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Der „Spiel-Zwinger“

Unsere preschool ist in ein neues Gebäude umgezogen. Enttäuschend ist der Spielplatz, der immer noch eher ein Zwinger ist als ein Außengelände. Der Parkplatz ist dagegen wieder gigantisch groß (bloß keinen Meter zu weit laufen!). Macht euch auf dem Foto selbst ein Bild vom neuen „playroom“ der preschool (als Alternative zum Rausgehen bei „schlechtem“ Wetter, d. h. wenn mal ein Wölkchen am Himmel zu sehen ist!). Der neue Spielraum ist kalt und wenig einladend. Die Kids, die sich endlich bewegen wollen, dürfen im hinteren kleineren Teil laufen (auf vielleicht 16 Quadratmetern), die anderen spielen davor auf dem Boden. Das rote Spielelement darf übrigens nur bekrabbelt werden, sich darauf zu stellen ist verboten (zu gefährlich!). Der Aufkleber auf einem SUV einer Mutter unserer preschool: „America was founded by right-winged extremists“ – da muss ich gleich an die tea party denken, die auch schon zweimal hier in Morristown war und gleich die ganze Stadt lahmgelegt hat mit Hetztiraden gegen Obama …

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Tanken, parken, einkaufen

… zuerst zur Tankstelle Tanken funktioniert hier so: Scheibe runterkurbeln, auf die Tankhilfe (bisher bei mir nur Männer) warten, Kreditkarte/Bargeld/EC-Karte (debit card) rausreichen und sagen, was man will z. B. „Fill it up with regular, please.“ Hier in New Jersey ist es tatsächlich verboten, selbst zu tanken (genau wie in Oregon). Sehr bequem, vor allem im Winter – da kann man schön mollig im Warmen sitzen bleiben und macht sich auch die Hände nicht schmutzig. Dafür gibt es wohl verschiedene Gründe, u. a. die Sicherung von Arbeitsplätzen (laut der Befürworter dieses Gesetzes).   … dann Parkplatz suchen Generell braucht man sich wenig Sorgen ums Parken zu machen, denn die Parkbuchten sind alle komfortabel groß. Vor den Supermärkten – auch in Morristown – gibt es riesige Parkplätze. Aber Vorsicht: Trotz der breiten Fahrwege gibt es oft Einbahnstraßen-Systeme. Die Amis lieben eben Ordnung – das muss man als Deutsche nicht verstehen. In der Innenstadt gibt es oft noch die altmodischen „parking meters“, die man mit 25 Cent Stücken (quarters) füttern muss – finde ich richtig nett, wenn es auch nicht immer praktisch ist. Beim kostenlosen, wenn auch zeitlich begrenzten Parken im Nachbarort in Madison braucht man übrigens keine Parkscheibe auszulegen. Die parking officer machen mit Kreide Zeichen an die Reifen und erkennen so beim Zurückkommen an ihrem Zeichen, wie lange man schon da steht – klingt verrückt, aber funktioniert: Ich habe jedenfalls auf diese Art und Weise schon ein Ticket bekommen (über 25 Dollar).   Als ich anfangs über die Parkplätze gegangen bin, war ich erstaunt: Überall parken Autos mit laufendem Motor. Das ist wirklich eine weit verbreitete Unart der Leute hier, die mich ziemlich auf die Palme bringt. Ob vor dem Einkaufszentrum oder beim Abholen der Kinder von Kindergarten und Schule: unzählige „idle cars“ – und das für viele Minuten und mit einer großen Selbstverständlichkeit, obwohl alles über drei Minuten verboten ist. Klar, dann kann man zu jeder Jahreszeit bequem bei angenehmen Temperaturen weiter telefonieren oder Radio hören oder warten oder auch seinen Mittagsschlaf machen (habe ich schon gesehen). Obwohl die Menschen hier doch sonst so „law-abiding“ im Alltagsleben sind, also …

Wie komme ich in New Jersey zu Fuß über die Straße?

