Den feiern wir mit einer befreundeten deutsch-amerikanischen Familie und genießen die guten Würstchen und den Leberkäs von der deutschen Metzgerei. Außerdem gibt es deutsche Schaumküsse, die man auch nur dort kaufen kann. Martin geht in New York im „Lorelei Biergarten“ feiern. Dort sei es fast wie in Köln, sagt er: Es läuft deutsche Karnevalsmusik und es gibt natürlich endlich mal wieder gutes deutsches Bier: Gaffels vom Fass (0,2 l für 4 Dollar, 0,4 l für 6 Dollar oder auch Reissdorf aus der Flasche für 6 Dollar).
Am 21. Februar ist Presidents‘ Day
Die mächtigsten Männer des Landes: Washington, Lincoln & Co. Der Presidents‘ Day ist ein offizieller Feiertag und findet jedes Jahr am dritten Montag im Februar statt. An diesem Tag ehren die Leute vor allem zwei Präsidenten: George Washington und Abraham Lincoln. George Washington war der erste Präsident der USA (er hatte am 22. Februar Geburtstag) und wird als Vater der Nation angesehen, da er die amerikanische Armee im Unabhängigkeitskrieg 1783 zum Sieg gegen die Briten geführt hat. Eines seiner Hauptquartiere während des Krieges lag übrigens bei uns in Morristown und seine Soldaten überwinterten in den umliegenden Wäldern. Washington wählte Morristown als sein Winterquartier aus, weil man von hier einen guten Blick nach New York runter hatte, wo die britischen Truppen überwinterten. Sein Konterfei begegnet uns im Alltag jeden Tag auf den 1-Dollar-Banknoten und auf den Quartern (25-Cent-Stücke). Von den 5-Dollar-Banknoten und den Pennys guckt einen der andere Präsident an, dem besonders an diesem Tag gedacht wird: Abraham Lincoln („Honest Abe“), der 16. Präsident der USA. Er hatte auch im Februar Geburtstag und übrigens wie wir vier Söhne 🙂 . Er führte die 25 nördlichen Staaten (die Union) in den amerikanischen Bürgerkrieg (1861-1865) gegen die Armee der abtrünnigen elf Südstaaten (die Konföderierten). Durch seinen Sieg vereinte er die amerikanischen Staaten wieder, schaffte die Sklaverei ab und machte den Weg frei für eine ökonomische Modernisierung.
Besuch in Washington D.C.
Wir nutzen das lange Wochenende, um uns das Ganze selbst aus nächster Nähe anzuschauen, und so wird ein Stück amerikanischer Zeitgeschichte für uns ein wenig lebendiger: Marc fährt mit Ole und Tim nach Washington D.C. Tim arbeitet gerade für die Schule an einer Präsentation über Martin Luther King (Thema: „My famous African-American person“ – wir haben gerade den „Black History Month“). Sie besuchen dort das Lincoln Memorial, wo Martin Luther King 1963 seine legendäre Rede „I have a dream“ gehalten hat – da kann man Geschichte endlich mal anfassen. Schon gewusst? Warum ist der Februar der „Black History Month“?
Und was machen die Kids?
Fangen wir beim Jüngsten an: Paul (3) macht uns langsam doch Sorgen: Er hat immer noch kein einziges Wort (also wirklich GAR KEINS) in seinem Kindergarten gesprochen – und das seit über einem halben Jahr. Weder seine Lehrerinnen noch die anderen Kinder kennen seine Stimme. Er geht sogar weg, wenn andere Kids mit ihm spielen wollen und beobachtet dann alles aus sicherer Entfernung, bis sie wieder gegangen sind. Das Ganze passt irgendwie gar nicht zu Paul: Er ist sonst eigentlich immer ein „Gute-Laune-Bär“ – weder schüchtern noch introvertiert – der sich auch gegen seine großen Brüder durchsetzt, kräftig mitschreit und sich immer besonders viel Mühe gibt, beim Wettrennen endlich auch mal der erste zu sein (was ihm leider selten gelingt, weil seine Beine einfach kürzer sind als die der anderen). Er ist von den vieren der Kontaktfreudigste, der außerhalb des Kindergartens auf wildfremde Kinder zugeht und sich ganz entspannt mit vielen anderen Leuten (Postboten, Verkäufer/innen) auf Englisch unterhält. Er kann sich gut ausdrücken und auch blitzschnell zwischen Deutsch und Englisch hin- und herschalten. An mangelndem Englisch kann es also eigentlich nicht liegen. Zugegeben, solche Geschichten hört man ja selber öfter von ausländischen Kindern in Deutschland, die verstört für lange Zeit in der Ecke im Kindergarten „herumstehen“. Aber wenn es das eigene Kind ist, macht einem dieser Zustand dann doch irgendwann Sorgen – und dieser Punkt war jetzt bei uns erreicht. Ich habe mich dagegen entschieden, das Fachwort „selective