Von Truthähnen, dem schwarzen Freitag und dem Internet-Montag. Was die Sopranos mit unserer Lieblingspizzeria zu tun haben (oder auch nicht). Und wie wir typisch „muffige“ Deutsche in „Little Germany“ getroffen haben.   Auf dem Monatsbild November ist der spektakuläre Blick aus einem Konferenzraum im deutschen Konsulat in Manhattan zu sehen – unsere Deutschschule ist bei einer Fachtagung der Deutschen Auslandsschulen.

Tschüss Flip-Flops

Pünktlich zu Beginn des Monats kippt bei uns endgültig das Wetter von Spätsommer auf Herbst/Winter. Die Temperaturen sinken unter die T-Shirt-Marke und wir haben nun alle Sommersachen weggepackt. Rückblickend kann ich sagen, dass unsere Kinder noch nie so viel und so lange ihre T-Shirts, kurzen Hosen und kurzen Pyjamas angezogen haben – also, der bisher längste Sommer unseres Lebens – von Anfang April bis Ende Oktober! Anfang November verlieren viele Bäume jetzt ihr Laub innerhalb weniger Tage, und die herunterfallenden Blätter erinnern manchmal an Schneeflocken, da sie in großen Mengen vom Wind wild durch die Luft gewirbelt werden. Die Flip-Flops sind alle verschwunden, und von einem Tag auf den anderen tragen hier ganz viele eine „North Face“-Jacke (die gibt es hier in den Outlet Malls ziemlich preiswert). Nur der UPS-Mann fährt noch mit sommerlicher Kleidung bei offener Tür herum – einer von diesen Amerikanern, die auch im Winter in T-Shirt und kurzen Hosen anzutreffen sind. Aber die Zeichen, die auf Winter stehen, sind unübersehbar: Viele Pick-ups haben bereits ein Paar Extra-Scheinwerfer vorne höher montiert, um bei Bedarf sofort die Schneepflüge zu montieren, mit denen sie dann die Straßen von Schnee freiräumen. Ebenso stecken schon einige Leute ihre Einfahrt mit Schneemarkierungen (Eisenstangen mit rot-weißen Ringeln) ab. Diese langen Pinne dienen nicht etwa nur dazu, die Höhe des Schnees zu erkennen (wie ich am Anfang dachte), sondern auch, unter einer geschlossenen weißen Schneedecke relevante Dinge wiederzufinden (wie z. B. seine Einfahrt oder den Hydranten (diese haben ebenfalls rote Stangen – dagegen zu donnern, wäre nicht so ratsam).   Im ganzen Herbstgestöber bzw. bei den Wintervorbereitungen gibt es aber dennoch die Gewissheit vom sicher kommenden Frühjahr: Die zahlreichen Magnolienbäume haben schon ganz dicke Blütenknospen angesetzt – darauf freue ich mich jetzt schon! Drei Wochen nach Deutschland halten auch wir die Zeit eine Stunde an und nun ist es, Ende November, tatsächlich um 17 Uhr richtig dunkel. Wer hier vergisst, in welche Richtung die Uhr gestellt wird, findet Hilfe im kleinen Reim: „Spring forward, fall back“ spring (Frühjahr/springen) = nach vorne fall (Herbst/fallen) = nach hinten/zurück

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Der turkey kommt

Die Hochzeit (mit langem „o“) der pumpkins ist nun vorbei und sie verschwinden peu à peu aus den Vorgärten. An ihre Stelle tritt das Symbol für den November, das natürlich direkt mit der großen amerikanischen Familientradition „Thanksgiving“ verbunden ist: der Truthahn, auf englisch „turkey“. Diese Tiere gibt es hier nun in allen Ausführungen, ähnlich wie die Kürbisse: Ausmalbilder, Basteleien, Gedichte, als Schokolade, als aufblasbare Riesenversion, in Geschichten … und natürlich auch als Festbraten in den Kühlregalen. Für uns fängt im November eine zwei Monate dauernde Festzeit an. Denn auch wenn wir keine Patchworkfamilie sind, so haben wir jetzt doch eine Patchwork-Kultur: das Multi-Kulti von hier und dazu noch unsere deutschen Traditionen, wie St. Martin und Nikolaus. Für unsere Kinder bedeutet das vor allem jede Menge Feste mit kleinen Überraschungen 🙂 . Und endlich mal ein überzeugendes Argument für die Kids, warum man es im Ausland auch mal „besser“ hat als die Freunde zu Hause.

Lesenlernen

Neben Thanksgiving gab es noch ein anderes Thema, was uns diesen Monat ziemlich bewegt hat: das Lesenlernen von Tim (6). Er hat sich damit wirklich schwergetan in den letzten Monaten. Dann kam der Elternsprechtag Anfang November und uns ist ein Licht aufgegangen: Das Lesenlernen im Englischen funktioniert einfach komplett anders als das Lesenlernen im Deutschen (Stichwort: sightwords) – aber das hatte uns bisher keiner gesagt und so haben wir es wohl immer falsch angepackt. Mehr im Special „Lesen lernen“.

Neue Entdeckungen im November

Der Rest der Familie „läuft“ Gott sei dank ganz gut. Wir haben diesen Monat, wie immer, einige neue Entdeckungen gemacht, ich finde „Little Germany“ mitten in Manhattan – dazu später mehr – und wir sind der amerikanisch-italienischen Mafia in New Jersey auf den Fersen – ebenfalls später mehr dazu. Am Veterans Day gab es für unsere Kinder ersten unmittelbaren Kontakt zum amerikanischen Militär.

