Spielspuren

Eine Sorge, die ich zu Beginn unseres Aufenthaltes hier hatte, bin ich in dem ganzen Durcheinander aber definitiv los: Die Angst, Ärger mit unserem Vermieter zu bekommen, weil unsere Jungs den gemieteten Garten so „auseinandernehmen“ könnten. Nun muss ich sagen, dass die „Spielspuren“ unserer Kinder im Vergleich zu den Einwirkungen der Natur hier komplett vernachlässigbar sind.

Im Laufschritt Richtung Christmas

Wie ihr seht, war wirklich viel los in den letzten Wochen. Meine Hummeln im Bauch, mal rauszukommen und etwas zu erleben, geben jedenfalls erst mal Ruhe. Wir zehren immer noch vom Thanksgiving-Festmahl, und so langsam kann niemand von uns mehr „turkey sandwiches“ sehen. Ole verkündet sofort nach Thanksgiving, dass er sich auf Weihnachten freut. Und vor ein paar Tagen habe ich auch tatsächlich das erste Auto mit Weihnachtsbaum auf dem Dach vorbeifahren sehen. Die Bäume sind inzwischen ziemlich kahl, dafür sieht man überall noch lose Äste in schwindelerregenden Höhen baumeln. Die Laubpuster röhren wieder. Und wenn sie weg sind, ist es ungewohnt ruhig draußen – das Zirpen der crickets ist inzwischen auch verstummt.   Ab und zu sieht man noch mal ein chipmunk (Streifenhörnchen) vorbeihuschen, vielleicht auf der Suche nach einem guten Winterquartier. Dafür fallen hier wieder unglaublich große Schwärme von Starenvögeln ins Land ein. Bei einer Fahrradtour habe ich mit offenem Mund gestaunt – der ganze Waldboden war für einige Minuten von einer schwarzen, krächzenden Masse bedeckt, bevor sich die Truppe gemeinsam erhob, um sich ein paar Meter entfernt wieder niederzulassen – gespenstisch. Unser Garten ist übrigens jetzt winterbereit – wir haben gemeinsam aufgeräumt: Spielzeug, Pflanzen, Laub, alle haben mitgeholfen. Am Ende zeigt mir Paul stolz seinen Eimer voll abgepflückter Rhododendronknospen (schluck – ein bisschen Verlust ist immer).

Von lachenden und weinenden Augen, Countdowns und Siebensachen-Packen. Warum wir Schüttelkugeln und Baumstammscheiben verstauen, patriotisch „This land is your land, this land is my land“ schmettern und eine Schaukel endlich für Wackelzähne sorgt. Und wie sehr wir uns langsam auf Fleischwurst von der deutschen Metzgerei und richtigen Sand auf Spielplätzen freuen.   Anfang Juni sind es auf den Tag genau noch drei Wochen, bis wir in den Flieger steigen – am 21. Juni ist unser Rückflug – das ist schon krass … Im Vergleich zum letzten Monat zieht das Tempo noch mal heftig an – jetzt zählt fast jede Stunde. Naja, jedenfalls fühlt es sich so an. Nun steht für uns der endgültige Abschied von allem hier unmittelbar bevor – von unseren Freunden, unserem Haus, von Morristown und New Jersey, von unserem Leben hier in Amerika.

Mixed feelings

Wir haben im Moment weder Zeit, uns ausgiebig auf Deutschland zu freuen, noch uns unserem Abschiedsschmerz hinzugeben – dafür steht zu viel auf unseren To-do-Listen. Und wenn uns jemand fragt, wie wir uns fühlen, dann ist die Antwort: „We have mixed feelings.“ Das ist nicht nur eine diplomatische Antwort, sondern gleichzeitig die Wahrheit – ein lachendes und ein weinendes Auge, wie sollte es auch anders sein … Wir sind im maximalen „Spagat“: „Winding down“ – also alles langsam runterfahren, abmelden, vieles „zum letzten Mal“ machen, Reste essen, ausmisten, ausmisten, ausmisten … Und „unwinding“ – also mental Abschied nehmen von unserem Alltag hier, Abschiede feiern, traurig sein – und gleichzeitig unser Leben in Deutschland vorbereiten. Heißt: Kinder in den Schulen/im Kindergarten anmelden, nach Sportvereinen und anderen Freizeitaktivitäten Ausschau halten, unser Haus für die Familie vorbereiten, Ferien strukturieren … Da wird einem schon manchmal schwindelig, denn unser Alltag hier läuft ja auch voll weiter. Das Ende des Schuljahres steht unmittelbar bevor, und es gibt wie immer viele Extraaktionen wie Klassenpartys, Picknicks und field trips. Der amerikanische „summer“ ist für alle eine natürliche Zäsur im Jahresverlauf, aber wir kommen nach diesem „summer“ eben nicht mehr zurück – „we are gone for good“. Das ist schwer zu kapieren. Ich bin eigentlich ganz fit, was die normale Organisation unseres Haushaltes angeht. Aber mit diesem Projekt komme selbst ich an meine Grenzen. Jedenfalls bin ich bei der abendlichen Gute-Nacht-Geschichte oft die erste (und einzige), die einschläft. Und das, obwohl ich es bin, die vorliest … 🙂   Und auch, wenn hier alle ein bisschen unruhig werden und ungewöhnliche Dinge im Haus passieren, ist auf die squirrels Verlass. Sie sind völlig unbeeindruckt von der commotion und frech wie immer. Unsere Garage ist schon fast ein Stammplatz für sie (wenn wir mal wieder ein Tor aufgelassen haben) und sie stecken sogar manchmal den Kopf bei uns durch die Türe im family room. Theo (9) versucht, einige zu fangen und hat als Köder Vogelfutter im Wägelchen verstreut (ein Leckerbissen für sie). Kurze Zeit später kreisen direkt mehrere mächtige Greifvögel über die Szene (das war von uns nicht beabsichtigt) – …

