So lauteten jedenfalls die aufmunternden Worte einer E-Mail mit Neujahrsgrüßen aus Deutschland von einer Freundin. Vor zwei Jahren sind wir mit 15 Koffern hierher geflogen, aber dabei ist es leider nicht geblieben. Unsere Möbel, Unmengen Lego und all die Sachen, die sechs Leute in 24 Monaten so ansammeln, sind dazugekommen. Eigentlich wollte ich nur eine Grobplanung für den Ablauf der „Rückumsiedlung“ machen, aber diese Rechnung ist nicht aufgegangen: Wir müssen für Ole eine geeignete Schule in Mönchengladbach finden, dem „Deutsch“ unserer Kinder unter die Arme greifen, ein Au-pair für Deutschland suchen und noch tausend andere „Kleinigkeiten“ in Angriff nehmen (z. B. ein Umzugsunternehmen finden, Hausinventar auflisten, Plan für die Autos machen, fristgerechte Kündigungen und Abmeldungen vornehmen, Kinder in Deutschland anmelden und uns ums Ausmisten, den Rücktransport, den garage sale, die Krankenversicherung und vieles andere mehr kümmern …).
Wie geht es mit den Kindern in Deutschland weiter?
Vor zwei Jahren haben wir Theo (7), Tim (6), Ole (4) und Paul (2) aus ihrem Leben „herausgerissen“ und sie nach Amerika verpflanzt. Mittlerweile haben sie Wurzeln geschlagen, finden sich im Alltagsleben gut zurecht, haben neue Freunde und lieben es, freitags nach der Schule vor dem Kamin zu sitzen. Jetzt im Januar, fünf Monate vor unserem Umzug, ändert sich die Blickrichtung für uns wieder Richtung Deutschland. Und auch, wenn sich „äußerlich“ noch nicht so viel tut, finde ich dieses Umschwenken im Kopf ganz schön anstrengend. Wie wird die Anpassung „rückwärts“ wohl werden? Wie wird es mit der Schule und mit Freunden laufen? Ole (6) wird in Deutschland eingeschult. Jetzt gilt es, eine geeignete Schule für ihn zu finden. Wir wollen auf jeden Fall vermeiden, dass er „Schiffbruch“ erleidet, von daher kein „swim or sink“ mehr, wie hier am Anfang – er braucht definitiv mehr Unterstützung als ein „Durchschnittskind“. Daher müssen wir uns Schulen ansehen, die diese Extrabetreuung bieten – kein leichtes Unterfangen, und aus dieser Entfernung schon mal gar nicht. Marc führt einige nächtliche Gespräche (Zeitverschiebung!) mit Grundschulen, denn der E-Mail-Kontakt ist an deutschen Schulen definitiv noch nicht so gut „entwickelt“ wie hier. Das kommt mir vor wie ein „Déjà-vu“, als ich vor zweieinhalb Jahren nachts in Deutschland am Telefon hing und die ersten Termine beim Kinderarzt in den USA zum „annual check“ gemacht habe. Marc fliegt zweimal nach Deutschland, führt Gespräche mit Schulleitungen und guckt sich Schulen an – und eigentlich wäre ich auch gerne mit dabei … aber okay. Außerdem wollen wir die Zeit hier noch nutzen, eine detailliertere Diagnose für Ole zu erhalten als die vor anderthalb Jahren in Deutschland („Verdacht auf ADHS“). Es geht uns nicht ums „Label“, sondern darum, die Therapien besser abstimmen zu können und auch zu schauen, welche Fördermaßnahmen wir an der Schule einfordern können. Eine Testung hier kam bisher nicht in Frage, weil Ole zuerst einmal genug Englisch können muss. Daher stehen nun viele Extratermine für diverse Tests und Gutachten im Child Development Center im Morristown Memorial Hospital an, ich fülle jede Menge dieser endlosen Fragebögen über Oles Entwicklung aus (manche …
„War alles nur Spaß, Jungs! :-) ”
In den letzten zwei Jahren waren wir alle damit beschäftigt, die amerikanische preschool und Schule und die damit verbundenen Aufgaben zu bewältigen. Für Ole war der Übergang wirklich schwierig, und es ist für ihn immer noch sehr anstrengend. Auch Tim musste sich das Lesen- und Schreiben-Lernen ganz schön erkämpfen. Für das Deutsche war da kein Platz – das wäre die totale Überforderung für ihn gewesen. Daher haben wir die Kinder nicht auf die Deutsche Schule geschickt, bei der ich arbeite. Jetzt verschiebt sich überraschend krass der Fokus im schulischen Leben: Warum noch englische “spelling words” pauken – vielleicht doch lieber wieder das Deutschbuch rausholen? In sieben Monaten wird Tim, der weder Deutsch lesen noch schreiben kann – also wirklich überhaupt nicht! – direkt in die dritte Klasse gehen. Theo hat zumindest rudimentäre Deutsch-Kenntnisse vom 1. Schuljahr, er kann Deutsch ganz gut lesen und auch nach englischen Lautregeln schreiben – fragt nur nicht, wie. Uns bleiben noch sieben Monate Zeit, das Deutsch von Theo und Tim aufzupolieren. Daher legen wir seit zwei Wochen am Wochenende eine Deutscheinheit ein. Denn ich finde einen etwas kontrollierten „Angriff“ besser als ein “Abstürzen” in einem halben Jahr, wenn die restliche Umstellung auch noch dazukommt. Es kommen Erinnerungen an unsere erste Zeit hier in Morristown hoch, wo wir mit Theo auch schon sonntags mit den Hausaufgaben angefangen haben, weil es unter der Woche einfach nicht alles zu schaffen war. Mit Theo arbeite ich jetzt Themen aus dem Deutschbuch der 2. Klasse durch (obwohl er hier in der 4. Klasse ist), Tim muss sich erst mal mit der deutschen Schreibschrift anfreunden. Das sogenannte „cursive” ist hier ein absolutes Stiefkind, wenig beachtet und kaum geübt. Meine Schulkinder an der deutschen Schule haben sogar Schwierigkeiten, meine Tafelanschriebe in Schreibschrift zu lesen. Ich staune, wie viele Fehler man in einem Wort machen kann (z. B. „lekeres flysh“ – leckeres Fleisch). Eine Mischung aus vereinfachter Ausgangsschrift und englischer Schreibweise. Der Trick bei „flysh“ ist, laut wie ein/e Amerikaner/in zu lesen – dann versteht man es. So trivial, wie ich gedacht habe, ist die deutsche Rechtschreibung eben auch nicht, wenn man …
Family Bits and Pieces Januar 2012
Vitoria hat immer noch keinen gültigen New-Jersey-Führerschein: Sie ist inzwischen so oft durch die theoretische Prüfung gefallen, dass sie jetzt sogar erst mal den sogenannten „Road Test“ machen muss, den praktischen Teil. Schon zweimal musste sie unverrichteter Dinge von dannen ziehen, weil a) jemand sie begleiten muss, der einen Führerschein hat und ein Auto für die Prüfung bereitstellt (also muss Marc wohl mit) und b) das ein Auto sein muss, das keine Mittelkonsole hat, damit der Prüfer/die Prüferin notfalls auf die Bremse treten kann (Fahrschulautos gibt es für diesen Test wohl nicht – schon komisch). . Ein bisschen Kultur gab‘s für Marc und mich: Wir sind zu den New Yorker Philharmonikern eingeladen – ein beeindruckendes Konzert. Wir kaufen ein Ferienhaus in einem Dorf in der Eifel – mitten im Nichts! Der Gedanke an das in vieler Hinsicht so viel engere und kleinere Deutschland ist für uns manchmal etwas bedrückend. Und da ist uns die Idee mit einem Haus mit viel Platz drumherum gekommen. Mal gucken, ob das aufgeht … Wir verabschieden eine befreundete deutsche Familie, die nach sieben Jahren zurück nach Deutschland geht – und damit ist auch einer von Theos besten Freunden weg. Dabei erleben wir schon mal live mit, wie sich „die letzten Wochen“ so anfühlen: Zahlenschloss an der Tür (für Makler/innen), Fremde, die durch das Haus latschen, Leihautos, Kartons im Haus, endlose Listen, Abschiede planen, die letzte Woche im Hotel (weil alle Sachen schon im Container sind). Auf dem Rückweg von der Farewell-Party bricht Theo in Tränen aus, weil er seine beiden besten Freunde verliert – seinen deutschen Freund, der jetzt nach Deutschland umzieht und in fünf Monaten dann seinen amerikanischen Freund, den er hier zurücklassen muss, wenn er selbst nach Hause geht. . Und dann macht auch noch unser Lieblingscafé in Morristown zu, das „Greenberrys“. Die Nachricht verbreitet sich wie ein Lauffeuer: „Have you heard that …?“ Die schlechte Wirtschaftslage und der neu aufgemachte Starbucks gegenüber sind wohl mit dran schuld. Das hat niemand kommen sehen – wirklich schade, dass es unser gemütliches und familiäres Stammcafé jetzt nicht mehr gibt. Aber wir wollen kein Trübsal …
Das Jahr geht schon wieder zu Ende
Ich kann es nicht glauben, aber schon sind wir am Ende dieses Jahres angekommen und ein neues steht vor der Tür – wo ist nur die Zeit seit September geblieben? Geht es nächstes Jahr tatsächlich für uns bereits wieder zurück nach Deutschland? Ich will noch nicht darüber nachdenken, auch wenn uns unsere Freunde hier immer wieder darauf ansprechen. Aber – nur damit hier kein Missverständnis aufkommt: Das heißt nicht, dass ich nicht zurück will! Ich möchte nur die Zeit hier noch genießen, ohne ständig in Gedanken beim Organisieren für Deutschland zu sein.
Spielverderber
Zu diesem Wetterstress kommt für mich unerwartet eine völlig neue Komponente dazu: Einige Freunde fragten uns: „So, noch ein Jahr und dann seid ihr schon weg? Ist das jetzt sicher?“ Super unangenehme Frage, man kann es sich nicht schönreden, denn es stimmt ja, und ich fühle mich ein bisschen wie eine Verräterin. Unser Abreisedatum steht auch schon fest: der 13. Juli 2012 – das ist irgendwie ein Spielverderber im Moment. Aber ich will jetzt noch nicht dran denken und dieses Jahr noch hundertprozentig hier verbringen – soweit der Plan.