„Candy of the month“

Ganz, ganz wichtig hier ist der „Candy Cane“, eine rot-weiß gestreifte Zuckerstange, die oben wie ein Spazierstock gebogen ist. Das Typische daran: Candy Canes sind sowohl Süßigkeit als auch Dekoration. Man findet sie beleuchtet in Vorgärten, viele Leute hängen sie aber ebenso als Dekoration in den Weihnachtsbaum. Paul (4) bastelt mit Pfeifenputzern und roten und weißen Perlen jeden Tag einen Candy Cane in der preschool, und die Zuckerstangen sind auch das typische „Mitbringsel“ für Kinder in der Weihnachtszeit. Die Ursprünge dieser Süßigkeit lassen sich übrigens bis ins 17. Jahrhundert nach Köln zurückverfolgen, wo der Chormeister sie seinen jungen Sängern in die Hand drückte, damit sie während der langen Messe ruhig auf ihren Sitzen blieben (steht zumindest so auf einer der Packungen).  

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Tatü – Tata – der Weihnachtsmann ist da

Kurz vor Weihnachten kommt das Feuerwehrauto mit heulender Sirene und rot-blauem Geblinke durch die Wohngebiete gebraust – Santa Claus höchstpersönlich verteilt Candy Canes an alle Kinder, die aus ihren Häusern kommen und dem Weihnachtsmann winken. Klar, Ole und Paul wollen auch und laufen schnell zur Straße. Irgendwie scheinen die Feuerwachen hier bei „Santa-Specials“ sehr kreativ zu sein. Mt. Kemble’s Fire Trucks bieten für 15 Dollar pro Geschenk einen „Abhol-, Einpack- und Santa-Lieferservice“ an, bei der Fairchild Fire Company gibt es „Pancake Breakfast“ und „Photos with Santa“, und bei unserer Feuerwache um die Ecke gibt’s jede Menge Weihnachtsbäume zu kaufen.  

Auf der Suche nach dem Christmas Spirit

Ja, auch hier gibt es ganz viel Rummel um die Geschenke, und die Geschäfte werden vor Weihnachten eindeutig voller – aber das ist wohl keine Überraschung. Per E-Mail bekomme ich jeden Tag von diversen Firmen Angebote mit ziemlich vielen „promotional discount codes“ (Rabatt-Angeboten): 40% off one thing, free shipping, 30% off everything, buy one, get one free“ usw. In der letzten Woche vor Weihnachten erreichen die Angebote dann ihren Höhepunkt: „40% off everything“. Und nach Weihnachten gibt es sogar oft „60-80% off everything“.

Ho-Ho-Ho-liday books!

Hier gibt es viel zum Thema Weihnachten, u. a. Klassiker wie „A Christmas Carol“ von Dickens, jede Menge Fotobände wie „Christmas in the USA“, Koch- und Backbücher mit unglaublichen Kreationen, wie die Kids sie sonst nur mit grellem Knetgummi machen, „Christmas with the First Ladies“, das Dekorationen von Mrs. Kennedy bis Mrs. Obama zeigt, oder „The ugly Christmas Sweater Book“. Aber diese Tradition von Strickpullovern mit Weihnachtsmotiven für Erwachsene haben wir in Deutschland ja Gottseidank nicht … Was mich dann aber so richtig in seinen Bann zieht und nicht mehr loslässt, ist die Kinderabteilung: eine Fantasiewelt mit Elfen, Wildtollen, Lebkuchenpiraten, sprechenden Schneemännern, Rentieren, Nussknackern, Weihnachtspferden und natürlich dem Weihnachtsmann – manches verwunschen und vieles verzaubert!   Der Geist der Weihnacht auf bunten Seiten Jede Menge große Bücher zum Anschauen und Vorlesen – mit tollen Hochglanz-Umschlägen, ansprechenden großen Bildern und wirklich schönen Geschichten. Klar, einige Bücher sind zugegebenermaßen auch scheußlich und kitschig. Aber insgesamt bin ich überrascht, denn in den Büchern geht es definitiv nicht nur um Geschenke, sondern um das, was Weihnachten so besonders macht, wie auch immer man das bezeichnen mag. „Christmas spirit“ und „magic“, eingebettet in Geschichten mit echten Kindern: Es geht um Schnee-Engel, mit denen man seine Liebe zu anderen Leuten schicken kann, um ein Glöckchen vom Rentiergeschirr, das nur Kinder und die Leute hören können, die noch an Weihnachten glauben (Oles Lieblingsbuch), um eine kleine Maus namens Mortimer, die vom Kellerloch hocherfreut in eine Krippe einzieht, aber nachdem sie die Weihnachtsgeschichte gehört hat, doch lieber ins Lebkuchenhaus übersiedelt (Tims Lieblingsgeschichte) und natürlich um das rotnasige Rentier „Rudolf“, das von allen anderen Rentieren gemieden wird und dann am Ende doch noch ganz groß rauskommt (Pauls Lieblingsbuch). Theo liest inzwischen lieber selbst – er ist der einzige, den ich nicht immer eingefangen bekomme, wenn ich mich mit einem Buch zum Vorlesen hinsetze – die anderen drei lassen alles stehen und liegen, hören hochkonzentriert zu und tauchen völlig ein in diese Fantasiewelten.   The Polar Express – Oles Lieblingsgeschichte. Ole (6) malt die Geschichte vom Polarexpress, der zum Nordpol fährt, wo die emsigen Elfen (kleine, rot-grün gekleidete Wesen) in …

