Das Pilgerschiff

Plymouth, Massachusetts, Mai 2012

Wie wir am Hafen in das Amerika des 17. Jahrhunderts eintauchen und warum Tim ein richtig zufriedenes Ureinwohnerkind geworden wäre.

Hier, an der „Wiege der USA“, gibt es noch einmal amerikanische Geschichte zum Anfassen: Im Hafen liegt ein originalgetreuer Nachbau der Mayflower und nicht weit davon gibt es das Freilichtmuseum „Plimouth Plantation“ (https://www.plimoth.org), wo Darsteller/innen in historischen Kostümen zwischen authentischen Gebäuden und Gärten herumlaufen. Neben dem Dorf der englischen Siedler/innen liegt ein Wampanoag Dorf, wo die Nachfahr/innen eines indigenen Volkes zeigen, wie sie im 17. Jahrhundert gelebt haben. Die meisten gehören zum Stamm der Wampanoag („Eastern People” oder “People of the Dawn” oder “People of the First Light”).

 

Die Wampanoag selbst bevorzugen übrigens die Bezeichnung „native people“ und nicht den gängigen Begriff „native Americans“ oder gar „Indians“.
Die Darstellung von Siedlungsdorf und Wampanoag-Platz nebeneinander sowie ein Motto des Museums „You can’t change history, but it could change you“ finde ich noch mal richtig amerikanisch – der Versuch einer Versöhnung zwischen amerikanischer Liebe für die Darstellung der eigenen Geschichte und dem nicht unumstrittenen Kapitel der Besiedlung der USA. Denn schließlich war die Kolonisierung mit einer Verdrängung der native people verbunden.

Wir besuchen zuerst das Wampanoag Dorf, wo die Nachfahr/innen des indigenen Volkes zeigen, wie sie im 17. Jahrhundert gelebt haben. Ein Wampanoag demonstriert, wie sie damals ein Boot (mishoonash) aus einem Baumstamm hergestellt haben – ein vor sich hin kokelndes Feuer brennt das Holz weg, so dass am Ende nur die Wände stehenbleiben. Gekocht wurde damals im Freien. Ole und Paul stampfen begeistert die Körner zu Brei, die anschließend auf der Kochstelle gegart werden. Eine Wampanoag erklärt uns, dass ihre Vorfahren immer eine kleine Holzschüssel an ihrem Gürtel hatten. Wenn sie unterwegs waren und bei einem anderen Stamm vorbeikamen, war es Usus, den Fremden diese Holzschüssel mit Essen zu füllen, damit sie nicht hungern mussten. Die traditionelle Behausung der native people im Nordosten war kuppelförmig und mit Rinde oder Riet bedeckt. Es wird auch als Wigwam bezeichnet. Und wir lernen dazu: Tipis wurden dagegen nur von den native people in den „Great Plains“ (den klassischen Prärien des amerikanischen Westerns) genutzt.
Es wird immer wieder betont, dass die Eingeborenen keine Schauspieler/innen, sondern tatsächlich „indigenous“, also eingeborene „Amerikaner/innen“ bzw. „native people“ sind. Tim ist hin und weg, guckt sich alles genau an, unterhält sich mit einigen der native Americans und ist kaum wegzubekommen – er wäre bestimmt ein sehr zufriedenes Ureinwohnerkind geworden.

 

Danach gehen wir rüber zum Dorf der englischen Siedler/innen, das direkt neben der Wampanoag Site liegt. Es handelt sich um die Nachbildung einer Siedlung aus dem 17. Jahrhundert. Es besteht aus vielen kleinen Holzhäusern, die spartanisch eingerichtet sind: nur mit Tisch, Stühlen und einer Kochstelle. Schauspieler/innen verkörpern in traditioneller Kleidung die Pilgernden von damals und erzählen uns aus dieser Perspektive von ihrem Tag.