Auch die Hitze hat jetzt noch einmal zugelegt – das Thermometer in Morristown zeigt 101 Grad Fahrenheit, also über 38 Grad. Tagsüber kann man sich eigentlich nur im klimatisierten Haus oder im Wasser aufhalten. Da überall die Klimaanlagen laufen, kommt es wegen Netzüberlastung immer wieder zu Stromausfällen. In den letzten Tagen gab’s Temperaturen über 100 Grad Fahrenheit (knapp unter 40 Grad Celsius)! Das Erschlagende ist oft die Luftfeuchte – mir beschlägt manchmal die Brille, wenn ich aus klimatisierten Räumen (gefühlte Kühlschranktemperatur) nach draußen gehe. Joggen fällt bei diesem Wetter im Moment leider für mich flach, da ich sonst fast explodiere. Es gibt aber immer noch einige Sportler/innen (Verrückte?), die sich in der prallen Mittagssonne quälen. Die Rasenflächen werden langsam gelblich-bräunlich und das Bewässern des Gartens ist in einigen Landkreisen schon wegen Wassermangels verboten. Die Formel „Sommerzeit gleich Urlaubszeit“ scheint hier übrigens nicht zu stimmen: Zu meiner Überraschung winken viele Leute ab, wenn man sie nach ihrem Urlaubsziel fragt – viele nehmen ihren Familienurlaub einfach irgendwann anders im Jahr, wenn keine Schulferien sind (da sind die Schulen sehr kulant). Einige haben allerdings auch irgendwo ein „summer house“, in dem sie den Sommer verbringen – zum Beispiel an der Küste, um dem schwülen Klima hier zu entkommen.
Nix mit Routine
Unsere Routine vom Mai ist leider wieder dahin. Unser Leben stand im Juni und Juli ziemlich Kopf: Ole hat sich das Handgelenk gebrochen (die Erfahrungen in der Notfallaufnahme waren nicht die besten) und der Schreck sitzt uns allen noch in den Knochen. Wir hatten aber auch einige Feiern (zwei Kindergeburtstage, eine Sommerparty) und sind inzwischen um einiges klüger, was amerikanische Partyregeln angeht. Die Kinder haben ihr erstes Schul(halb)jahr beendet, es gab Zeugnisse (report card) und sie standen mit ihren Klassen auf der Bühne. Und unsere Hilfe, Duaa, ist wieder weg. Hals-über-Kopf. Bumms. Trotz der unruhigen Zeiten gab es zwei absolute Highlights (gute Laune und schöne Füße), an denen ich mich hochziehen kann. Und wir sind jetzt ein knappes halbes Jahr hier – Zeit für eine zweite Bilanz (auch hier später mehr).
Zeugnisse auf Amerikanisch
Theo (8) und Tim (6) bringen Zeugnisse mit nach Hause. Wir sind total erstaunt, weil sie so komplett anders sind als die in Deutschland – keine einzige Note, super detailliert werden die Fertigkeiten/Kompetenzen in jedem Fach heruntergebrochen und dann beurteilt. WAHNSINN – was für eine Arbeit für die Lehrkräfte. Am Ende gibt es noch einen Bericht von den Klassenlehrer/innen. Wer Interesse hat – guckt es euch mal an – aber macht euch einen Tee, denn es könnte länger dauern. 🙂 Zeugnis Theo Zeugnis Tim
Ein blaues Wunder zum Abkühlen
Marc kauft für uns alle einen riesigen, 12 feet swimming pool (etwa 3,7 Meter Durchmesser) für den Garten. Er sieht für deutsche Verhältnisse übertrieben aus, hilft aber, sich bei der Hitze abzukühlen und wieder klar im Kopf zu sein. Und für die Kids bedeutet er endlich wieder ein willkommenes Wasservergnügen nach fünf langen Monaten „Enthaltsamkeit“ – denn es gibt hier keine öffentlichen Hallenbäder.