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Vorsicht Fettnäpfchen!

Die Festzeit im Moment ist eine gute Gelegenheit, den Nachbarsfamilien mal etwas diskret in den Vorgarten zu spinksen – dachte ich zumindest. Also, alle unsere Nachbarsfamilien, die mit rot-weißen Candy Canes ihren driveway beleuchten, die dicke grüne Kränze an der Tür und hell erleuchtete Tannenbäume im Wohnzimmer haben, die feiern Weihnachten. Und sind damit aller Wahrscheinlichkeit zumindest gemischt-gläubig. So weit, so gut. In unserer Nachbarschaft (30 Häuser) gibt es aber nur ein einziges Haus, das mit einer Menorah geschmückt ist – dabei haben wir mindestens zehn jüdische Familien hier! Tja, da ging meine Rechnung wohl nicht auf.   Und trotzdem: Obwohl ich inzwischen eigentlich weiß, wer in unserer Straße jüdischen Glaubens ist (von denen, mit denen wir Kontakt haben), stellt mir mein Gehirn immer wieder Fallen. Wenn Nachbarinnen, die keine Weihnachtsbeleuchtung im Garten haben, mich fragen „What are you doing for Christmas?“, dann stelle ich fast reflexartig die Gegenfrage „What are you doing for Christmas?“ Und sobald es raus ist, haue ich mir auf den Mund und fühle mich mal wieder so richtig ertappt. Die Leute haben bisher immer abgewunken und gesagt „Oh, it’s o.k.“, aber ich fühle mich immer wie ein Volltrottel. Dabei hatte ich mir geschworen, dass mir das nach Rosh Hashana, wo ich auch ins Fettnäpfchen getreten war (da hatte ich nur blöd geguckt, als mir eine Nachbarin mitten im September erzählte, dass sie mit der Familie große Neujahrsfeier gehabt hätte), nicht mehr passieren würde, aber 40 Jahre „Monokultur“ kann man nicht einfach wegwischen … Politisch korrekt gibt es für jedes der Feste eine Sondermarke bei der Post zu kaufen. De facto muss man allerdings zugeben, dass die Weihnachtsdekorationen hier so allgegenwärtig und übermächtig sind – da können die Menorahs nicht mithalten. In einem Zeitungsartikel im Wallstreet Journal steht ganz klar, dass als Antwort auf den Weihnachtstaumel Tendenzen zu beobachten sind, dass auch Hanukkah immer größer gefeiert wird: Viele Familien schmücken ihr Haus mit blauen und weißen Lichtern, Kinder feiern „latkes on roller skates parties“, Jugendliche machen „Vodka und Latkes Parties“, es werden Dreidel-Wettbewerbe im Land abgehalten und in NYC gibt es sogar eine gut besuchte Striptease-Show …

Diskussionen um politisch korrekte Happy Holiday

Was ich mich frage: Wie erklären jüdische Eltern ihren Kindern, dass sie nicht an den Weihnachtsmann glauben, bzw. dass es ihn nicht gibt, wo er doch überall herumsteht? Und was sagen jüdische Kinder in der Schule zu ihren christlichen Klassenkamerad/innen, wenn die Sprache auf Santa kommt? Was antwortet man wohl als Lehrkraft, wenn ein verweintes Kind nach einer Diskussion mit einem anderen Kind fragt, ob es den Santa nun gibt oder eben nicht. Irgendwie ist die Sache doch etwas komplizierter, und auch getrennte Briefmarken können die Klippen im Alltag nicht umschiffen. Was machen Familien, in denen die Eltern verschiedene Religionen mitbringen? Keine Ahnung – ich weiß nur von unseren Freunden, dass sie einfach beides feiern. Die Verwandten des Vaters feiern Hanukkah-Partys, und dann kommt an Heiligabend noch Väterchen Frost aus Ungarn zu ihnen nach Hause. Wenn man damit aufwächst, ist es vielleicht doch nicht so kompliziert, wie es für mich scheint.   Bei uns zu Hause haben wir jedenfalls lebhafte Diskussionen darüber. Ist „Happy Holiday“ nun eine politisch gewollte, völlig unhandliche und unnatürliche Formel (Marc) oder eine wirklich hilfreiche, gleichstellende Grußformel? Ich stoße mich jedenfalls nicht daran und benutze sie einfach, wenn ich mir nicht sicher bin, wen ich als Gegenüber habe. Welche Alternative gibt es denn auch?