View Post

Unser Juni-Countdown

Noch drei Wochen, dann werden wir in den Flieger nach Deutschland steigen. Bis dahin stehen noch unendlich viele Dinge an – natürlich ganz viel ausmisten und aufräumen, dazu zahlreiche Aktionen in preschool und Schule und dann natürlich ganz viele Abschiedsfeiern.   1. Juni Porsche wird abgeholt 8. Juni Theos Geburtstagsparty und Abschied von seiner Klasse 9. Juni Farewell-Party mit unseren Freunden bei uns im Garten 10. Juni Theos 10. Geburtstag 14. Juni Oles (6) „graduation“ in der preschool 15. Juni Tims „moving up“-Zeremonie in der Schule 17. Juni Ice cream-Party – Abschied von Tims Klasse und den preschool-Kindern 18. Juni Die Packer kommen – Auszug aus dem Haus, dann ab ins Hotel 21. Juni Abflug Newark 22. Juni 6.00 Uhr Ankunft Flughafen Düsseldorf

Wir packen unsere Siebensachen

Ich laufe in letzter Zeit mit verschiedenfarbigen Aufklebern durch unser Haus: Alles, was im Haus bleibt, bekommt einen grellorangen Aufkleber mit „DO NOT PACK“, die Sachen für unser Haus in Deutschland bekommen einen blauen und die für das Ferienhaus in der Eifel einen gelben Sticker. Ist wichtig, damit die professionellen Packer den Überblick behalten. Die Sachen werden fünf Tage vor Abflug in einen Container gepackt, der dann einige Wochen nach uns in Deutschland ankommen wird. Und wir melden ab, was das Zeug hält: Strom, Wasser, Gas, Telefon, YMCA, Bank, cleaner, Schulen, preschool …   Unser Haus in Morristown ist mittlerweile fast komplett entmistet: Ich veranstalte einen „garage sale“, allerdings nur digital mit E-Mails an alle Expats. So verkaufen wir noch Gitterbettchen und Co. sowie sämtliche elektrischen Geräte – in Deutschland können wir die ja nicht gebrauchen wegen der anderen Spannung. Der gute Siemens-Staubsauger (echt deutsche Qualität), den ich vor zwei Jahren von einer anderen deutschen Familie übernommen hatte, erfreut sich reger Nachfrage, den hätte ich glatt 15 Mal verkaufen können. Am Ende, als die Zeit knapp wird, verschenken wir alles gegen eine optionale Spende (ans „Team for Kids“). Alle Sachen, die wir in Deutschland sofort brauchen, kommen in unsere Koffer – allerdings dürfen wir diesmal nur sieben Koffer mitnehmen (2010 durften wir noch zwei Koffer pro Person mitnehmen, jetzt erlaubt Lufthansa nur noch einen). Nur Marc darf als Vielflieger mit seinem „Senator“-Status zwei Koffer mitnehmen.

Souvenirs, Souvenirs

Mit im Gepäck sind natürlich auch unsere Souvenirs – solche zum Anfassen, Angucken oder Anhören. Diverse Tüten Sand von unseren Ausflügen und Reisen, die Schüttelkugeln und Pokale von Ole (6), die Zeichnungen der Kids, Fotos und Filme, eine Baumstammscheibe vom umgestürzten „hurricane tree“ aus unserem Garten, Marcs Fluglizenz, ein verbogener Basketballkorb (auch von Sturm „Irene“), Tims Panda, Kopien der „Declaration of Independence“ und und und … Meine „Laufhymnen“ habe ich sicher auf meinem iPhone gespeichert – so kann ich in mich in Sekundenschnelle zurück in den Central Park beamen. 🙂 Und sollte mich einmal ganz doll das Heimweh nach Amerika packen, dann schließe ich mich im Klo ein und schrubbe das ganze Bad mit dem schärfsten Chlorox, das es in Deutschland auf dem Markt gibt, und esse anschließend jede Menge Reeses – das sollte funktionieren….

