Germ-killing

Staatsfeind Nummer 1: germs

Welchen Krieg die Amerikaner/innen gegen Keime führen und welche sechs Schritte man beim Händewaschen beachten muss. Und warum es sogar nach der Musikstunde noch schnell eine Runde Hand-Desinfektionsmittel für alle gibt.

 
Die Amerikaner/innen scheinen ein anderes Bedürfnis in Sachen „Sauberkeit“ zu haben (jedenfalls unsere hier). Erwachsene duschen oft zweimal am Tag, Kinder werden jeden Tag mit Haut und Haaren in die Wanne gesteckt.
Ein amerikanischer Freund fragte uns mal, wie wir es denn schaffen würden, dass sich die Kinder abends in der Badewanne selbstständig schrubben. Da war ich platt – haben die hier noch nie etwas vom „natürlichen Säureschutzmantel“ der Haut gehört?
Also, so weit bin ich noch nicht angepasst. Natürlich gibt’s bei uns regelmäßige Duschen (zwei- bis dreimal pro Woche), aber ich mag auch ihren eigenen Duft. Ab und zu schnappe ich mir die Jungs und schnuppere an ihnen – ja, sind alles meine 🙂 .

Aus dem Alltag
Folgende Episode habe ich zu Beginn unserer USA-Zeit in einem Schuhladen beobachtet:
Zwei kleine Mädchen, etwa fünf bis sechs Jahre alt, streiten sich wegen einer Flöte, weil das eine Mädchen die Flöte der Schwester unerlaubterweise benutzt hat. Der Vater ermahnt sie, zu teilen, und da schreit das eine Mädchen heraus, was sie so ärgert: Es sind die „GERMS“, die Krankheitskeime, die nun obendrauf säßen! Da war der Vater zuerst mal sprachlos.

Ich fand das damals auch bemerkenswert – inzwischen habe ich mich eingewöhnt. Hier also nun unsere persönlichen Erfahrungen und Interpretationen:

In Amerika gibt es keine halben Sachen – also wehe dem, dem man hier den Krieg erklärt hat. Osama bin Laden haben sie Anfang dieses Monats erwischt, aber im Alltag herrscht weiterhin Alarmbereitschaft. Hier stehen definitiv die Keime auf der Abschussliste, denen man im Alltag mit zwei Mitteln beikommen will – erstens mit Chlor und anderen scharfen Putz- und Desinfektionsmitteln und zweitens mit Händewaschen bzw. Desinfizieren der Haut. Zu dem Thema habe ich ja auch schon öfter etwas geschrieben und vor allem Theo (8) hat sich dieser Bewegung ja voll angeschlossen, dicht gefolgt von Ole (5).

Kurz und knapp: Hier ist Standard, was in Deutschland unter höchster Alarmbereitschaft während der Schweinegrippe gelaufen ist. Und ich bin mir sicher, dass das Wort „germs“ zu den ersten 100 Wörtern gehört, die amerikanische Babys lernen (und das meine ich jetzt sogar wirklich (fast) ernst).

Früh übt sich
Zu Beginn des Schuljahres flatterte uns ein Brief von Theos Schule ins Haus: „We are always accepting donations of Kleenex, Clorox wipes and antibacterial hand soap.“ – bei Seife hat generell das Label „antibakteriell“ draufzustehen – genauso wie bei vielen Kaugummis („natural germ killing, patent pending“).

In Bezug auf das Händewaschen geht man hier sehr systematisch ran – neben den Waschbecken hängen oftmals detaillierte Anleitungen für effektives Händewaschen (z. B. in preschool, YMCA …). Für die Kids sind es oft sechs Schritte:

wet
soap
wash (20 seconds)
rinse
dry
turn off water

Und damit einem beim Schritt „wash“ und „rinse“ nicht langweilig wird, sagen Ole und Paul an dieser Stelle stets das ABC zweimal hintereinander auf – kommt alles aus der preschool. Bei Erwachsenen sind die Anleitungen dann noch detaillierter, was den „wash“-Schritt angeht – das erinnert mich eher an chirurgisches Waschen (wie man es so aus Filmen kennt – fast bis rauf zum Ellenbogen).

 

Aber das Training scheint zu wirken: Hier habe ich bisher noch keine Frau ohne penibles Händewaschen aus einer öffentlichen Toilette rausgehen sehen. Die probieren sogar alle Seifenspender hintereinander aus, bis sie einen finden, wo noch Seife drin ist – also in Deutschland ist das keineswegs der Standard, da gehen viele ohne Händewaschen raus – Igitt! Da könnten wir uns bestimmt eine Scheibe von den Leuten hier abschneiden.

Mütter hier zaubern öfter mal den „hand sanitizer“ aus ihren Handtaschen und bei „Stop & Shop“ gibt’s am Eingang und an der Fleischtheke „Clorox wipes“ (as a „courtesy to our customers“). Auch vor der Ergotherapie ist der Gang in den bathroom obligatorisch („Let´s wash our hands“) und nach der Musikstunde gibt es in der preschool noch schnell eine Runde Hand-Desinfektionsmittel für alle.