In meiner Klasse sind nur acht Kinder (12 bis 13 Jahre) – dafür haben alle unterschiedliche Deutschkenntnisse. Manche reden so gut Deutsch, dass ich sie auf den ersten Blick nicht von deutschen Muttersprachlern/innen unterscheiden kann. Andere reden wirklich gut Deutsch, aber noch mit einigen Fehlern (Deutsch als zweite Sprache – DaZ). Und dann gibt es die, die Deutsch eher als Fremdsprache haben (mit vielen Fehlern und deutlichem Akzent). Einige sind Expat-Kinder oder solche, die ein deutsches Elternteil haben, aber schon seit vielen Jahren oder ihr ganzes Leben lang in den USA wohnen. Manche haben auch „nur“ deutsche Wurzeln, wenn z. B. die Großeltern aus Deutschland kommen. Auf jeden Fall eine bunte Truppe.
Spaß mit Grenzgänger/innen
Es macht unheimlichen Spaß, mal wieder mit größeren Kids zu arbeiten. Ich bin wirklich fasziniert von diesen „Grenzgänger/innen“, die sich ziemlich zielsicher in verschiedenen Kulturen und Sprachen bewegen und blitzschnell darin wechseln können. Daher – klar – sobald ich ihnen den Rücken zukehre, reden alle nur Amerikanisch miteinander, und einige haben dann auch noch eine dritte Sprache in petto, in der sie flüssig kommunizieren können.
Neulich beim Abholen sprach ein Junge fließend Französisch mit seiner Mutter – wirklich erstaunlich. Die Arbeitsmotivation der Kids ist nicht immer die beste, aber wer kann es ihnen verübeln, wenn sie samstagmorgens nach anstrengender Woche auch noch drei Stunden in die deutsche Schule müssen – wobei Unterricht am Wochenende für Kinder, egal ob Sprache oder Religion, hier durchaus verbreitet zu sein scheint. Theo und Tim tun wir das jedenfalls nicht an – da werden wir wohl eine individuelle Lösung finden müssen, damit sie ihr Deutsch und z. B. die deutsche Rechtschreibung auf dem Radar halten.
Ich gebe mein Bestes, den Unterricht abwechslungsreich und spannend zu gestalten, aber ich ahne jetzt schon, dass die besseren Überraschungen von der anderen Seite kommen: Die Aufgabe, ein eigenes Ende zu erfinden für die Geschichte von einem Jungen, der bei einem Klassenausflug im Wald verloren geht, wurde von allen mit Eifer ausgeführt, und am Ende hatten wir sechs (z. T. tödliche) Bärenattacken, einen Wildwasserunfall und eine Naturkatastrophe (Tornado). Solche Enden kenne ich von deutschen Schulkindern weniger. 🙂