Also, diesen Monat bin ich mal wieder in Sachen „gesunder Menschenverstand in Bezug auf Sicherheit“ an meine Grenzen gestoßen – vor allem, was den Bereich „Muttersicherheitsbedürfnis“ für Kinder angeht. Hier scheint alles verdreht, und ich liege verrückterweise irgendwie immer daneben – sowohl in die eine als auch in die andere Richtung:
Ich spüre noch ziemlich stark die Nachwehen vom Schneesturm Ende Oktober – mein „Urvertrauen“ in unsere Sicherheit hier ist zurzeit etwas angekratzt. Mich belasten die gigantischen Äste, die noch bis Mitte November über unserer Wiese und über dem driveway baumelten, bis sie dann endlich abgeschnitten wurden. Das dumpfe, intensive Aufschlagen der abgeschnittenen und auf den Boden aufschlagenden Holzstücke hängt mir immer noch nach. Die, die senkrecht fallen, rammen sich in den Boden ein und stecken danach fest – ich habe immer Angst um die Kids und meine Fantasie läuft manchmal Amok.
Mit meinem deutschen „Muttersicherheitsbedürfnis“ für die eigenen Kinder bin ich – jedenfalls was die Naturgefahren angeht – nicht gut gerüstet hier. Die Amerikaner/innen scheint das alles jedoch nicht zu belasten und sie leben weiter seelenruhig in ihren Holzhäusern. Ich frage mich, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, in den USA von einem Baum bzw. Ast erschlagen zu werden? Mit Sicherheit (haha, doofes Wort 🙂 ) um 100 Prozent höher als in Deutschland. Aber das wird hier wohl unter „normales Lebensrisiko“ abgebucht.
Und während einerseits irgendwo schwere Bäume umkippen, sorgen sich die Leute andererseits, dass eine Person, die ihre Kinder auf dem Schulweg anspricht, ein Entführer bzw. eine Entführerin sein könnte – drei entsprechende Warn-E-Mails sind diesen Monat schon vom school district reingekommen (gibt es denn direkt drei Verrückte hier???). Ich warne euch – sprecht NIEMALS ein Kind oder einen Jugendlichen auf dem Schulweg an! Da könnt ihr ganz schnell in Schwierigkeiten geraten, selbst wenn ihr nur nach dem Weg oder eurem eigenen Kind fragen wollt.
Was ich wiederum gut finde, ist ein Programm in der Schule, bei dem die Kinder schon sehr früh auf diese Situationen vorbereitet werden, indem man ihnen Handlungsanweisungen gibt: Wenn dich z. B. ein Fremder aus dem Auto anspricht: weglaufen und schreien! Oder auch in Bezug auf das Internet: Immer an Erwachsene wenden, wenn dir etwas nicht geheuer ist! Ihnen wird auch erklärt, wie wichtig es ist, niemals seine persönlichen Daten (Name, Adresse, Telefonnummer, Schule) herauszugeben. Ich glaube nicht, dass es etwas Entsprechendes bereits implementiert an deutschen Grundschulen gibt. Motto der Kampagne ist: „Keep safe – keep away – keep telling“.
Sie verbieten Scheren in den Schulen, Glasflaschen sind total verteufelt (beim Marathon drohte einem Teilnehmer wegen einer mitgebrachten Glasflasche die Disqualifikation!), in jedem Restaurant hängen große Plakate, die den „Heimlich-Griff“ demonstrieren (falls gerade jemand an Essen zu ersticken droht), auf Rolltreppen muss man sich festhalten, die Kinder auf Karussells festschnallen – gut, macht vielleicht auch Sinn, ist aber alles trotzdem verwirrend.
Kinderarbeit auf der Bühne
Das I-Tüpfelchen diesen Monat war das große Warnschild am Eingang des Shakespeare-Theaters: Es macht darauf aufmerksam, dass an einer Stelle ein lauter Schuss ertönen wird (so weit, so gut). Aber dann spielen im Stück Kinder in Theos Alter (9 Jahre) mit, die tatsächlich bis zum Ende ausharren (etwa 22.30 Uhr). Was machen Kinder um diese Zeit auf der Bühne? Sollten die nicht längst zuhause im Bett liegen?
Das Stück wird für sechs Wochen, sechsmal die Woche jeweils zweimal pro Tag aufgeführt. Wenn die nicht zehn verschiedene Kinderbesetzungen haben, finde ich das einfach nicht okay! Während meine Sitznachbarin im Theater leise vor sich hin schnarcht und ich mich nur mit Cola wachhalte (es lag nicht an der Qualität der Vorstellung, eher an mir), stehen da Kinder im Rampenlicht, die noch nicht mal Teens sind und müssen funktionieren – das geht mir echt gegen den Strich. Haben die hier kein Kinderschutzgesetz?
Also, ihr seht, ich bin ein bisschen emotional bei diesem Thema und sehe das vielleicht auch zu unrealistisch, zugegeben. Die Sache kostet mich aber trotzdem Kraft und Nerven – ist nicht abzustellen.