Unser erstes Thanksgiving

Als Anhaltspunkt für Thanksgiving kannten wir bisher nur Spielfilme, die vom Leben bzw. vom Chaos an diesem Tag erzählen: die Anreise (an keinem Tag im Jahr, auch nicht an Weihnachten, sind so viele Amerikaner/innen nach Hause unterwegs!), das Zusammentreffen großer Familien (mit allem was dazu gehört, auch den Familienkrisen) und natürlich das opulente Thanksgiving-Mahl („Thanksgiving Feast“), wo der Truthahn im Ofen brutzelt, die Kinder die alten Tanten ärgern, die Männer „Football“ gucken und sich alle so rund essen, dass sie sich abends kaum mehr rühren können.   Nun zu unseren Erfahrungen: Schon in den Wochen davor ist es nicht zu übersehen, dass das Fest tatsächlich eine große Bedeutung hat: Viele Geschäfte machen an diesem Tag früher zu, alle Mütter reden beim Abholen der Kids von der Schule über die Vorbereitungen (viele kochen direkt mehrere Truthähne für über 30! Leute – viele Küchen haben daher tatsächlich zwei Backöfen eingebaut), in den Kühlregalen verdrängen medizinballgroße Truthähne alles andere (wo ist denn jetzt die Salami?) und an Tims Schule wird von der sonst ultra strikt durchgeführten Richtlinie „no food“ bei Partys abgewichen.

Party Nutrition Guidelines

Diese E-Mail erreichte mich von der Class-Mom (vergleichbar mit einer Elternpflegschafts-vorsitzenden) von Tims Klasse: Hi Everyone, We will be having a party on Wed. Nov. 24 at 11:10 in the class room. We are allowed to bring food! I have attached the food guidelines for you. …. Linda Diese Richtlinien sind schon eine Nummer für sich – hier gilt es, sich zuerst schlau zu machen, bevor man das Falsche kauft: keine zuckerhaltigen Getränke, keinen Kuchen oder Kekse, nichts mit Erdnüssen, geschnittenes Gemüse nur fertig aus dem Geschäft, nur fettarmer Mozzarella, generell keine Lebensmittel über acht Gramm Fett pro Portion. Bei Geburtstagsfeiern ist dann Essen direkt komplett verboten („foodless“)! Was man den Kindern (nicht!) mitgeben darf: The following Party Nutrition Guidelines for the Morris School District need to be followed at all parties and celebrations held at school. This includes holidays and any school-wide or classroom celebrations, except for birthday celebrations which are foodless. The Party Nutrition Guidelines are consistent with the Morris School District nutrition policy, as well as Board of Health Guidelines. Please do not send: Foods and drinks with high sugar content or sugar listed as the first ingredient, including: cookies, cakes, cupcakes, candy of any kind, and soda (regular or diet). Peanuts or foods containing peanuts. Foods with more than 8 grams of fat per serving. Here are some ideas for healthier party foods: Fresh fruit: You may bring whole fruit from home. Cut fruit must come from a store. It can be served with yogurt dip. Dried fruit Fruit leathers: No Fruit Rollups or other brands with added sugar. Look for brands that are all natural, with no added sugar. Fruit popsicles: Made with real fruit and/or 100% fruit juice only. Veggies and dip: Cut up vegetables must be purchased from a store, not prepared at home. Whole grain muffins: Fruit may be added. Baked goods can be prepared at home. Mini rice cakes Baked tortilla, pita, potato or bagel chips with salsa or other dip, such as hummus (under 8 grams of fat/serving) Low fat popcorn Pumpkin seeds or Sunflower seeds Pretzels – plain or …

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Wir wappnen uns

Schon seit Mitte November rufen einem die Kassierer/innen „Happy Holiday!“ zum Abschied zu (anstelle von „Have a nice day“). Damit wir nicht ganz unvorbereitet auf das Fest treffen, nehmen wir einige Aktivitäten mit, die hier angeboten werden: Turkey trekking Das ist die Spurensuche nach Truthähnen bzw. Puten: Wir besuchen mit Theo (8) und Tim (6) den lokalen Naturschutzpark und erfahren, dass es hier tatsächlich wilde Truthähne gibt, die bis zu 55 Meilen/Stunde fliegen können (wenn auch nur für einige Meter). Sie wiegen zwischen fünf und elf Kilo, haben super gute Augen, sind daher sehr schwer zu jagen und fliegen genau zwei Mal am Tag: Morgens vom Baum runter, abends wieder rauf zum Schlafen. Wie man auf dem Foto sieht, sind Truthähne ja nun wirklich nicht besonders hübsch, aber dafür schmecken sie gut. Die „Vögel“ in den Lebensmittelgeschäften sind inzwischen mehrheitlich mit einem „pop-up timer“ ausgestattet (Paul (3): „Was ist das für ein blauer Knopf, da?“) – wenn das Fleisch gar ist, dann springt der blaue Kolben raus – fertig.

Ein bisschen einkaufen

So richtig in Stimmung kommen wir beim Einkaufen: Ich schiebe zwei voll beladene Einkaufswagen zur Kasse und bin wieder mal platt, als sich eine Angestellte vom Laden freundlich anbietet, mir beim Schieben zu helfen. Als wir gemeinsam rausgehen, steht dann draußen ein Mann, der laut mit seiner metallenen Glocke herumbimmelt, um Geld für eine Wohltätigkeitsorganisation zu sammeln (wie in den Fernsehfilmen halten die Leute diese Glocken tatsächlich mit der offenen Seite nach oben – in Deutschland hält man die doch eher nach unten, oder?). Am Auto angekommen flötet mir die Verkäuferin noch ein fröhliches „Happy Holiday!“ entgegen – und ich fahre gut gelaunt nach Hause mit weihnachtlicher Festtagsstimmung im Bauch.