muteness“ zu googeln, weil man sich erfahrungsgemäß hinterher oft eher schlechter fühlt – noch will ich nicht mehr darüber wissen und weiter hoffen, dass es von alleine mit der Zeit verschwindet. Folgende Geschichte brachte das Fass dann zum Überlaufen: Beim Abholen erzählte mir seine Lehrerin, dass er beim Lunch Hilfe beim Öffnen seiner Banane brauchte und mit der Banane herumwedelte, um Hilfe herzuholen. Sie versuchte, ein „please“ aus ihm herauszulocken, aber er blieb stumm. Nichts. Auch nicht, als sie ihm das Öffnen dann verweigerte (mein Bauchgefühl sagt mir, dass das auch nicht gerade pädagogisch war … egal). Jedenfalls hat er dann anschließend so lange an der Banane herumgefummelt, bis er sie …
Highschool-Cheerleaders
Theo (8) und Tim (7) reden im Moment wieder mehr Englisch miteinander. Martin, unser Gast aus Deutschland, amüsiert sich immer sehr, wenn sie Deutsch mit ihm und mir reden. Der neueste Trend: Rückübersetzungen vom Englischen ins Deutsche – bisher war es eher umgekehrt. Theo beschwert sich über Tim, als er kein warmes Wasser mehr zum Duschen hat: „Der Tim war‘s! Der hat die Dusche rennen lassen so lange.“ Tim fängt endlich an, frei auf Englisch zu schreiben, erzählt aber mit sehr viel Respekt von den Büchern in der Schulbibliothek: „Das sind zu viele Bücher. Das wird Jahre nehmen.“ Beide sind tief beeindruckt von einer Vorführung der Highschool-Cheerleaders inklusive Band an ihren Grundschulen. Sie marschieren im Haus herum, hüpfen und reißen die Arme nach oben, während sie skandieren: „Y-E-L-L – everybody yell yell“ (Buchstaben von Y-E-L-L müssen buchstabiert werden und dann mehrere Wiederholungen) und dann „Go Ravens, go Ravens“ – scheint tatsächlich ansteckend zu sein.
Gute Überraschungen. Schlechte Überraschungen.
Der Februar war insgesamt ein ziemlich bewegter Monat für uns, weil mitten in der Winterzeit viele unvorhergesehene Dinge passierten, die uns doch eine Menge Kraft kosteten. Reese’s (die fettigen Peanut-Butter-Cups – ihr erinnert euch? – man liebt sie oder man hasst sie), meine „Soforthilfe“ bei Stress, hatten Hochkonjunktur bei mir. Soviel vorab.
Good-bye Au-pair
Mitte Februar kündigt Morena – dieser Schritt war nicht besonders überraschend und auch nicht schockierend, sondern eher überfällig. Wir hatten ihr so oft gesagt, dass es völlig okay sei, den Job aufzugeben, wenn es ihr keinen Spaß mache (was nämlich, meiner Meinung nach, der Fall war, aber sie bestritt es). Anfang Februar hatte Morena sich innerhalb einer Woche den Fuß verstaucht UND dann auch noch eine Gehirnerschütterung zugezogen (zum Glück nicht bei der „Arbeit“) – zugegebenermaßen ganz schön hart. Als sie wieder halbwegs fit war, lief gar nichts mehr: Sie aß nichts (nichts Neues bei ihr) und sie trank nichts (auch, wenn ich mehrmals am Tag mit Getränken in ihrem Zimmer stand – sehr schwierig). Diese Geschichte war aber nur der letzte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte: Ganz abgesehen davon ging es einfach nicht mehr, trotz „good will“ auf beiden Seiten. Morena war einfach zu viel „Drama“ für unsere Situation: immer im Wechsel von hocheuphorisch bis zu Tode betrübt, und das seit Monaten. So etwas habe ich bei einer Erwachsenen (sie ist 25 Jahre alt) noch nicht erlebt. Beide Seiten haben sich über lange Zeit echt Mühe gegeben, aber „it just didn’t work out“. Die Kids waren nicht der Grund für ihren Weggang, da muss ich die vier Jungs in Schutz nehmen und bin erleichtert, dass es jetzt einen Endpunkt gibt. Die richtig böse Überraschung kam aber erst eine gute Woche später, nachdem sie bereits eine neue Gastfamilie gefunden hatte. Vor Ablauf der 14-tägigen Übergangszeit, in der sie noch bei uns helfen sollte, wartete sie eines Mittags mit gepackten Koffern bereits auf mich und zog aus, ohne sich auch nur von den Kids zu verabschieden. Sie sagte nicht, was los ist, sondern nur, dass mich die Au-pair-Agentur aufklären würde. Drei große Fragezeichen!!! Das tat diese dann auch – kurze Zeit später hatte ich die Hauptzentrale der Au-pair-Agentur an der Leitung, die uns informierte, dass jetzt eine formale Untersuchung des Falles eingeleitet worden sei. Wie bitte? Weswegen? Dass Morena an diesem Tag gegen eins unserer Kinder schwere Anschuldigung erhoben hatte wegen eines „tätlichen Angriffs“ vor drei Wochen, hörte ich …
