber das wird hier wohl unter „normales Lebensrisiko“ abgebucht. Und während einerseits irgendwo schwere Bäume umkippen, sorgen sich die Leute andererseits, dass eine Person, die ihre Kinder auf dem Schulweg anspricht, ein Entführer bzw. eine Entführerin sein könnte – drei entsprechende Warn-E-Mails sind diesen Monat schon vom school district reingekommen (gibt es denn direkt drei Verrückte hier???). Ich warne euch – sprecht NIEMALS ein Kind oder einen Jugendlichen auf dem Schulweg an! Da könnt ihr ganz schnell in Schwierigkeiten geraten, selbst wenn ihr nur nach dem Weg oder eurem eigenen Kind fragen wollt. Was ich wiederum gut finde, ist ein Programm in der Schule, bei dem die Kinder schon sehr früh auf diese Situationen vorbereitet werden, indem man ihnen Handlungsanweisungen gibt: Wenn dich z. B. ein Fremder aus dem Auto anspricht: weglaufen und schreien! Oder auch …
Mixed feelings
Wir haben im Moment weder Zeit, uns ausgiebig auf Deutschland zu freuen, noch uns unserem Abschiedsschmerz hinzugeben – dafür steht zu viel auf unseren To-do-Listen. Und wenn uns jemand fragt, wie wir uns fühlen, dann ist die Antwort: „We have mixed feelings.“ Das ist nicht nur eine diplomatische Antwort, sondern gleichzeitig die Wahrheit – ein lachendes und ein weinendes Auge, wie sollte es auch anders sein … Wir sind im maximalen „Spagat“: „Winding down“ – also alles langsam runterfahren, abmelden, vieles „zum letzten Mal“ machen, Reste essen, ausmisten, ausmisten, ausmisten … Und „unwinding“ – also mental Abschied nehmen von unserem Alltag hier, Abschiede feiern, traurig sein – und gleichzeitig unser Leben in Deutschland vorbereiten. Heißt: Kinder in den Schulen/im Kindergarten anmelden, nach Sportvereinen und anderen Freizeitaktivitäten Ausschau halten, unser Haus für die Familie vorbereiten, Ferien strukturieren … Da wird einem schon manchmal schwindelig, denn unser Alltag hier läuft ja auch voll weiter. Das Ende des Schuljahres steht unmittelbar bevor, und es gibt wie immer viele Extraaktionen wie Klassenpartys, Picknicks und field trips. Der amerikanische „summer“ ist für alle eine natürliche Zäsur im Jahresverlauf, aber wir kommen nach diesem „summer“ eben nicht mehr zurück – „we are gone for good“. Das ist schwer zu kapieren. Ich bin eigentlich ganz fit, was die normale Organisation unseres Haushaltes angeht. Aber mit diesem Projekt komme selbst ich an meine Grenzen. Jedenfalls bin ich bei der abendlichen Gute-Nacht-Geschichte oft die erste (und einzige), die einschläft. Und das, obwohl ich es bin, die vorliest … 🙂 Und auch, wenn hier alle ein bisschen unruhig werden und ungewöhnliche Dinge im Haus passieren, ist auf die squirrels Verlass. Sie sind völlig unbeeindruckt von der commotion und frech wie immer. Unsere Garage ist schon fast ein Stammplatz für sie (wenn wir mal wieder ein Tor aufgelassen haben) und sie stecken sogar manchmal den Kopf bei uns durch die Türe im family room. Theo (9) versucht, einige zu fangen und hat als Köder Vogelfutter im Wägelchen verstreut (ein Leckerbissen für sie). Kurze Zeit später kreisen direkt mehrere mächtige Greifvögel über die Szene (das war von uns nicht beabsichtigt) – …
How are the kids coping?
