Eis essen im Schnee

Mitten im Februar wird es auf einmal dann sprunghaft wärmer: Gestern noch mit Mütze, Schal und Handschuhen in eisigem Wind, können wir am nächsten Tag bei warmen sonnigen 18°C schon die Jacken ausziehen und erste Frühlingsgefühle genießen. Überall hört man leise das Tauwasser gluckern. Aber Vorsicht: Das Ganze geht auch leider wieder andersherum und Temperaturunterschiede von 20°C innerhalb von Stunden lassen uns immer wieder staunen. Das Sympathische – wenn auch etwas Irre – an vielen Amerikaner/innen ist jedoch ihre Sturheit gegenüber Temperaturen. In unbeirrbarer Erwartung auf den Frühling bleiben bei den ersten wärmenden Sonnenstrahlen die Jacken zuhause, und Shorts und manchmal sogar T-Shirts werden herausgeholt (wie z. B. für die Müllmänner, die in Neon-T-Shirts auf ihren Müllautos fahren). Und auch die Nachbarskinder kommen in Shorts zum Schulbus, selbst wenn die Eltern schimpfen.

Böse Eis-Überraschung beim Joggen

Ich muss mich einfach bewegen – wie im Januar gehe ich immer raus, egal ob es schneit oder regnet, egal wie kalt (ja, ja, ich weiß …). Ich kann auch schon ganz gut auf Schnee laufen – bisher bin ich noch nie ausgerutscht. Aber eines Morgens lief ich mitten durch einen Schneeschauer, und das Gemeine war, dass man die vereisten, wirklich rutschigen Stellen auf der Straße nicht mehr erkennen konnte, weil sie schneebedeckt waren. Da ich diese Stellen aber aus dem Gedächtnis kannte, wusste ich, wo ich besonders aufpassen musste. Meine Nachbarin Nancy die frühmorgens immer die Runde mit ihren Hunden macht und die ich stets um kurz vor sieben treffe, war auch unterwegs und hatte leider weniger Glück: Von Weitem sah ich sie stürzen und schreien. Mit meinem Handy holten wir Hilfe. Ihr Handgelenk war gebrochen, sie musste operiert werden und läuft seitdem mit einem Gips herum. Nach dieser Geschichte war ich etwas geschockt und habe tatsächlich ein Laufband für drinnen bestellt (obwohl ich das Laufen auf Laufbändern echt langweilig finde – also nur eine Notlösung bei wirklich miesem Wetter). Aber es gibt ja schließlich auch noch eine weitere praktische Verwendungsmöglichkeit von Laufbändern: Ich habe schon von verschiedenen Hundebesitzerinnen gehört, dass sie auch ihre Hunde zum Auslauf mit auf das Laufband nehmen – und was für Hunde gilt, könnte ja auch für Kinder funktionieren – mal sehen 😉

Unser Geländewagen: eine angenehme Überraschung

Ich habe eine steile Lernkurve in Bezug auf die Nützlichkeit von Geländewagen: SUVs sind nicht nur amerikanisch, protzig und umwelttechnisch eine Katastrophe (meine Meinung), sondern haben bei dem Winterwetter hier tatsächlich auch deutliche Vorteile: Man kann mit ihnen durch 40 Zentimeter tiefen Neuschnee fahren, sogar bergauf auf unsere Einfahrt. Die Beifahrertür lässt sich trotz der aufgetürmten Schneeberge an den Straßenrändern noch öffnen (da sie höher liegt – bei normalen Autos ist man „gefangen“ und muss über den Fahrersitz rausklettern). Deutliches Plus: Wenn man durch eines der Schlaglöcher fährt, bekommt man nur einen starken Stoß in den Körper und einen gehörigen Schreck, aber das Auto setzt nicht sofort mit der Karosserie auf der Straße auf. Insofern ist es ein gutes Gefühl, bei diesem Winterwetter mit unserem Geländewagen durch die Gegend zu fahren – in Deutschland müsste Marc ziemlich viel Überzeugungsarbeit leisten, bis ich mich in einen setzen würde. Aber hier mache ich es freiwillig.

