Als Ausgleich für all die „Kröten“, die wir bisher schon schlucken mussten, gibt es seit einigen Tagen sommerliche Temperaturen – 24 Grad und Sonne. Daher ging’s in kurzen Hosen und T-Shirt an den Strand (60 Minuten Fahrt): Ole (4) und Paul (3) spielen im Sand (und freuen sich, denn auf Spielplätzen gibt es hier keinen Sand, nur Rindenmulch, ein Riesenmist, doch dazu später), Theo (7) und Tim (6) sammeln XXL-Muscheln und handgroße, tote Pfeilschwanzkrebse (die kannte ich bisher nur tiefgefroren von der Arbeit im Labor an der Uni). Diesen Monat hatten wir außerdem direkt einige Besucher da: Opa Hans-Joachim, die „tooth fairy“ (= Zahnfee, Tim verliert seinen ersten Milchzahn) und die Schnullerfee – ja, wir sind das erste Mal seit acht Jahren schnullerfrei – hurra!!!
Unsere Pläne für April
neue Nanny/Haushaltshilfe suchen (Jane, unsere Nanny, will leider aufhören wegen Verständigungsproblemen mit den Kids 🙁 ). Ich habe diesen Monat nach vielen Besichtigungen endlich eine viel versprechende Montessori-preschool gefunden – jetzt heißt es also, Ole und Paul hier einzugewöhnen. auf meine Arbeitsgenehmigung warten Laufen für den guten Zweck: Die Leute scheinen hier alle ständig für etwas Wohltätiges zu sammeln – das scheint superamerikanisch zu sein. Das will ich jetzt auch mal ausprobieren: Ich mache im Mai beim 25. AIDS-Walkathon (zehn Kilometer) in NYC mit. Das ist eine Wohltätigkeitswanderung, bei der Geld für die AIDS-Forschung gesammelt wird. Ich freue mich auf euer Sponsoring!
Frau Holle
Heute melden wir uns aus einem total verschneiten Morristown. Inzwischen sind wir so lange hier, dass die Wochen allmählich verschwimmen. Für eine echte Routine reicht es aber noch lange nicht und wir befinden uns eher in einem Zustand des „labilen Gleichgewichts“: Wir pendeln hin und her zwischen den beiden Gefühlen „Wir haben alles im Griff!“ und „Wie sollen wir das bloß alles schaffen?“ Die üblichen Bodenwellen des Familienalltags (Krankheiten, Hausaufgaben, Eskalationen in Marcs Firma) erwischen uns viel heftiger als in Deutschland. Dazu kommen dann auch noch neue Stolpersteine, wie z. B. snow days. In den letzten Wochen haben wir eine Menge Schönes erlebt und zahlreiche nette Leute kennengelernt. Wir sind in vielem weitergekommen, aber in einigen Bereichen auch ernüchtert, mit denen wir uns wohl einfach werden arrangieren müssen.
Das Wichtigste zuerst – was machen die Jungs und Marc?
Zunächst Entwarnung für alle, die mit Tim (6) gelitten haben: Es geht ihm schon etwas besser. Er hat einen deutschen bilingualen Jungen in seiner Klasse kennengelernt, mit dem er sich gut versteht und der für ihn übersetzen kann. Die Schule ist zwar nach wie vor sehr lang für Tim, aber ganz, ganz allmählich wird sein Widerstand geringer. Theo (7) ist immer noch sehr entspannt und saugt das Englisch auf wie ein Schwamm. Die Hausaufgaben in der neuen Sprache sind zwar noch abenteuerlich, aber wir versuchen unser Bestes. Ole (4) lernt englische Wörter wie Vokabeln – aus Büchern und von einer DVD für Babys (“Baby Einstein”), weil Marc ihm dafür noch mehr Schienen für seine Lego-Eisenbahn versprochen hat. Kindersendungen für sein Alter bringen dagegen nur Frust – alles ziemlich aufgedreht, nervig und bunt. Der Sprachinput ist viel zu schnell, zu viel und zu unklar. Für Paul (2) steht im Moment potty-training auf dem Programm, damit er bald auch in eine preschool gehen kann. Denn das „Sauberwerden“ empfehlen Kinderärzte hier bereits für Zweijährige. Soweit die News zu den Kindern.
Arbeit an allen Fronten
Marc arbeitet im Moment rund um die Uhr und strampelt sich zwischen seinen vier „Fronten“ ab, wie er immer sagt: „Büro einrichten“, „Geschäft in USA aufbauen“, „Eskalationen in Europa und USA“ und „Familie“ – eine anstrengende Berg- und Talfahrt. Uneingeschränkt positiv sind sein kurzer Weg zum Büro (fünf Minuten) und die geringe Anzahl von Geschäftsreisen. Trotz der großen Belastung im Büro zeigt er morgens und abends viel Präsenz bei uns zu Hause (wenn auch nicht immer voll einsatzfähig, siehe Foto 🙂 ) – für mich ein ungewohnter Luxus.
