Eine Praxis für die ganze Familie

Britta beim Zahnarzt

Warum man beim Zahnarzt wie in einem Großraumbüro liegt und wie ich Bekanntschaft mit einem Ganzkörperkondom machte. Und warum ich danach immer noch Zahnschmerzen hatte, aber froh war übers Auftauen.

 
Und dann ging es weiter mit meinen Zähnen: Ich hatte mir wirklich ganz fest vorgenommen, keine Zahnschmerzen in Amerika zu bekommen. Aber es hilft ja alles nichts – am Ende war der Leidensdruck so groß, dass ich nicht um einen Zahnarzt-Besuch herumkam. Nach Hause fliegen stand nur kurz im Raum, aber das wäre dann doch etwas kostspielig geworden 🙂
Mein allererster Eindruck von amerikanischen Praxen: Riechen tut es wie bei uns, auch die typischen Geräusche sind da, nur dass sie sich mit Country Music vermischen. Und die Sprechstundenhilfen sind definitiv viel netter als ihre durchschnittlichen Kollegen/innen in den allgemeinmedizinischen Praxen hierzulande.

 

Auf dem Tresen begrüßt mich das Schild: „Deep bleaching! The most effective whitening process ever invented.“ Hier wird also auch gebleicht – Hauptsache, es ist hinterher weiß. Der auszufüllende Fragebogen lässt keinen Zweifel, dass Zahnhygiene sehr groß geschrieben wird: Ob ich „mouth wash“ benutze und wie oft, und dann soll ich Zutreffendes bitte ankreuzen: „previous teeth cleaning frequency“: 3 months, 4 months, 6 months. Also, jetzt mal Hand aufs Herz: Lasst ihr eure Zähne seit Jahren alle drei Monate reinigen? Hab ich da was verpasst?

 

Großraumbehandlung
Die größte Überraschung gibt es, als ich dran bin: Hier gibt es für uns alle nur eine Art „Großraum-Behandlungszimmer“. Ich sehe mehrere Leute auf den Stühlen liegen, getrennt durch Stellwände (so wie man das in Spielfilmen bei amerikanischen Büros oft sieht); das Bohren und Gurgeln ist von diversen Stellen zu hören. Der Behandlungsstuhl in meinem „cubicle“ ist mit einem „Ganzkörperkondom“ hygienisch verpackt – ich muss mich an den Armlehnen festkrallen, weil es so rutschig ist.

Eine Zahnhygienikerin macht die Erstuntersuchung mit ziemlich modernen Geräten – ich kann jedenfalls alles vom Stuhl aus am Bildschirm mitverfolgen. Da sie nichts Verdächtiges am Zahn erkennen kann, schlägt sie direkt X-rays vor. Kein Aufstehen nötig – wird alles im Stuhl erledigt. Das Röntgengerät steckt auch in tausend Plastiktüten. Und da es bei den ersten Malen nicht so recht klappen will, machen wir einfach ein paar Aufnahmen mehr (Klick, Klick), bis endlich eine dabei ist, die gut ist. Als Dr. Campbell dann kommt, um sich das alles anzugucken, bin ich am Stuhl festgefroren. Was fast schon wieder gut ist, denn es lenkt von den Zahnschmerzen ab. (Ich hatte ganz vergessen, dass, wenn es draußen im Frühling wärmer wird, in den amerikanischen Innenräumen die Eiszeit ausbricht). Ich bekomme ein Decke: „Wait, I will tuck you in“ (die Sprechstundenhilfe ist richtig fürsorglich).

Und dann irgendwann bin ich fertig: Der Grund für die Zahnschmerzen war trotz X-rays nicht erkennbar (vermutlich eine Irritation der Zahnwurzeln im Oberkiefer durch meine Kieferhöhlenentzündung), dafür hatte ich eine angeregte Unterhaltung mit dem Zahnarzt (wieder so ein sozial geschmeidiger Amerikaner). Endlich aus der Praxis raus, bin ich im ersten Moment einfach nur froh, dass ich langsam wieder auftauen darf.