Glühwürmchentheater
Tim (6) hat sein school play „BUGZ“ (frei übersetzt “Krabbelgetier“): Er spielt eine fire fly (ein Glühwürmchen). Das anschließende Blitzlichtgewitter und das gekonnte, profihafte Posieren der amerikanischen Kinder (manche sind gerade mal fünf Jahre alt!) vor den Kameras ihrer Eltern sind beeindruckend – wo lernen die das nur? Theo wird acht und spielt einen Soldaten An seinem Geburstag feiert Theo morgens mit Freunden seine Star-Wars-Party, nachmittags gibt es ein großes Sommerfest mit unseren neuen Bekannten im Garten („backyard“ sagt man hier). Ein paar Tage später hat er sein school play „Historical nonsense“: Er spielt einen Soldaten der amerikanischen Armee im Unabhängigkeitskrieg, die unter der Führung von George Washington den harten Winter von 1779/80 in Morristown ausgeharrt hat. Und: Er spricht seinen Teil glasklar und flüssig – echt toll!
Oma statt Duaa
Oma Karin kommt zu Besuch und packt ganz kräftig mit an. Zum Glück! Denn Duaa hat uns Hals-über-Kopf wieder verlassen. Danke an Oma Karin! Und dann noch zwei Unfälle und viele Abschiede Tim (6) läuft beim Herumtoben gegen eine Tür und muss an der Augenbraue genäht werden. Ole (4) fällt die Treppe runter, bricht sich das Handgelenk und zieht sich eine dicke Platzwunde am Kinn zu. Was dann auf uns zukam, lest ihr bei „Hilfe! Emergency Room!“
Abschiede
Am 21. Juni ist der letzte Schultag von Theo (jetzt 8) an seiner jetzigen Grundschule (nur Kindergarten, 1. und 2. Klasse) und so gibt es für seine Jahrgangsstufe eine moving-up ceremony – er kommt im September auf eine neue Schule, dann ist er im 3. Schuljahr. Ein paar Tage später gibt es die Abschiedspartys zweier Expat-Familien; zu einer gehört leider auch Tims Freund Justus. Wie schade, kaum hat man sich etwas kennengelernt, muss man sich schon wieder verabschieden …
WM-Fieber!
Nicht zu vergessen: Wir haben natürlich auch Fußball geguckt, unsere Mannschaft angefeuert und mitgejubelt. Die WM ist inzwischen tatsächlich auch ein Thema in den USA, viel größer als noch vor vier Jahren, wie uns einige Amerikaner/innen sagten. Aber es kann einem schon mal passieren, dass sie in einer Bar mitten in einem spannenden Fußballspiel auf Baseball umschalten und dann auch dabei bleiben – Pech für Marc und mich 🙁 . Wir sind gespannt, Deutschland am Tag des Endspiels noch im Fußballfieber vor Ort zu erleben (auch wenn unsere Mannschaft nicht mehr dabei ist). Wir freuen uns, bald endlich mal wieder deutsche Fahnen zu sehen, denn im Moment hat die Verteilungsdichte der amerikanischen Flaggen einen Höhepunkt erreicht (sie sind einfach ÜBERALL). Was allerdings nichts mit der WM, sondern mit dem 4. Juli zu tun hat, dem amerikanischen Unabhängigkeitstag.
Hilfe! Emergency Room!
Ole (4) ist in unserem Haus die Treppe heruntergefallen. Ich war mit ihm zunächst in einer ambulanten Notarztpraxis, wo seine Platzwunde genäht und Röntgenaufnahmen von Hand und Kiefer gemacht wurden. Der Arzt und die Helfer/innen waren alle super nett zu uns, einer hat sogar sein angestaubtes Highschool-Deutsch rausgekramt und sich unheimlich Mühe gegeben, Ole abzulenken. Die ganze Mannschaft hat zwei Überstunden gemacht (bis 22 Uhr), bis er soweit versorgt war, dass wir zunächst mal nach Hause konnten. Ich musste meine Kreditkarte übrigens nicht schon gleich zu Beginn abgeben wie sonst – sie wollten sie erst am Ende haben! Die ganze Sache war für mich eine Herausforderung der neuen Art: Ich hatte keine Ahnung, wo Marc steckte (ich hoffte, irgendwo in der Luft auf dem Weg zu uns) und bin bei blutigen Angelegenheiten nicht die erste Wahl (da behält Marc eher den kühlen Kopf – er hat ja als Kind genug Erfahrungen aus erster