Marcs Schwester hat auf dem Weg vom Office zum Highway mal die Fahrt durch das märchenhafte Winter Wonderland aufgenommen. Dabei ist sie auch an “unserer” Carton Road vorbeigefahren. 🙂
Kratzen und Schaufeln
Unsere Blamage: Wenn es hier richtig geschneit hat, dann dauert es nicht lange, bis alle Leute auf den Beinen sind – dann werden die Straßen und auch die driveways (Einfahrten) geräumt. Die sonoren, kratzenden Geräusche hört man selbst im Haus, wenn die großen Schneepflüge über den Asphalt schaben. Und ebenso die Nachbarsfamilien, die mit den Schneeschaufeln scheppern (das kennt man ja auch aus Deutschland). Unser über 80-jähriger Nachbar holt seinen snowblower heraus (eine Art „Rasenmäher“ mit seitlichem Rohr, aus dem der Schnee rausgeschossen kommt). So fährt er nach einem ausgeklügelten System seine gesamte Einfahrt ab und ist nach anderthalb bis zwei (! J) Stunden fertig. Zuerst Entspannung … Bei der Nachbarsfamilie gegenüber packen alle an und schaufeln Schnee (Schule fällt ja aus) – nach anderthalb Stunden Schipperei ist die gesamte Einfahrt frei. Und während die ganze Carton Road fräst, schaufelt und schwitzt, sitzen wir noch drinnen im Haus, die Kids spielen, wir machen den Kamin an und gucken in den Garten, der so wunderschön winterlich daherkommt. Unser driveway interessiert uns nicht sonderlich. Mit dem Allradantrieb des BMW kommen wir sogar durch den Schnee rauf und runter, und den Honda lassen wir vorsorglich unten an der Straße (soweit haben wir noch mitgedacht). Nach deutscher Art machen wir nur einen kleinen Weg für den Paketboten zur Garage frei (oder habt ihr das bisher etwa anders gemacht?) Ansonsten genieße ich das Knirschen des frischen Schnees unter unseren Füßen. Das war’s. Wir sind die einzige Einfahrt auf unserer Straße, die noch Schnee drauf hat – wirklich die allereinzige, aber noch finden wir das o.k. So weit, so gut, die ersten zwei Tage läuft es auch nicht schlecht. … dann das böse Erwachen! Aber dann … ja dann schmilzt ein großer Teil des Schnees tagsüber, als die Sonne scheint, wird wässrig und matschig. Nachts fallen die Temperaturen derart, dass wir am nächsten Morgen eine komplett vereiste Einfahrt haben. Es ist kaum möglich, da runter zu kommen, ohne sich hinzulegen (es sei denn, man geht durch den Schnee auf dem Rasen, aber da ist man immer komplett voll), der BMW kommt auch kaum noch rauf (vom …
Letter Days
Was nach den snow days bleibt: Die allgemeine Verwirrung, welche Fächer am nächsten Tag unterrichtet werden. Und jetzt wird es spannend – also gut aufgepasst: Unser Stundenplan ändert sich nämlich durch einen Schneetag: Alle Schultage rutschen einen nach hinten. Die Schule schreibt dazu: „Please be aware that when we have a snow day the following day is the letter of the snow day. We do not skip letter days.” Also: Die Kinder hier im Morris County school district haben keine Fächerverteilung nach Wochentagen, sondern sie haben ihre Fächer auf sechs verschiedene „letter days“ verteilt, nämlich A-, B-, C-, D-, E-, F-Days. Wie passen sechs „letter days“ in eine fünftägige Schulwoche? Also, ein Beispiel: Tim hat Sport immer an A-Days. In der ersten Schulwoche war Sport also an einem Montag, aber schon in der zweiten Schulwoche rutschte der Sport dann auf den Dienstag, und dann auf den Mittwoch usw. – total unpraktisch zum Tornister-Packen, verrückt und unpraktisch, oder? Die Schule gibt daher jeden Monat eine Übersicht, in der steht, welcher letter day auf welchen Wochentag fällt. Zurück zu den snow days: Vor ein paar Jahren hat der Schuldistrikt beschlossen, dass alle Tage „gleichberechtigt“ sind und keiner einfach durch einen snow day oder einen Feiertag ausfallen darf (könnt ihr noch folgen?). Daher wird dann der „letter day“, der an dem snow day/Feiertag war, einfach am nächsten Tag nachgeholt. Das bedeutet: Alle letter days rutschen wieder einen nach hinten, womit der Plan der Schule nicht mehr stimmt. Man muss also gut aufpassen, wenn man den Tornister packt: Wann muss Theo seine Bücher mitnehmen? C-Day: Library! Wann seine Kunstsachen? E-Day: Art. Das Gleiche gilt für Tim. Wie einfach ist es doch in Deutschland: Montag ist Sport, Dienstag ist Englisch, Mittwoch ist Schwimmen … Ich hatte durch den Feiertag und die Schneetage schon recht schnell den Überblick verloren. Um aber alle nun gänzlich zu verwirren, wurde an Theos Schule dann einmal gegen diese Regeln verstoßen, weil sie Besuch von einem Autor bekommen haben. Und sie konnten nicht den Tag „anhalten“, weil das Ganze eben am „library day“ passieren musste J. Also, jetzt haben Theo …
Staying-at-home moms und working moms