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Unsere erste deutsch-amerikanische Weihnacht

Und wie sieht es nun bei uns zu Hause aus? Warten aufs Christkind … oder doch auf den Weihnachtsmann? Während ich ihm gegenüber letztes Jahr innerlich sehr skeptisch eingestellt war und ihn als Konkurrenz zu unserem lieblichen, unsichtbaren Christkind gesehen habe, bin ich dieses Jahr schon offener. Die Kinder stellen weder ihn noch das Christkind in Frage. Und wenn uns mal wieder ein Weihnachtsmann auf der Straße begegnet, sagen die Kids nur, dass das wohl schon wieder so ein „pretend Santa Claus“ war – und „gut is“.   Verwirrung um Tage und Jahreszeit Etwas verwirrender ist für die Kids im Moment der Zeitpunkt der Bescherung. Ihr wisst, dass die Amerikaner/innen am 25. Dezember morgens ihre Geschenke auspacken. Etwas irreführend ist die Bezeichnung der Festtage. Der 25. Dezember ist offiziell „Christmas Day“ (so weit, so gut), während „Christmas Eve“ der Abend des 24. Dezembers ist (und nicht etwa der Abend des 25., der hier nicht mehr so wichtig ist). Ole besteht am Morgen des 24. Dezembers darauf, dass ich sein selbstgebasteltes Geschenk aufmache, weil seine Lehrerin gesagt hatte, dass ich es am Morgen des „Christmas Day“ aufmachen sollte (was zwar eigentlich der 25. Dezember hier ist, aber das versteht er nicht). Genauso funktioniert das mit „New Year’s Eve“ (Abend des 31. Dezembers, bei uns „Silvester“) und „New Year’s Day“ (1. Januar). Wir haben auch ein bisschen gerätselt, was es denn mit den „Twelve Days of Christmas“ auf sich hat, einem beliebten Kinderweihnachtslied. Wieso jetzt auf einmal zwölf? Der Trick ist, dass das ursprünglich aus England (oder Frankreich, da ist man sich nicht einig) stammende Lied nicht die Tage vor Weihnachten, sondern die nach Weihnachten bis zum 6. Januar zählt. Richtig ins Wackeln kommt die Welt unserer Kinder allerdings erst, als Vitoria erzählt, dass in Brasilien der Weihnachtsmann genau um Mitternacht kommt und dass es dort im Moment richtig heiß ist. Das passt noch nicht mal in Theos Kopf: Er kann absolut nicht verstehen, dass es im Dezember irgendwo Sommer ist. Und er fragt immer wieder nach, ob in Brasilien vielleicht nicht doch gerade Juli ist. Also, Weihnachten am Strand mit Shorts …

Präsentationen auf einem Bein

Und hier noch eine kleine Geschichte zum Nikolaustag an meiner deutschen Schule: Meine Klasse (amerikanische Kinder zwischen 12 und 13 Jahren) macht mit bei einem Wettbewerb zum Thema „Deutschland – seine Vielfalt und seine Regionen“, zu der sich hoher Besuch vom Ministerium der Schulen USA-Nordost ankündigte. Genau in der Nikolauswoche ist der Fachberater im Klassenraum mit dabei, um sich die Vorträge anzuhören. Der Nikolaus kommt an diesem Tag auch bei uns in der Deutschen Schule vorbei, und so ziehen meine Schulkinder alle EINEN Stiefel oder Schuh zu Beginn des Unterrichts aus und stellen diesen vor die Tür. Den anderen lassen sie an. Die Kids präsentieren nun hintereinander vor der Schulleitung, dem Fachberater und mir ihre Poster. Sie erzählen uns etwas über die verschiedenen deutschen Bundesländer, berichten von ihren deutschen Opas, die Thüringer Bratwürste braten, von Fahrradtouren in den Weinbergen, und ein Junge zeigt stolz die handsignierten Fußballschuhe eines deutschen Fußballvereins der dritten Liga (von dem ich noch nie etwas gehört hatte – wie gut, dass der Fachberater Ahnung vom Fußball hatte). Während der Präsentationen wackeln sie nun alle vor uns hin und her. Einige stehen auch wie ein Storch auf einem Bein oder sie versuchen, durch Stehen auf den Zehenspitzen den fehlenden Schuh auszugleichen … der Fachberater, meine Schulleiterin und ich schmunzeln die ganze Zeit in uns hinein. Denn, egal wie albern, cool oder kratzbürstig sie als Teenager manchmal sein können, hier sind sie einfach „ADORABLE“ (auf Deutsch: hinreißend, bezaubernd, liebenswert). Nach Abschluss der Vorträge stürmen dann alle zur Tür und, welche Aufregung: Ja, der Nikolaus war da!

