Das Team ist mittlerweile auf 30 Leute angewachsen, und ich mache die erste unangenehme Begegnung mit dem amerikanischen Rechtssystem: Anfang Oktober hat ein neuer Mitarbeiter über eine Zeitarbeitsfirma bei uns angefangen, doch schon nach dem zweiten Tag ist er nicht mehr aufgetaucht. Kurze Zeit später hat er uns über seine Zeitarbeitsfirma ausrichten lassen, dass wir ein hostile work environment (feindliche Arbeitsumgebung) hätten und eine weitere Mitarbeit nicht zumutbar sei. Wir haben dann alle Kollegen befragt, und in der Tat hat ihm ein Kollege einen Spruch gedrückt, der zwar witzig gemeint, aber nicht angemessen war.
Mittlerweile haben wir Post von seinem Anwalt, und der junge Mann hätte gerne eine sechsstellige Summe von uns (P3), dann wäre er bereit, von einer Klage abzusehen. Denn er wäre von uns in diesen zwei Tagen aufs Übelste rassistisch und (auf der Toilette) sexuell belästigt worden.
Die Vorwürfe sind frei erfunden, aber wir müssen uns damit natürlich jetzt auseinandersetzen und Stellung nehmen. Selbstverständlich werden wir keinen Vergleich über eine sechsstellige Summe eingehen.
Es gibt aber in den USA tatsächlich immer wieder Leute, die nur zum Vorstellungsgespräch oder zum ersten Arbeitstag gehen, um danach zusammen mit einem Anwalt Klage anzudrohen, um einen Vergleich zu erzwingen. Die Anwälte bekommen ein Drittel der erstrittenen Summe und haben so ein Interesse an möglichst hohen Forderungen. Die Firmen müssen sich dagegen wehren und zahlen oft einen Vergleich, um das Thema schnell zu beenden. Mal sehen, wie das bei uns endet.
In der Folge haben wir jetzt das interne Regelwerk, das wir seit 2001 hatten, für die USA auf ca. 45 Seiten ausgewalzt und alles haarklein geregelt. Auf diese Weise zwingen wir unseren Mitarbeiter zwar viel Papier auf, aber wir schützen uns vor haltlosen Klagen. Jetzt ist also klar, dass man, wenn man sich belästigt fühlt, mit den Vorgesetzten reden soll, damit sie die Belästigung abstellen. Na klasse.