Sowohl morgens als auch nachmittags und abends nach Feierabend sieht man viele Erwachsene quer durch Morristown joggen. Das Äquivalent zum Spruch aus Deutschland „Sport ist Mord“ habe ich hier noch nie gehört. Ich konnte auch auf Nachfrage bei unseren amerikanischen Freuden bisher keine gleichbedeutende Redewendung finden – nur fragende Gesichter und ratloses Kopfschütteln bei den Amerikaner/innen.
Bei uns in Morristown findet man, wie eben bereits erwähnt, nur wenige dieser extrem übergewichtigen Leute („obese“), die manche direkt mit Amerika verbinden – im Gegenteil: Viele sind hier sehr gut in Schuss – als Faustregel gilt: je dicker die Autos, desto dürrer die Frauen.
Positiv zu erwähnen ist, dass man sehr viele ältere Leute beim „workout“ sieht– auf der Straße und im gym, in meinen Augen mehr als bei uns in der Stadt in Deutschland. Und auch Menschen mit Handicap laufen mir im YMCA immer wieder über den Weg. Aber bitte kein Nordic Walking hier machen – das kennen sie hier nicht (zumindest in NJ). Eine mutige europäische Freundin wurde beim Marschieren mit den Stöcken von passierenden Autofahrern schon gefragt, ob sie ihre Ski vergessen hätte. Ein anderer sagte mit breitem Grinsen: „There is no snow, you know.“
Als Erwachsener darf man sich nicht beschweren, dass man zu wenig Bewegung bekommt … wenn man sich die Zeit dafür nimmt. Es gibt genug Angebote; Sport ist gesellschaftlich gewünscht und auch überall äußerst positiv angesehen. Ich würde sagen, er hat sogar noch einen höheren Stellenwert als in Deutschland. Man hat die Freiheit, sich selbst darum zu kümmern – alles eine Frage der Prioritäten.
Anders sieht es bei unseren Kindern (3 bis 8 Jahre) aus, die hier im System integriert sind und deren Tagesauflauf dadurch relativ vorbestimmt ist. Da kommen ganz verschiedene Faktoren zusammen, die dann in den letzten 18 Monaten dazu geführt haben, dass aus quirligen Kindern, die in Deutschland immer draußen unterwegs waren, auf einmal sitzende, manchmal träge, wenig aktive Kinder wurden, die aber gleichzeitig aggressiv und unausgeglichen sind, weil ihnen die Bewegung fehlt.
Diese Bewegungslosigkeit im Alltag bei unseren Kindern ist eine ganz dicke Kröte, die wir erst mal schlucken mussten und an der wir auch in den nächsten zwölf Monaten noch weiter würgen werden, um sie dann im Sommer 2012 im hohen Bogen auszuspucken!!! Pfui!
Hier nun einige der Aspekte, die gemeinsam wirken und insgesamt übermächtig sind – für mich sind das brainwash-Themen bzw. institutionalisierte Wertvorstellungen/ kulturell bedingte Handlungsmuster, die man nicht ändern kann. Ich muss mich bei diesem Thema wirklich zusammenreißen, um nicht polemisch und unsachlich zu werden – aber das kann mich einfach nicht kalt lassen, weil ich komplett andere Werte und Überzeugungen aus Deutschland mitgebracht habe und es unsere Jungs jeden Tag betrifft.