„Welcome to the neighborhood“ – unsere Einweihungsparty
Unsere housewarming party Anfang Februar war ein voller Erfolg. Wir hatten das Haus (bzw. die Küche) voll mit Jennifers, Dicks und Bobs. Und obwohl so eine Einladung wohl unüblich ist in Amerika, haben uns dennoch alle herzlich willkommen geheißen und uns mit guten Tipps versorgt. Sie haben das selbstgemachte Essen gelobt, allem voran das Knäckebrot meiner Mutter. Bemerkenswert, dass fast jeder neben Geschenken auch noch eine Karte zur Begrüßung geschrieben hat, auf der er oder sie uns ihre Hilfe anbietet und direkt die Telefonnummern dazu geschrieben hat. Das Eis ist gebrochen. Und wenn ich jetzt mit den Kindern draußen auf der Einfahrt spiele, dann winken uns die Leute fröhlich aus ihren Autos zu.
Unsere Familie ist noch größer geworden
Zu unserem Haushalt gehören seit Kurzem: Jane, 51 Jahre, immer gut gelaunt und stets Kaugummi kauend, Mutter von drei erwachsenen Söhnen. Sie hilft mir montags bis mittwochs nachmittags mit Kindern und Haushalt. Ein Glücksgriff für uns, da sie sehr selbstständig agiert und sich auch durch unsere wilden Jungs nicht abschrecken lässt. Nur die Verständigung mit den Kids ist nicht einfach (sie kann kein Deutsch und unsere Jungs erst sehr wenig Englisch). Sie kommt drei Tage die Woche für jeweils drei Stunden. Ola, unsere polnische Putzhilfe, die einmal in der Woche das Haus sauber macht. Ein gebrauchter, silberblauer Honda Odyssey mit ausreichend Platz für alle Kinder. Wir mussten das Auto übrigens in bar bezahlen, weil wir im Moment hier keine Kreditkarte bekommen (no „credit history“). Und Vorsicht – schwache Batterie: Bloß nicht Radiohören, ohne den Motor laufen zu lassen, sonst springt das Auto nicht mehr an! Ich bin schon mit allen Kids an Bord bei minus fünf Grad „in the middle of nowhere“ gestrandet – war kein Spaß … Schon gewusst? Wie funktioniert das eigentlich mit der Credit History bzw. dem Credit Score?
Snow days – weiße Stolpersteine im Alltag
Als ihr in Deutschland Altweiber gefeiert habt, haben wir hier unseren ersten snow day erlebt – das ist komplett neu für uns. Im Unterschied zu Deutschland schneit es hier stundenlang und hört einfach nicht mehr auf! Dann geht gar nichts mehr, Schule und preschool fallen aus. Ab und zu fährt ein Schneepflug an unserem Fenster vorbei und türmt den Schnee von der Straße an den Straßenrändern auf. Am Vortag hatte ich mich noch über völlig überfüllte Parkplätze vor den Supermärkten gewundert – am snow day hingegen fährt das öffentliche Leben auf Sparflamme runter: Viele Geschäfte in der Stadt schließen früher oder machen gar nicht erst auf. Wer unbedingt etwas zu erledigen hat, fährt los, alle anderen bleiben zu Hause. So ein snow day hat sicherlich zwei Seiten: Zum einen ist er wie eine vom Himmel fallende Auszeit, die das hektische Alltagsleben von jetzt auf gleich total ausbremst und die Umgebung in eine zauberhafte Schneelandschaft verwandelt. Ich aber empfinde es im Moment eher als eine Ablenkung auf unserer Suche nach Alltag (insbesondere in Bezug auf Schule und preschool), die die Kinder erneut aus dem Trott bringt. In den letzten drei Wochen gab es jetzt insgesamt vier solcher snow days und ich bekomme erste Anzeichen von Budenkoller, wenn ich mit vier Kindern von morgens bis abends im Haus bzw. Garten bin und einfach nicht weg kann. Die Kinder mögen das anders sehen, da sie sich natürlich über den schulfreien Tag freuen und auch im Schnee spielen. Aber mir reicht’s! So weit, so gut. Jetzt will ich von den Dingen erzählen, die uns ständig eine Portion Extrakraft kosten, weil sie einfach Teil unseres Lebens hier sind – und vorläufig wohl auch bleiben werden:
Unser Tag und seine harten Lektionen
Unser Tagesablauf steht hier einfach „Kopf“: 7.00 Uhr Wecken der Kinder 8.24 Uhr Theo und Tim nehmen den Schulbus 8.55 Uhr Unterrichtsbeginn 15.05 Uhr Schulschluss – ich hole Theo und Tim ab 15.45 Uhr Wir essen unser „Mittagessen“ (alle Kids und ich) 16.00 Uhr Die Kinder wollen spielen, sich bewegen 17.00 Uhr Theo und Tim müssen rein wegen Hausaufgaben – immer großer Protest, stets lange Anlaufphase. Es ist schwierig, beide Kinder gleichzeitig zu betreuen. Ole (4) und Paul (2) lärmen oft im hellhörigen Haus – STRESS, STRESS, STRESS! 18.00 Uhr Jane muss nach Hause – und danach geht auch schon der Abendcountdown los. Oft sind die Hausaufgaben noch nicht fertig. Sie nach dem Abendessen zu machen funktioniert aber auch nicht, da die Jungs dann viel zu müde sind. Also wie? Ich bin ratlos …