Indian Summer mitten im Februar

Ein kurzer, aber sehr versöhnlicher Moment: Morgens beim Joggen durch unser Wohngebiet staune ich nicht schlecht, als ich mich in den farbenfrohen Herbst zurückversetzt fühle. Die Sonne geht gerade im Osten auf, steht also noch ganz tief und der „Morgenrot-Effekt“ taucht die hohen Bäume in ein strahlendes Rot-Orange. Es tut so gut, nach den ewigen weiß-grau-schwarz-Variationen mal wieder eine Farbe in der Natur zu sehen. Auf dem Rückweg ist das Schauspiel dann vorbei – die Sonne steht schon zu hoch und alles ist wieder wintergrau.   Es war also ein ziemlich aufwühlender, anstrengender Monat, der mal wieder meine Nervenstärke und Flexibilität getestet hat, aber ich mache Fortschritte und bin nicht kopflos geworden – von daher eben auch positiv. Es gibt auch eine Neuigkeit, die ausnahmsweise mal nur mich betrifft – die verrate ich euch in ein paar Wochen. Martin, unser Dauergast, weiß es schon … Sein Kommentar dazu: „Echt?…Cool.“

Jetzt ist Marc dran mit seinem Blick auf den Februar 2011

Marc erzählt: Wir waren über Weihnachten in Deutschland und sind kurz vor meinem Geburtstag wieder nach NJ geflogen. Doch im Februar war ich bereits wieder zweimal in Europa: Zum einem hatten wir einen P3-Strategieworkshop, zu dem ich für zwei Tage in Deutschland war. Eine Woche später war dann der Mobile World Congress 2011 in Barcelona. Also bin ich wieder nach Deutschland geflogen, um anschließend zum MWC nach Spanien weiterzureisen. In der Woche danach war ich in San Francisco und so sind alleine im Februar 44.742 Meilen zusammengekommen. Man sollte meinen, mir würde es erst mal reichen mit dem Fliegen …

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Fliegen als Gegengewicht zu meinem Beruf

Über Weihnachten wurde mir klar, dass ich ein mentales Gegengewicht zu meinem Beruf brauche und ich hatte im Septemberbrief ja erzählt, dass ich angefangen habe, einen Pilotenschein zu machen. Nach den Anschlägen vom 11. September (die nennt man hier nur 9/11) müssen Ausländer, die einen Pilotenschein in den USA machen wollen, einen Background-Check über sich ergehen lassen und Fingerabdrücke abgeben. Leider zögerte sich meine TSA-Freigabe (Transportation Security Administration) bis Februar hinaus, da ich nicht dazu gekommen bin, diese Fingerabdrücke abzugeben. Doch im Februar habe ich endlich die TSA-Freigabe bekommen und einen engen Zeitplan mit der Flugschule abgestimmt, um die Ausbildung nun zügig durchzuziehen. Im März werde ich jede Woche mindestens vier Stunden pro Woche fliegen! Leider ist die „VFR-Ground-School“ (Visual Flight Rules), also die Theorieausbildung, gerade vorbei und so muss ich viel im Selbststudium erarbeiten. Damit das einfacher geht, habe ich mich für die „IFR-Ground-School“ (Instrument Flight Rules) eingeschrieben. Das ist eigentlich für fertige VFR-Piloten gedacht, die eine weiterführende Ausbildung für den Instrumentenflug absolvieren. Aber ich komme mit den Inhalten gut klar und ich habe bereits eine Menge über VORs (Very High Frequency Omnidirectional Range) und ATCs (Air Traffic Controls) gelernt. Die Ausbildung hier in unmittelbarer Nähe zu NYC gehört sicher zu den anspruchsvollsten der Welt: Der unheimlich dichte und regulierte Luftraum, gepaart mit vielen Sonderregeln und den drei großen Verkehrsflughäfen in unmittelbarer Nähe macht vor allem den Funkverkehr und die Navigation sehr spannend. Aber wenn ich fertig bin, kann ich euch mit zu einem der schönsten Rundflüge der Welt nehmen: die Skyline-Route durch die Hudson River Exclusion Zone (von Norden kommend an der George-Washington-Bridge vorbei, den ganzen Hudson River runter, an der Statue-of-Liberty vorbei und dann über die Verrazano-Bridge raus aufs Meer).  

Das kleine Wunder mit Paul und die sehr persönliche Begegnung mit der Freiheitsstatue. Warum März der peanut butter-Monat ist und die St. Patricks-Umzüge wie eine grün-weiß-orange Mischung zwischen Karnevalszug, Blumenkorso und Schützenfest aussehen.   Der März fühlt sich schon um Klassen besser an als der Februar: Das Wetter wird besser und für uns bzw. mich gibt es direkt zwei sehr persönliche Höhepunkte – dazu später. Außerdem steht diesen Monat wieder der irische St. Patricks Day an und schon pünktlich am 1. März hängen überall die grün-weiß-orangenen Flaggen in den Vorgärten und an den Laternen in Morristown – es geht aufwärts und der lange, harte Winter hat seinen Höhepunkt hinter sich. Das muss auch so sein, denn Anfang März fängt für unsere Uhren die Sommerzeit an – ihr erinnert euch: „Spring forward, fall back“ – sie klauen uns also eine Stunde.