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Ausflug zum Christmas Coach

Letztes Jahr sind wir nur ins Nachbarstädtchen nach Whippany zum „Santa Claus Special“ gefahren (https://www.whippanythepolarexpressride.com, seit 2016 „Polar Express Train“). Aber diesmal wollen wir zu einer echten Dampflok – es geht also ins Amishland in Pennsylvania nach Strasburg. (https://www.strasburgrailroad.com/christmas-trains). Die lange Fahrt hat sich gelohnt – es gibt eine verwunschene Weihnachtstimmung mit einem Hauch Nostalgie. Auf dem Bahnsteig begrüßen uns „carolsingers“ in traditioneller Kleidung und singen fröhliche Weihnachtslieder, dahinter steht die größte Dampflok, die wir je gesehen haben: echte Kohleöfen in den Waggons, blaue Samtbezüge, das Holz innen auf Hochglanz poliert, alles top in Schuss. Und los geht die Fahrt – mit dicken Rauchschwaden: Santa steigt auf offener Strecke mit Elfen ein: „Say cheese“ – jeder bekommt ein Foto mit Santa. Tatsächlich wird „Engel auf den Feldern singen“ (auf Deutsch!) im Zug gespielt! Der letzte Waggon ist der „story telling caboose“ – am Kohleofen sitzt eine in einen Poncho gehüllte „Oma“ mitten in Büchern: “What would you like next“ – der perfekte Platz zum Aufwärmen und Zuhören.  

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Unser Heiligabend

Am Heiligabend sind wir nachmittags bei Freunden zu Kaffee und Kuchen eingeladen. Das heißt, vielmehr zu eggnog und Kuchen. Diese dicke, sehr süße Milch mit aufgeschlagenen Eiern und einer Prise Muskat wird mit bunt gemischten Keksen serviert. Das alte Haus unserer Freunde ist wunderschön renoviert, überall liegen „Hohoho-Kissen“ auf den Sofas, an den Kaminen stehen jeweils ein Meter große Nussknacker und für jedes Familienmitglied hängen dort auch schon dick gefüllte stockings (lange Strümpfe) – ein sehr gemütlicher Einstieg in den Heiligabend.   Kirche mit Funkmikro und goldenen Tellern Kirche gehört für mich auf jeden Fall mit zu Weihnachten, daher suchen wir uns einfach eine von den vielen Gotteshäusern aus, die schon Wochen vorher Plakate aufgestellt haben und einladen, an Weihnachten zum „Carol-Singen“ oder „Krippenspiel“ vorbeizukommen. Wir gehen direkt mit unseren Freunden zu Fuß in die Presbyterianische Kirche am Markplatz in Morristown und der Priester begrüßt uns persönlich mit Handschlag: „Merry Christmas!“ Ein guter Anfang, der Verbindung schafft. In der Kirche steht ein Flügel, eine Stars and Stripes hängt vorne im Chor, überall rote Christrosen und sogar ein Adventskranz mit drei lila Kerzen und einer rosa Kerze. Es ist nicht so überfüllt wie bei uns und die Leute singen kräftig mit. Die Orgel hat einen „Gang“ mehr als bei uns – sie schaltet nicht nur mit jeder Strophe mehr „Fülle“ mit ein, sondern in der letzten Strophe kommt eine sehr angenehme „Glöckchentonstimme“ mit dazu. Damit bringt sie stimmungsvolle Leichtigkeit in die durchaus feierlichen Lieder.   Der Priester führt mit Funkmikro am Kopf durch die Messe. Ähnlich wie in Deutschland gibt es ein von Kindern aufgeführtes Krippenspiel und einen Kinderchor in blauen, wallenden Gewändern. Die Weihnachtsgeschichte wird aus der Kinderbibel vorgelesen, es wird gesungen, die Adventskerzen werden nacheinander angezündet und die Kollekte wird eingesammelt – verrückterweise nicht im „Beutelchen“, sondern auf einem goldenen Teller, wo man genau sehen kann, was die Person vor einem so drauflegt. Alle Kinder sind herausgeputzt, vor allem die Mädchen tragen wieder ihre „Prinzessinnenkleider“. Viele mit nackten Armen – wie halten die das nur aus bei der Kälte? Die Messe war kurzweilig, und am Ausgang bekommen wir – …