Während ich in Deutschland den Spruch „links – rechts – links“ Dutzende Male am Tag gesagt habe, komme ich hier gerade mal auf dreimal: Die einzige Straße, die Theo (7) und Tim (6) an einem Tag überqueren, liegt auf dem Weg zu ihrem bus stop: unsere Carton Road. Ohne parkende Autos, breit und übersichtlich und kaum befahren. Und das war’s dann auch schon für die beiden. Für Ole (4) und Paul (3) gibt es noch eine kleine Straße auf dem Parkplatz zum Kindergarten. Leute zu Fuß haben fast überall „eingebaute Vorfahrt“ (stop for pedestrians) – Autofahrer/innen aufgepasst! Es gibt jede Menge Zebrastreifen, für die die gleichen Regeln gelten wie in Deutschland. Aber dann sind da noch die sogenannten „unmarked crosswalks“ an jeder Straßenkreuzung mit Bürgersteigen (also „nicht-gekennzeichnete Zebrastreifen“ – sprich normaler Straßenbelag), und da haben überquerende Fußgänger/innen ebenfalls Vorrecht, auch wenn man als Autofahrer/in auf der Vorfahrtsstraße ist und nicht abbiegt. Wenn es Ampeln gibt, muss man natürlich auf Rot und Grün achten. Sobald man einen blinkenden Schulbus stehen sieht, müssen alle, die im Auto unterwegs sind, auf beiden Fahrbahnseiten anhalten, bis alle Kinder die Straße überquert haben und die Blinklichter aus sind – auch die Kinder aus der middle school spazieren in aller Seelenruhe über die Straßen, ohne auch nur einen einzigen Blick nach links und rechts zu riskieren. Und wenn ein „ice cream truck“ sein Stopp-Schild rausklappt, muss man ebenfalls anhalten und alle Leute, die zu Fuß über die Straße wollen, hinüberspazieren lassen und darf dann erst ganz langsam vorbeifahren. (Meine Führerscheinprüfung hier soll doch nicht umsonst sein – so habt ihr auch etwas davon 😉 ).   Lange Rede, kurzer Sinn: Unsere Kinder können nicht mehr ordentlich über die Straße gehen, weil sie einfach fast immer gehen dürfen. Wenn wir zurück in Deutschland sind, müssen wir das erst mal wieder richtig üben …

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Viele Väter, viele Kinder

Die Spielplätze füllen sich und vor allem am Wochenende sieht man sehr, sehr viele Väter, die sich um ihren Nachwuchs kümmern – genau wie beim Eltern-Kind-Turnen von Ole (4) und Paul (3) im YMCA, bei dem ich tatsächlich schon öfter die einzige Frau in der Halle war. Außerdem scheinen wir hier in einer sehr fruchtbaren Gegend zu leben, denn es gibt viel mehr Geschwister-Kinderwagen (mit Sitzplätzen für zwei Kinder) als in Deutschland. Ein Blick auf die Statistik bestätigt meinen Eindruck aus dem Alltag: Während wir in Deutschland durchschnittlich weniger als anderthalb Kinder pro Frau haben, sind es in den USA über zwei Kinder. Das fällt sofort auf und diese Tendenz scheint quer durch alle ethnischen Gruppen zu gehen.

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preschool mit Betonung auf school

Jetzt leider die negative Nachricht: Der kindergarten ist eben kein „Kinder“garten, sondern eine unverkennbar amerikanische preschool und unsere Kinder verhalten sich auch nach drei Monaten immer noch ziemlich deutsch: Jeden Morgen erregen wir Aufsehen, wenn Ole nicht mit seiner „inside voice“ – also leise – spricht, sondern laut ruft, und Paul nicht mit „walking feet“ – also langsam – den Raum betritt, sondern eher hereinstürmt. Die Kids lernen Zahlen und Buchstaben, Schreiben und erstes Rechnen – selbst die Jüngsten müssen zuerst ihren Namen oder Anfangsbuchstaben auf das Blatt „schreiben“, bevor sie losmalen dürfen. Es herrscht absolute Disziplin: Gerenne, Geschubse, lautes Reden und Drängeln sind tabu. Absolut keine Toleranz – zero-tolerance policy – bei körperlichen Auseinandersetzungen. Wer haut und schlägt, für den heißt es: ab nach Hause! Wie gut, dass Ole und Paul sich gegenseitig zum Knuffen und Kneifen haben! Und weil sie Geschwister sind, sehen sie es dann nicht so eng … Viele Kinder sitzen in einem kleinen Raum (in „unserer“ Gruppe sind 25 Kids). Sie haben kaum Bewegung – drei Stunden heißt es am Platz arbeiten, erst dann 20 Minuten raus, ganz zum Schluss. Es gibt nur einen kleinen, sehr sterilen Spielplatz ohne Sand. Stattdessen liegen „woodchips“, eine Art Rindenmulch, unter den Geräten. Ist grässlich und stinkt schimmelig … Hausschuhe und Buddelsachen gibt es gar nicht. Außerdem herrscht eine übertrieben penible Hygiene: Nach dem Händewaschen müssen die Kinder auch noch Desinfektionsspray benutzen! Eins ist immerhin tröstlich: Es gibt Tageslicht im Klassenraum! Viele der anderen preschools, die ich mir angeguckt habe, liegen tatsächlich im Keller von Kirchen – entweder mit Kellerfenstern oder sogar nur mit künstlicher Beleuchtung. Das scheint hier ziemlich verbreitet und vollkommen akzeptiert zu sein.