Herzlich willkommen, liebe Sonne!

Zunächst der „Wetterbericht“: Anfang des Monats fängt es vielversprechend an. Sonne! Es wird wärmer, Schnee und Eis schmelzen endlich weg, die Streifenhörnchen laufen einem wieder über den Weg, im Auto wird es schon richtig schön warm und auch Theo (8) und Tim (7) holen ihre T-Shirts und Shorts raus – da werden sie langsam doch amerikanisch. Es gibt wieder Tage, an denen man ausgiebig draußen spielen kann und wir endlich, endlich mal wieder dreckige, zufriedene Kinder haben! Auch die Spielplätze leben jetzt auf und die Sportfelder sind wieder belegt: Die Jungs und Männer, die man so z. B. beim Basketballspielen oder Joggen trifft, sind immer öfter ohne Oberteil unterwegs. Tim fragte bei diesem Anblick sofort: „Was passiert, wenn denen die Hosen runterrutschen? Glaubst du, die Leute mögen das hier?“ – Nee, bestimmt nicht! Wenn auch sonst prüde, geht das „oben ohne“ bei Männern als gesellschaftsfähig durch, und sie leben diesen „Ausziehreflex“ auch schon aus, wenn das Wetter durchaus noch einen Pullover erlauben würde.   Der März: In like a lion, out like a lamb Im Laufe des Monats verstehe ich dann auch, wie die „Bauernregel: „March – in like a lion, out like a lamb“ tatsächlich funktioniert: Die Position der beiden allegorischen Tiere ist austauschbar, je nachdem wie es zu Beginn des Monats war. Da der März wie ein Lamm anfing (es war ja schön warm), kommt das dicke Ende dann im Laufe des Monats: viel, viel Regen mit lokalen Überflutungen, die Temperaturen fallen wieder unter null Grad Celsius und es gibt erneut eine Menge Schnee. Aber damit genug zum Wetter.

Der Erdnussbuttermonat

Für die peanut butter Fans unter euch: Der März ist offizieller Erdnussbuttermonat – schon seit 1974. Ganz viele Amerikaner/innen sind verrückt danach. Jetzt hört man im Radio, was die Leute alles so mit peanut butter essen, z. B. Erdnussbutter auf eine Banane draufstreichen und dann oben noch marshmallows (Schweinespeck) drüber streuen – Theo würde das sogar essen. Ich habe im Moment genug von Erdnussbutter – waren wohl doch etwas viele Reese‘s im Februar.   Wem das noch nicht reicht, kann ja mal hier reingucken: http://www.nationalpeanutboard.org/recipes/

Das Mehrgenerationenhaus

Was unseren Haushalt angeht, so kommt unser Haus (und ich beim Einkaufen) jetzt an seine Grenzen. Mit drei „Langzeit“-Besuchern sind wir zu neunt – allen voran meine Mutter, die die Frauenquote etwas anhebt und mir ganz viel im Haus und mit den Kids hilft. Nach dem stressigen Februar komme ich wieder zur Ruhe und genieße die kleinen Freiräume umso mehr. Tausend Dank! Ansonsten sind wir fast wie ein alternatives Wohnprojekt, in dem viele Menschen verschiedener Generationen unter einem Dach wohnen: Unsere Kids (unter 10 Jahre), Philipp aus Marcs Familie (20 Jahre), Martin, Marcs Cousin (fast 30 Jahre), Marc und ich (fast 40 Jahre) und meine Mutter als Oma – da kommt Leben ins Haus und feine Beziehungsnetze spannen sich kreuz und quer.   Theo und Tim stürzen sich auf Philipp, da sie endlich jemanden haben, der sich mit Star Wars auskennt (und nicht wie ich immer nur „hmm … ja … ja“ sagt), Fußball spielt und Nachtpartys zu Bruno Mars’ „Grenade“ mit ihnen feiert. Aber es läuft wirklich gut, und wenn man nicht gerade als letzte oder letzter morgens duscht, hat man auch noch warmes Wasser 😉 . Ich kann eine „Lost and found“-Stelle in der Waschküche aufmachen, weil es mal wieder zahlreiche Socken und Pullover gibt, die herrenlos bleiben und die niemandem gehören wollen – faszinierend.