Positive Überraschung: Zeugnisse für Theo und Tim
Ich war wirklich total überrascht, als ich beim Ausräumen der Schulrucksäcke von Theo und Tim die sogenannten „progress reports bzw. report cards“ (Zeugnisse) fand. Klar, eigentlich sind Mitte des Schuljahres Zeugnisse fällig (eben wie in Deutschland), aber bei dem ganzen Tohuwabohu waren wir tatsächlich völlig ahnungslos (letztes Jahr hatten die beiden nämlich keine bekommen – wir waren ja erst im Januar quer eingestiegen). Zum Zeugnis: Im Unterschied zu Deutschland ist das Zeugnis eher eine mehrseitige Lektüre. Hier gibt es bis zum 5. Schuljahr keine Noten, sondern nur drei Kommentare bzw. Buchstaben: E = Experiencing difficulty, P = Progressing and developing, I= Independently used skill. In unserem school district haben sie die Noten abgeschafft, nachdem eine Untersuchung gezeigt hatte, dass vor allem die schlechten Schüler/innen nicht von schlechten Noten profitieren, sondern mehr mit richtungsweisenden Kommentaren anfangen können. Und bei guten Schüler/innen zeigte sich, dass es keinen Unterschied machte, ob sie Noten oder Kommentare bekamen. Die Lehrerinnen von Tim und Theo äußern sich sehr zufrieden, jedenfalls sind eine Menge Fortschritte dort aufgelistet. Also alles in Butter 🙂 . Zeugnis Theo Zeugnis Tim Das Zeugnis von Theo umfasst vier Seiten, dicht beschrieben. Es gibt elf „Fächer“ bzw. Beurteilungsbereiche („reading“, „writing“, „maths“, „listening/speaking“, „social/emotional development“, „work study habits“, „science“, „physical education“ (Sport), „art“ (Kunst), „vocal music“ und „media literacy“, die alle noch mal in etliche Teilfertigkeiten aufgedröselt sind. Insgesamt sind es 150! solcher Teilleistungen, die alle individuell von den Lehrkräften zu beurteilen sind – eben mit „E“ (noch schwierig), „P“ (macht Fortschritte) und „I“ (selbständig benutzte Fertigkeit). Am Ende gibt es auf dem letzten Blatt noch eine schriftliche Zusammenfassung über Fortschritte, Leistungen, Verhalten im Unterricht und zukünftige Verbesserungsmöglichkeiten. Ganz ehrlich – das dauert über eine halbe Stunde, bis man das gelesen und verstanden hat, und am Ende muss man fast wieder von vorne anfangen. Ich will nicht wissen, wie viel Zeit die Lehrer/innen für jedes einzelne Zeugnis brauchen, um diese 150 Teilfähigkeiten einzeln zu beurteilen und festzulegen. Hammer! Ob sich diese Mühe lohnt und die Eltern sich diese Kommentare wirklich durchlesen und draus lernen? Ich habe da berechtigte Zweifel, wenn ich mein eigenes Verhalten …
Ein Zoo ohne Tiere
Paul ist zurzeit ein großer Fan von Hasen und wünscht sich nichts sehnlicher als einen zum Geburtstag. Da wir ihm diesen Wunsch nicht erfüllen können, sind wir also zum Zoo gefahren. Der Eintritt war etwas reduziert (nette Überraschung), aber dann kam der Schock: Fast alle Gehege im Zoo waren leer – selbst die Pinguine waren nicht zu sehen! Und die sollten bei dem Eiswetter doch in ihrem Element sein! Großer Frust bei den Kids. Nach einer Runde auf dem Karussell (angeschnallt wohlgemerkt – wir haben dazugelernt!) und nach einem Besuch im Geschenkshop machen wir uns enttäuscht auf den Heimweg. Ein kleiner Hinweis am Eingang, dass die meisten Tieren in Winterquartieren waren, wäre ja doch nett gewesen.
Eis essen im Schnee
Mitten im Februar wird es auf einmal dann sprunghaft wärmer: Gestern noch mit Mütze, Schal und Handschuhen in eisigem Wind, können wir am nächsten Tag bei warmen sonnigen 18°C schon die Jacken ausziehen und erste Frühlingsgefühle genießen. Überall hört man leise das Tauwasser gluckern. Aber Vorsicht: Das Ganze geht auch leider wieder andersherum und Temperaturunterschiede von 20°C innerhalb von Stunden lassen uns immer wieder staunen. Das Sympathische – wenn auch etwas Irre – an vielen Amerikaner/innen ist jedoch ihre Sturheit gegenüber Temperaturen. In unbeirrbarer Erwartung auf den Frühling bleiben bei den ersten wärmenden Sonnenstrahlen die Jacken zuhause, und Shorts und manchmal sogar T-Shirts werden herausgeholt (wie z. B. für die Müllmänner, die in Neon-T-Shirts auf ihren Müllautos fahren). Und auch die Nachbarskinder kommen in Shorts zum Schulbus, selbst wenn die Eltern schimpfen.