Ich bin übrigens nicht die einzige, die ein wenig über die snow days jammert. Die sonst recht korrekten Moms beim pick-up äußern sich ungewohnt deutlich (hinter vorgehaltener Hand und mit leiser Stimme): „Honestly, this weather sucks.“ So ziemlich alle staying-at-home moms haben langsam die Faxen dicke und wollen wieder Routine. Aber was sollen da erst die working moms sagen? Was tun mit Kindern, wenn man zur Arbeit muss und nicht für die snow days seinen halben Jahresurlaub nehmen möchte? Einige machen dann „home office“ (wobei das wohl oft nur beim guten Vorsatz bleibt), manche arbeiten in „Schichten“ (morgens fährt die Mutter, dann nachmittags der Vater zur Arbeit), manche nehmen die Kids einfach mit (Marc hat unsere auch schon mal mitgenommen). In einer Arztpraxis saßen direkt zwei Kids hinter dem Tresen, mit Chipstüten und Soda ausgestattet. Wieder andere lassen die Kids auch einfach alleine zu Hause – was aber hier vor dem 12. Lebensjahr keine wirkliche Option ist. Die gängige Regel lautet, Kinder unter zwölf Jahren nicht alleine zu Hause zu lassen, auch wenn das kein offizielles Gesetz ist. Aber es wird von Eltern und Erzieher/innen als inoffizielle guideline akzeptiert. Egal – es ist einfach so, wie eine der Mütter mir trotz Bedauerns über die erneuten snow days sagte: „Better safe than sorry.“ Das ist übrigens einer der Lieblingssprüche der Amis. Und das Wetter hier hat ja auch einiges in petto, was ich in dieser Form aus Europa nicht kenne. Folglich schütteln die Leute hier nur völlig verständnislos den Kopf, wenn man ihnen erzählt, dass es bei uns trotz Eis, Schnee und Glätte keine snow days gibt.
Family Bits and Pieces Januar 2011
Marc hatte Geburtstag (seinen 39.) und Theo redet auf einmal wieder mehr Deutsch mit Tim (wohl wegen des Heimatsurlaubs). Aber auch wenn er wegen des ständigen Drinnen-Seins die Wände hochgeht und ziemlich zappelig ist, kommentiert er im Moment fast alles mit „awesome“. Tim übt fleißig weiter lesen und schreibt seine ersten Wörter. Abends liest er seinen Brüdern etwas vor. Einmal kommt er aufgeregt aus der Schule und erzählt, dass vor längerer Zeit eine schwarze Frau im Bus nicht aufgestanden sei und dafür ins Gefängnis musste – der dritte Montag im Januar ist Martin-Luther-King Day und daher haben sie in der Klasse über Rosa Parks gesprochen. Dann schicke ich Marc mit Theo und Tim zum Frisör, und beide kommen mit einem ziemlich scheußlichen Pottdeckelschnitt nach Hause – ehrlich gemeinter Kommentar eines Nachbarn am bus stop: „Oh, I like your haircut.“ Für Ole und Paul haben wir jetzt die erste Rate für das neue Schuljahr ab September gezahlt: 2.350 Dollar – puh!! Übrigens redet Paul immer noch nicht in der preschool 🙁
Hartnäckige Wanzen
Und wir haben wieder viele Krabbeltiere im Haus: Wir wissen nicht genau, wo sie herkommen, aber genau wie im letzten Januar sitzen insbesondere in der ersten Etage wieder überall die „stink bugs“ herum (zu Deutsch „Wanzen“, die mit dem Dreieck auf dem Rücken). Ihr erinnert euch vom Sommer noch: Die Kinder und Marc mögen sie gar nicht, mir sind sie recht egal (solange sie leben). Marc hatte mal eine unter der Bettdecke und ist ausgeflippt. Seitdem bekommt er immer fast einen Herzinfarkt, wenn mir meine kleine Haarspange auf den Holzboden fällt, denn das hört sich genauso an, als ob eines von diesen Krebstierchen auf den Boden fällt, wenn es an der Wand abrutscht. Aber eins muss man ihnen lassen: Man kann sie einfach so von der Wand „pflücken“ und in der Toilette runterspülen, weil sie keinerlei Fluchtreaktion zeigen.
Stop-and-go
Der Januar war also ein ständiger Stop-and-go-Betrieb und fühlte sich an wie „zähflüssiger Verkehr mit Stau“: Zehn Minuten Autofahren und dann wieder fünf Minuten Stehen im Wechsel. Und das für etliche Stunden, immer mit der Hoffnung, dass es endlich wieder normal weitergeht – einfach nur anstrengend. Die Kinder kamen durch die ganzen freien Tage so gar nicht in den Trott und wurden mit der Zeit ganz schön träge. Sie sind nach etlichen Tagen zu Hause nun wirklich „ausgespielt“ und könnten neuen Input und ein bisschen Struktur wieder brauchen. Und ich will auch mal wieder etwas schaffen können, ohne Kinder im Gepäck. Kleiner Hoffnungsschimmer am weißen Horizont: Wegen der vielen snow days im Januar hat der school district einen freien Tag im Februar gestrichen und wieder zum Schultag erklärt. Na bitte, geht also auch andersherum! KEEP TALKING (6) – Zwölf Monate USA Wie nach einem Jahr das Englisch aller Kids immer flüssiger wird und jetzt auch zuhause Einzug hält. Und warum ihr Deutsch gleichzeitig immer mehr Fehler zeigt.
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