Unwinding

Das Abschiednehmen von unserem Leben hier, von unseren Gewohnheiten, unserem Alltag mit all unseren Freunden und den anderen Menschen, die dazugehören, ist eine knifflige Sache. Immerhin haben wir die letzten 30 Monate hier miteinander gelebt und inzwischen unseren Platz gefunden. Dieses Gefühl ist nicht wie ein Koffer, den man einfach packen, zumachen und mitnehmen kann. Unser „Pack-an“ an diese Sache: sich ordentlich von den Leuten hier verabschieden (Abschiedspartys) und ihnen auch noch einmal „Danke“ sagen – Stichwort: „Thank-you notes“. Das haben wir doch mittlerweile gelernt von den Amis. Einigen Leuten haben wir wirklich viel zu verdanken: besonders den Lehrerinnen, die sich sehr um unsere Kinder bemüht haben, Oles Therapeutinnen und Vitoria, unserem Au-pair, die uns mit ihrem südamerikanischen Temperament, ihrer unkomplizierten Art und dem Herz am rechten Fleck tatkräftig unterstützt hat. Und dann sind da natürlich all unsere Bekannten und Freunde, die uns Platz in ihrem Leben gemacht haben, obwohl sie wussten, dass wir nur „auf Zeit“ hier waren. Ohne sie wären wir hier nicht angekommen.   Paul (5) und Ole malen Bilder, Theo und Tim schreiben thank-you notes an ihre Lehrer/innen (unter Protest, aber sie tun es), ich schreibe Briefe an Lehrer/innen, Schulleitungen, Therapeutinnen. Das hilft. Zumindest mir.

View Post

Thanks for having us

Wir feiern Abschied bei uns im Garten, um noch einmal befreundete Familien, die Nachbarschaft, bekannte Eltern, Arbeitskolleginnen und -kollegen und Laufkameradinnen und -kameraden zu sehen. Ein letztes Mal gibt es Multi-Kulti zum Anfassen und als Abschiedgeschenke bekommen wir jede Menge neue Rezepte von unseren Gästen: Gram´s Noodle Pudding, Texas Trash, Sweet Potatoe and Pecan Pie, Pulled Pork – super lecker. Und dann noch viel Internationales (homemade Mexican Salsa vom Fluglehrer, Italian Meetball Recipe von Ole Lehrerin, Chinese Cucumber Salad, Finnish „Pulla“, South African Curry Chicken, Pasta e Fagioli und auch deutsches „Fischragout“). Trotz großer Party-Konkurrenz von Bar Mitzwahs, graduations, weddings und anderen BBQs ist unser Garten voll. Eigentlich ist alles gut, wenn nur der Anlass nicht so traurig wäre. Eine deutsche Freundin, die mit amerikanischem Mann und Kindern fest hier lebt, äußert ganz offen ihren Frust. Sie sagt, sie wolle sich nicht mehr mit deutschen Expat-Familien anfreunden, weil sie in den letzten Jahren so viele wieder verabschieden musste. Ich kann das echt gut nachvollziehen.

Lauter liebe Karten

Und die Leute, die nicht kommen, schreiben E-Mails und Karten (und nicht nur einen Satz). Ich wusste gar nicht, dass ich soooo tolle Kinder habe 😉 : „It cannot believe time has passed so quickly. It seems like yesterday you arrived.“ „You have smart and wonderful children, keep up the great training, for they are a blessing and a privilege to bring up.“ / „I so enjoyed your boys. Both of them have such a special love in their hearts. Peace, love, and many joys raising those boys.“ / „Theo will be greatly missed at Alexander Hamilton School and we would like to wish him all the best for his future. It was a true pleasure having Theo in Class.“ Solche Sätze schreiben tatsächlich diverse Lehrerinnen der Kids – würde keine deutsche Lehrkraft tun, oder?) Theos Lehrerinnen schenken uns sogar noch eine Stars and Stripes-Porzellanschüssel. Wir werden sie in Ehren halten! „We will be very sad to see you go.“ „We wish you all a great journey back home with new adventures and many blessings to follow each one of you always! Goodspeed to all!“ „See you later, hasta luego, bye-bye …“