Die Festzeit im Moment ist eine gute Gelegenheit, den Nachbarsfamilien mal etwas diskret in den Vorgarten zu spinksen – dachte ich zumindest. Also, alle unsere Nachbarsfamilien, die mit rot-weißen Candy Canes ihren driveway beleuchten, die dicke grüne Kränze an der Tür und hell erleuchtete Tannenbäume im Wohnzimmer haben, die feiern Weihnachten. Und sind damit aller Wahrscheinlichkeit zumindest gemischt-gläubig. So weit, so gut.
In unserer Nachbarschaft (30 Häuser) gibt es aber nur ein einziges Haus, das mit einer Menorah geschmückt ist – dabei haben wir mindestens zehn jüdische Familien hier! Tja, da ging meine Rechnung wohl nicht auf.
Und trotzdem: Obwohl ich inzwischen eigentlich weiß, wer in unserer Straße jüdischen Glaubens ist (von denen, mit denen wir Kontakt haben), stellt mir mein Gehirn immer wieder Fallen. Wenn Nachbarinnen, die keine Weihnachtsbeleuchtung im Garten haben, mich fragen „What are you doing for Christmas?“, dann stelle ich fast reflexartig die Gegenfrage „What are you doing for Christmas?“ Und sobald es raus ist, haue ich mir auf den Mund und fühle mich mal wieder so richtig ertappt. Die Leute haben bisher immer abgewunken und gesagt „Oh, it’s o.k.“, aber ich fühle mich immer wie ein Volltrottel. Dabei hatte ich mir geschworen, dass mir das nach Rosh Hashana, wo ich auch ins Fettnäpfchen getreten war (da hatte ich nur blöd geguckt, als mir eine Nachbarin mitten im September erzählte, dass sie mit der Familie große Neujahrsfeier gehabt hätte), nicht mehr passieren würde, aber 40 Jahre „Monokultur“ kann man nicht einfach wegwischen …
Politisch korrekt gibt es für jedes der Feste eine Sondermarke bei der Post zu kaufen. De facto muss man allerdings zugeben, dass die Weihnachtsdekorationen hier so allgegenwärtig und übermächtig sind – da können die Menorahs nicht mithalten. In einem Zeitungsartikel im Wallstreet Journal steht ganz klar, dass als Antwort auf den Weihnachtstaumel Tendenzen zu beobachten sind, dass auch Hanukkah immer größer gefeiert wird: Viele Familien schmücken ihr Haus mit blauen und weißen Lichtern, Kinder feiern „latkes on roller skates parties“, Jugendliche machen „Vodka und Latkes Parties“, es werden Dreidel-Wettbewerbe im Land abgehalten und in NYC gibt es sogar eine gut besuchte Striptease-Show zur Hanukkah-Geschichte – freilich sind nicht alle mit
dieser Veränderung einverstanden.