Jeden Tag, der uns näher an den Abflug rückt, stehen mehr Kisten herum, verschwinden persönliche Sachen (wie z. B. gemalte Bilder von den Kids) und das Haus wird ein bisschen weniger unseres. Die Kinder bekommen das natürlich auch mit – und drehen mehr auf bzw. werden anhänglicher (finde ich). Schon vor Wochen hatten wir die ersten nassen Betten. Theo ist vor einigen Tagen 10 Jahre alt geworden. Er ist damit offiziell ein „tween“ – also ein „between“ Kind und Teenager – und man merkt es ihm an! Er hatte am Freitag direkt seine ganze Klasse zur Party eingeladen. Hinterher war er traurig und sagte, dass es ihm das Herz schwer gemacht habe. Ebenso trauert er jetzt schon seit längerem seiner „science class“ hinterher, die er so geliebt hat. Er pfeift und singt im Moment fleißig die amerikanische Nationalhymne (keine Ahnung, woher er die jetzt hat …) und reagiert super defensiv („Hast du etwa was gegen die USA?“), wenn ich ihn – ein wenig genervt – darum bitte, doch damit mal aufzuhören. Auf der anderen Seite möchte er weiterhin mittwochs früher aus der Schule abgeholt werden, damit wir die Deutsch-Nachhilfe machen (damit hatten wir im Mai aufgehört, weil die anderen Dinge so drängten). Tim (8) wirkt noch recht entspannt, aber ab und zu merkt man es doch. Er hatte schon vor über einem Monat einen Brief von einem Klassenkameraden über die „Schulpost“ (Wee Deliver Postal Service) bekommen: „You are leaving in 33 days. I´m so sad that you are going. I want to have more playdates with you before you go.“ Wir tun, was wir können. Im Auto höre ich dann zufällig eine Unterhaltung mit eben jenem Freund mit an und bin platt: „Do you think it would have been better if we had not met? Then we would not be sad now.“ Ist doch ein tiefsinniger Gedanke für 8-jährige, oder? Tim wird auch unruhig, wenn er an die deutsche Schule denkt. Er hatte ja hier einen ziemlich harten Einstieg. Im Moment fragte er mich öfter, wie diverse deutsche Wörter buchstabiert werden und erzählt Freunden von seiner ersten Zeit …
… und Vorfreude
Theo und Tim werden übrigens direkt für zwei Wochen in ihre deutsche Schule gehen, bis die deutschen Sommerferien starten. Und in den Ferien gibt es dann Schreibschrift für Tim und deutsche Rechtschreibung für Theo. Wir werden unsere Koffer auspacken, auf den Container warten, alle Kisten auspacken und für alles wieder einen Platz im Haus finden. Ich habe mittlerweile eine Allergie gegen Kisten, aber es hilft ja nichts. Wir wollen – bzw. ich will – sofort wieder einen Rhythmus in unser Leben bekommen, denn vier Kinder im „luftleeren Raum“ sind so mit das Anstrengendste, was ich mir vorstellen kann. Aber nun stehen ja erst mal die Sommerferien an, von daher wird echte Routine wohl noch auf sich warten lassen. Die Ferien können wir immerhin schon mal nutzen, um den ersten Kulturschock hinter uns zu bringen und etwas aufgeräumter in die aufregende deutsche Schulzeit zu starten. Ole ist dann unser i-Dötzchen, Tim kommt ins dritte Schuljahr und Theo aufs Gymnasium. Wir werden also erst einmal drei Schultüten und drei Tornister besorgen müssen. Paul darf noch ein Jahr in den deutschen Kindergarten – wie gesagt, er hat eigentlich keine Lust mehr auf „Buddeln“, aber ich hoffe ja immer noch, dass er daran Geschmack finden wird. Ich werde erst im Mai nächsten Jahres wieder in meine Schule zurückgehen. Ich würde zwar lieber heute als morgen zurück, möchte unser Einleben in Deutschland aber auch nicht zu sehr „auf Kante nähen“. Diesmal bin ich auf einiges gefasst, und mittlerweile kenne ich auch die „W-Kurve“ beim Anpassungsprozess – das zweite „Tal“ steht uns nämlich bei der Rückkehr in die Heimat bevor („It’s my second time around!“). Und dann noch „re-connecten“ – die Zeit ist ja in Deutschland auch nicht stehen geblieben. Neue Kinder da, andere Menschen weg, unsere „Lücke“ ist längst geschlossen – also einfach irgendwo anfangen. Das wird eh einige Zeit dauern. Wie gut, dass die Europameisterschaft gerade läuft: Deutschland ist im Fußballfieber, alle Leute sind in Feierstimmung, und das Leben scheint den Deutschen in diesen Zeiten einfach mal fröhlich und leicht von der Hand zu gehen – gute Voraussetzungen, um uns damit die Umstellung etwas …
New Jersey runterfahren – Deutschland hochfahren
Bei uns geht es jetzt richtig zur Sache. Eine Nachbarin sagte mir zuletzt traurig: „So, you are winding down?“ Wörtlich heißt das „ruhiger werden, etwas nach unten kurbeln“. Aber ich habe eher das Gefühl, dass es jetzt erst richtig stressig wird. So steht der Mai im Zeichen von Entmisten und Aufräumen hier und in Deutschland – eine Woche in New Jersey und eineinhalb Wochen in Deutschland für mich. Währenddessen geht unser Alltagsleben in voller Fahrt weiter. Dazu kommen die ersten Abschiede (von meiner Deutschen Schule und meinen Schulkindern), aber auch mental wird es anstrengend, zum Beispiel wegen Oles (6) Perspektiven in Deutschland – wir hängen voll zwischen beiden Welten und Zuständen, stehen mit jeweils einem Bein in den USA und einem in Deutschland. Manchmal bin ich etwas überwältigt. Marc hat ebenfalls das volle Programm auf beiden Seiten des Atlantiks – sein Büro hier alleine „zum Fliegen“ bringen, Leute positionieren und dann selbst wieder in Deutschland Fuß fassen. Zur Vorbereitung fliegt er zwei Wochen nach Deutschland. Marc erzählt: Als ich aus Deutschland weggegangen bin, habe ich eine Lücke hinterlassen, die sich in den vergangenen zweieinhalb Jahren geschlossen hat. Ich muss mir also eine neue Aufgabe und eine neue Rolle suchen. Das wird sicher nicht einfach und meine Kollegen werden sich bedanken, wenn ich einfach so auftauche. Außerdem ist die deutsche Kultur an vielen Stellen doch total anders und ich habe großen Respekt vor der Aufgabe, in Deutschland wieder Fuß zu fassen.
