Der Rest der Weihnachtstage verläuft ruhig und gemütlich. Es gibt noch einmal einen „homemade“ Truthahn von 20 Pfund, und Marc und ich dürfen einen zweitägigen Mini-Erholungsurlaub auf Long Island machen (Opa ist zu Besuch und passt auf die Kids auf). Silvester ist auch sehr „low key“ bei uns. Da Feuerwerk für Privatpersonen in New Jersey verboten ist, gehen wir auf dem Marktplatz gucken, wo die Stadt öffentliche „fireworks“ macht. Praktisch wie die Amis sind, gibt es zwei Feuerwerke: Eins um 21 Uhr für die Kinder, eins natürlich um Mitternacht. Wir ziehen um kurz vor neun mit den Kindern los und sind positiv überrascht, denn auf dem Green ist eine richtige Outdoor-Party mit Musik im Gange. Viele Kinder laufen herum, einige tanzen – und alles ohne Alkohol. Jedenfalls kann ich keine Bier-, Wein- oder Sektflaschen entdecken – aber ich nippe zugegebenermaßen auch nicht an allen Plastikbechern 🙂 . Nach dem wirklich sehenswerten Feuerwerk fahren wir nach Hause, essen und sind alle weit vor Mitternacht im Bett. Happy New Year!
Ein Jahr ist zu Ende, nun gebt euch die Hände … (James Krüss)
Unser zweites Jahr in den USA geht zu Ende und es war definitiv angenehmer als das erste Jahr – ohne Frage und ohne Einschränkungen. Unser „Familienballon“ hat endlich eine gute Reisehöhe erreicht, ließ sich besser lenken, wir hatten meist klare Sicht und sogar mal ab und zu Zeit, einige Abstecher zu machen (z. B. nach Florida und Kanada). Im ersten Jahr hier war das noch undenkbar. Da waren wir noch mit einem ziemlich schweren, kaum navigierbaren Ballon öfter im Nebel unterwegs und sind nicht nur ständig an den Baumwipfeln hängengeblieben, sondern auch einige Male richtig runtergekracht. Da mussten wir unseren Ballon zuerst mal wieder flott machen und hochsteigen – keine Zeit für Extravaganzen, reines Alltagsüberleben war angesagt. 2011 war eine verrückte Mischung aus ganz viel Alltag, vielen Highlights mit den Kids, einigen einschneidenden Naturerlebnissen und persönlichen „Bestleistungen“. Die Kids haben sich noch viel mehr an Schule und preschool gewöhnt, und es läuft ja bis auf den gelegentlichen Schluckauf, den man im Leben wohl immer hat, schon verhältnismäßig ruhig.
Noch mal davongekommen …
Aber wir sind auch etwas nachdenklich – mir fällt immer das englisch Wort „humble“ dazu ein. „The natural disasters in 2011 were the most expensive ones on record“ schreibt unsere Zeitung im Dezember – und wir waren zumindest zwei Mal mittendrin. Im Hurrikan im Juli und Schneesturm im Oktober sind uns einige Bäume und Äste ziemlich knapp um die Ohren geflogen, wir haben wieder öfter im Dunkeln und Kalten gesessen, und ich habe auch einmal etwas verzweifelt vor leergefegten Supermarktregalen gestanden und Batterien gesucht. Ich habe mehrfach unsere Kinder nachts schlafend ins sicherste Zimmer im Haus gebracht, wenn draußen mal wieder der Wind brauste und der Boden vom Dauerregen total aufgeweicht war. Der Baumstumpf von unserer umgekippten 30 Meter hohen Eiche ist erst vor zwei Wochen von einem Bagger ausgebuddelt worden (nach vier Monaten), und unser Gartenzaun ist immer noch ein Schweizerkäse (keine Leute zu bekommen, weil sie einfach total mit den Reparaturen überlastet sind) – die Rehe und anderen Tiere haben unseren Garten wieder voll als ihr Territorium annektiert. Und dann musste ich vor einigen Tagen die beängstigend mickrigen Überreste eines Flugzeugs aus nächster Nähe betrachten – Hubschraubergeräusche in der Luft lösen bei mir inzwischen leicht mulmige Gefühle in der Magengegend aus. Das waren wohl einige „wake-up calls“ – ja, das Leben ist kostbar und entgegen meiner bisherigen Erkenntnisse nicht selbstverständlich und schon gar nicht endlos. Aber ihr braucht euch keine Sorgen um uns zu machen – wir sind wohl im Moment in einer „sensiblen Phase“ – mit 40 sieht die Welt anders aus als mit 20 oder 30 Jahren (ja, ja, midlife-crisis 😉 ). Trotz unserer gelegentlichen Nachdenklichkeit nutzen wir die unbeirrbar positive Gelassen- und Sturheit unseres Gastgeberlandes und gucken gespannt aufs nächste Jahr – wir wollen noch einiges von den USA sehen, die verbleibenden Monate hier mit unseren Freunden genießen und uns nicht durch Umzugsstress verrückt machen (soweit der Plan – mal sehen wie es so läuft). „Wishing you SMILES all through the year!“ (von Tims Winterkonzert). „… stapft fröhlich ins Neujahr und dreht euch nicht um.“ (James Krüss)