Hand gemacht, als er nach einigen Unfällen und Verletzungen Stammgast in der Notaufnahme war). Leider wurden die Diagnosen in der Praxis immer schlimmer: komplizierter Handgelenksbruch und Verdacht auf Kieferbruch. Hieß: Ole musste auf jeden Fall zum Richten noch in der Nacht ins Krankenhaus, also in den emergency room (ER). Ole weinte und blutete, mir sackte der Kreislauf weg. Zum Glück fiel mir dann der Name einer neuen Expat-Freundin ein, die tatsächlich auch direkt kam, um zu helfen. Aber es war schon ein ungewohnt hilfloses Gefühl, in einer Situation, die einen selbst umhaut, die volle Verantwortung zu haben. Dazu kamen auch noch die fremden Namen der Schmerzmittel (Tylenol, Advil, Benadryl …) – kein Mensch hat mich verstanden, als ich etwas von „Paracetamol“ oder „Nurofen“ erzählte. Marc ist um Mitternacht tatsächlich in Newark gelandet und mit Ole sofort in den ER (Emergency Room) gefahren. Dort waren allerdings 41 (!) Leute vor ihnen dran und sie mussten bis morgens um acht Uhr warten, bis die Knochen wieder in die richtige Position gebracht waren – ganz ohne OP, nur durch Ziehen! Kommentar Marc: „Ole hat ganz schön gejunkt!“. Sechs Wochen Gips („cast“) sind jetzt für Ole angesagt. Nach zwei Wochen …
Kindergeburtstage auf Amerikanisch
Nachdem Ole (4) und Paul (3) schon mehrfach zu Geburtstagen von Kindern der preschool eingeladen wurden, waren wir jetzt selbst Gastgeber. Diesen Monat freut sich Theo auf seinen Geburtstag: „Morgen ist mein birthday. Ich sitze schon ganz ungeduldig auf meinem chair.“ Sein Wunsch: eine Star-Wars-Party bei uns im Garten mit Lichtschwerterkämpfen (Schwimmnudeln), einer Yoda-Rettungsmission und Star-Wars-Torte. In der preschool werden meist alle Kinder der Gruppe eingeladen (also zwischen 15 und 30 Kids), und man feiert eigentlich grundsätzlich „auswärts“. Die Einladungen sehen aus wie die Reklameblätter von Indoorspielplätzen (vom Spielplatz professionell gemacht, die Hälfte ist Kleingedrucktes und mit Freizeilen zum Ausfüllen und Unterschreiben versehen). Wir haben bereits zwei Feiern verpasst – einmal, weil ich eine Einladung als Reklame weggeworfen und einmal, weil ich das Datum nicht richtig entziffert hatte. Ohne Waiver geht hier nichts Vorher gilt es, die Haftungsverzichtserklärung zu unterschreiben (sonst läuft nichts), dann ca. eine Stunde auf Hüpfburgen oder im jungle gym herumtoben, anschließend 30 Minuten Kuchen und Pizza essen. Eltern bleiben dabei und nach zwei Stunden fahren dann alle nach Hause. Da ich im Alltag die meisten Familiendinge organisiere, habe ich bisher Marc auf die Kindergeburtstage geschickt. Er beschreibt, wie das Ganze so abläuft: Marc erzählt: Um den Aufwand einer eigenen Party zu vermeiden und auch, um gegenüber den anderen Müttern ein bisschen aufzutrumpfen, werden sogenannte Party-Events gebucht – mit Firmen, die auf das Ausrichten von Kindergeburtstagen spezialisiert sind. Das Verfahren ist vollständig durchorganisiert und dauert etwa zwei Stunden: Nachdem sich die kleinen Gäste mit ihren Eltern im Partybetrieb eingefunden haben – der zumeist in einem Gewerbegebiet gelegen ist – müssen erst mal alle eine Haftungserklärung abgeben – ohne diese Erklärung kommt man erst gar nicht rein. Die Geschenke werden in eine vorbereitete Kiste gelegt, ohne persönliche Übergabe, keins wird vor Ort ausgepackt. Dann geht es in den ersten Spielraum, in der Regel sowas wie ein Indoorspielplatz mit aufblasbaren Hüpfburgen. Hier toben die Kinder durcheinander, aber ohne direkte Interaktion. Nach 45 Minuten geht es in den zweiten Spielraum mit anderen Hüpfburgen, wo sich das Spiel wiederholt. Danach geht es in den „party room“, wo bereits ein Quadratmeter …