Unsere Jobs in Deutschland
Zuerst ist Marc für zwei Wochen in Deutschland und „kümmert“ sich um seinen Job. Schon seit Monaten führt er mit seiner Firma Verhandlungen, es ist von „Umstrukturierung“ die Rede. Als ich dann auf einmal etwas von „China“ höre, ziehe ich die Handbremse: Die letzten drei Jahre als „Stay-at-home Mom“ reichen mir, jetzt will ich endlich auch wieder arbeiten gehen! Ich bekomme Panik, dass ich auf den häuslichen Arbeiten „sitzenbleibe“. Beim Umzug nach Deutschland geht es bei Marc und mir auch um die Neuverteilung von Ressourcen, und wir beide müssen unsere Gebiete neu abstecken. Das wird noch ein ziemliches Armdrücken und die Stimmung ist stellenweise auf dem Nullpunkt. Aber da müssen wir wohl durch. Als Marc zurück in die USA kommt, machen wir fliegenden Wechsel am Flughafen: Ich bekomme die Haustürschlüssel vom Haus in Deutschland, er die Schlüssel vom Auto, mit dem ich zum Flughafen gekommen bin. Es bleibt Zeit für ein Essen am Airport und dann bin ICH für eineinhalb Wochen weg.
Unsere Kids beim Zahnarzt
Was Sonnenbrillen und cookie dough-Geschmack mit dem Zahnarzt zu tun haben und warum ich als Rabenmutter abgestempelt werde. Und warum uns nach diesem Horrortrip nur noch ein apple cider mit Sahne und die goodie bags besänftigen können. Unser erster Besuch einer zahnärztlichen Praxis für Kinder war eine Steigerung zu meiner Zahnarzt-Erfahrung. Eigentlich sogar grauenvoll, jedenfalls für mich. Es ist lange her (wir leben ja jetzt schon seit zwei Jahren hier), dass mich etwas hier so auf dem linken Fuß erwischt hat. Dafür kam es jetzt umso so heftiger. Und so war‘s: Die halbjährliche Zahn-Routine-Untersuchung stand an. In Deutschland haben wir die immer in den Ferien hinter uns gebracht. Was ich wusste: Ein strahlend weißes (=gesundes) Gebiss ist in den USA viel wichtiger als in Deutschland. Hier einige Werbesprüche von diversen Praxen: „Your smile is your gateway to your personality.“ „Zoom! One Hour Whitening.“ „Smile Makeovers – now a movie star smile is as close as your mirror.“ „Dr. X has been handcrafting smiles for over 25 years.“ „Call us today for a beautiful new smile.“ „A healthy smile for a lifetime.“ Zunächst hörte sich bei meiner Recherche im Internet alles sehr verlockend an: Eine zahnärztliche Praxis für Kinder warb damit, dass sie besonders geschult sei im Umgang mit Kindern und „that it is so important for children to learn that going to the dentist can be fun“. Hört, hört! Wir haben uns dann für eine Praxis für Kinder hier in der Nähe entschieden, die sich auf ihrer Webseite kunterbunt, mit lachenden Kindern und Luftballons präsentierte – aber von wegen … Was ich nicht wusste: Zu einem Routinetermin für Kinder ab zwei bis drei Jahren gehören immer eine Untersuchung, eine professionelle Reinigung und eine Fluorbehandlung. So ging es los: Wartezimmer: Teppich, alte „Sperrmüllmöbel“ und lautes TV (nervig). Behandlungszimmer: ein fensterloses „Großraumbehandlungszimmer“ mit (Stell)wänden zwischen den Kindern. Es gibt wenige Türen, aber die, die da sind, stehen offen, auch wenn ein Kind gerade behandelt wird. Paul und Ole liegen „im Flur“, alle latschen hin und her, auch ein kleiner Junge mit Gipsbein samt Eltern humpelt vorbei (er kommt in ein separates …