Auflösung zu Frage 4 – VIELE!

Wie viele Gebote bzw. Verbote gibt es im YMCA? Aber nun zur Antwort: Es gibt unfassbar viele Gebote und Verbote an Türen und Wänden, einfach überall! Als Europäer/in kann man sich gar nicht vorstellen, was hier im Alltag alles genau reglementiert oder direkt ganz verboten ist! Der Klassiker – egal ob im YMCA oder in der Schule – no food, no drinks allowed due to allergic reactions! Es gibt hier sogar „nut-free“ (nussfreie) Klassenräume und Spielplätze! Der für mich absurdeste Fall bisher ist die „no running“-Regel, die sowohl auf Theos (7) und Tims (6) Schulhof als auch im YMCA auf der Laufbahn im Indoor-Spielplatz gilt: Die Jungs dürfen auf dem großen Schulhof nicht laufen, aber sie müssen gehen (stehen bleiben dürfen sie auch nicht!) – es ist ein bisschen wie beim Gefängnis-Freigang. Im Schwimmbad des YMCAs gibt’s dann direkt fünffach folgendes Verbot an der Wand: „No breath-holding activities permitted“ (zu Deutsch: Man darf die Luft nicht unter Wasser anhalten – ich vermute es geht darum, dass man sich da keine Wettbewerb liefern soll). Wer ein solches Schild schon einmal in Deutschland gesehen hat, der schreibe mir bitte sofort. 🙂   Das ist wohl der amerikanische Ansatz, jedes Risiko vor absurd hohen Schadenersatzklagen auszuschließen, getarnt mit dem Deckmäntelchen der Fürsorglichkeit: „Better safe than sorry“, „Your safety is our primary concern.“ Oder auch ganz knapp „Safety first!“ (Ähnlichkeiten zu Aussagen von Donald Trump konnten wir damals noch nicht erkennen 🙂 ).   So ist auch der Zugang zu Scheren in preschool und Schule extrem limitiert (bloß keine Schere mitgeben – dann wird man noch rausgeworfen), mit dem Ergebnis, dass selbst einige Zehnjährige kaum eine Schere halten können. Ohne waiver läuft hier nichts Als wir Ole zu einem Kindergeburtstag bringen, der in einem „Indoor-Spielplatz“ stattfindet, mussten wir vorher eine ganze Litanei von Haftungsverzichtserklärungen unterschreiben (die sogenannten „waiver“). Und der Nachsatz „Sorry, no exception“ ist hier Standard – ein „no“ ist und bleibt ein „no“, da sind die Amis unnachgiebig. Also, wer die Haftungsverzichtserklärung nicht unterschreibt und zu Beginn der Kinderparty abgibt, bleibt draußen. Jetzt wisst ihr auch, wieso man Lindt-Osterhasen generell nur ohne …

Bloß nicht bewegen

Das Zweite, was mich ziemlich schockt, ist der geringe Stellenwert, den die Bewegung der Kinder und der Menschen überhaupt im Alltag einnimmt. Sowohl in der Schule als auch in der preschool gibt es oft über den ganzen Tag nur eine einzige Bewegungspause von 20 (!) Minuten. Wie halten die Kinder das bloß aus? Wie werden Ole und Paul mit diesem „Bewegungsmangel“ in ihrer preschool umgehen? Mich selbst nervt es auch ohne Ende, dass ich für alles das Auto brauche, dass es einem selbst bei gutem Willen unmöglich gemacht wird, sich hier zu Fuß zu bewegen – oft fehlen einfach die Bürgersteige oder sie sind, wie im Moment, komplett mit Schneemassen zugeschüttet. Und Spaziergänge mit vier Kindern auf den Straßen? Zu gefährlich, da die Autofahrer nicht gerade rücksichtsvoll sind.