Die Amerikaner/innen sind ja nun mal etwas prüde – Nacktheit ist „bäh“ und geht gar nicht. Als Ausgleich gewissermaßen gibt es hier aber umso mehr Menschen in Schlafanzügen, auch am helllichten Tag. Aber keine falschen Hoffnungen – das sind „klassische“ Schlafanzüge, mit langen Ärmeln und Beinen, hoch zugeknöpft.
Die Beziehung der Amerikaner/innen zu diesem Kleidungsstück ist schon sehr innig und findet in verschiedenen Bereichen des Alltags ganzjährig ihren Niederschlag. In der Schule gibt es regelmäßig „Pajama Days“ (pajama schreibt man übrigens wirklich mit „a“), an denen die Kinder, v. a. die Mädchen, mit ihren kleingemusterten Schlafanzügen und Puschen einen ganzen Tag in die Schule gehen und anschließend auch so in der Stadt herumlaufen.
Im November auf unserer Fahrt nach Kanada liefen in unserem Hotel ab sechs Uhr abends auf einmal fast alle Kinder im Schlafanzug durch die Gegend und versammelten sich dann zum gruseligen Musical aus der Retorte im Hotelfoyer – da haben wir gut gestaunt. Wir haben Bands gesehen, die im rosa Schlafanzug auf der Bühne rockten, und selbst jetzt an Weihnachten sind Schlafanzüge Bestandteil der fröhlichen Zeremonie: Die Geschenke werden am 25. Dezember morgens noch im pajama aufgemacht.
Da wäre es doch ein Wunder, wenn es nicht auch einen Pajama-Fundraiser gäbe: Und tatsächlich – in der Vorweihnachtszeit findet in der preschool und in unseren Schulen der sogenannte „Pajama Drive“ statt, d. h. eine „Schlafanzugsammelaktion“: Für jeden (neuen) pajama, der gespendet wird, gibt es als „matching gift“ (quasi obendrauf) noch ein Buch von einer Wohltätigkeitsorganisation dazu – pajamas und Bücher werden dann an bedürftige Kinder weltweit ausgehändigt. Und wie bereits oben beschrieben, dürfen Tim und Ole dieses Jahr die “Holiday Season“ mit einer Pajama Party feiern – als Ausgleich für die ins Wasser (bzw. in den Schnee) gefallene Halloweenparty.
Aber nun zurück zu den klassischen pajamas:
Wir probieren es auch einmal aus – den ganzen Tag im pajama. Da wir dieses Jahr keine „Verpflichtungen“ an den Weihnachtsfeiertagen haben, machen wir stattdessen einen Pajama Day am 25.12: Wir drehen die Heizung hoch, es gibt pancakes und bacon zum Frühstück, die Kids spielen mit den Geschenken, der ganze Boden ist flächendeckend mit Lego bedeckt und ich räume nicht auf, sondern stapfe mutig drüber.
Marc und ich lesen vor dem Kamin und spielen mit den Kids, dann gibt es noch ein babble bath, wir gucken zusammen Dr. Seuss „How the Grinch stole Christmas“ (ein Klassiker hier), hören den ganzen Tag auf Pandorra amerikanische Weihnachtssongs, knuddeln mit den Kids im Bett und lassen die squirrels, die sich mal wieder frech über unser Vogelfutterhäuschen hermachen, gewähren – ist ja schließlich Weihnachten.
Nur den Fuchs, der unsere Garage von innen erkundet, treiben wir dann doch raus. Laut unserer Kinder kommt das Beste vom Pajama Day am Schluss: Man muss sich abends noch nicht mal fürs Bett umziehen, sondern kann sich einfach hinlegen und schlafen 🙂 .
Es hatte wirklich etwas, war ungewöhnlich und ausgesprochen friedlich bei uns im Haus – das machen wir auf jeden Fall noch einmal, auch ohne Geschenke!