Nun zu Bleichmitteln, die hier alle Welt nur kurz „bleach“ nennt – anscheinend ein amerikanisches Allheilmittel. Chlor ist dabei meist der Basisstoff, der dann in haushaltstauglicher Form, z. B. als natriumhypochlorite (Bleichlauge) in Kanistern verkauft wird. Wetten, dass die Leute hier alle entsetzt wären, wenn man ihnen ihr Bleichmittel mal für eine Woche klauen würde?! Das gäbe bestimmt viele aufgeschreckte Mütter, die ihre Kinder in Panik nicht mehr aus dem Haus lassen würden. Also, entweder habe ich was verpasst, aber in Deutschland besitze ich kein einziges Bleichmittel.
Ich habe ja schon oft geschrieben, dass es hier überall nach Chlor und Desinfektionsmitteln riecht und manchmal sogar schmeckt. Am Anfang hatte ich im Alltag öfter Hallenbad- und Blutabnahme-Assoziationen – das hat sich zum Glück mittlerweile gelegt. Außerdem kenne ich inzwischen den Geruch von „dreckigem“ Chlor-Wischwasser – in der Schule riecht es manchmal so, wenn sie gerade alles geputzt haben und es richtig schwül ist – zum Umfallen, dann stöhnen sogar die amerikanischen moms. Und wenn mir beim morgendlichen Laufen frischer intensiver Chlorgeruch um die Nase weht, dann freue ich mich – denn dann bin ich am public pool (Freibad) und habe die Hälfte meiner Strecke geschafft.
Das Chlor im Leitungswasser ist zwar zum Trinken bestimmt nicht gesund, aber dafür muss man sich keine Sorgen machen, wenn man mal vergisst, Waschmittel in die Waschmaschine zu füllen. Vorausgesetzt, die Wäsche überlebt: Von Theo sind mir jetzt schon zwei Badehosen auseinandergefallen – der Stoff ließ sich einfach so auseinanderziehen. Lag das vielleicht am stark gechlorten Wasser?
Als ich im Winter Bleichmittel kaufen musste, um unsere Luftbefeuchter zu desinfizieren, suchte ich die Regale nach einer kleinen Flasche ab (ich dachte, das wird in kleinen 250 ml Fläschchen verkauft) und sah vor lauter Bäumen den Wald nicht. Wer ahnt denn, dass sie das Zeug hier in Gallonen in allen „Geschmacksrichtungen“ verkaufen – das war übrigens bisher das einzige Mal, dass ich auf Nachfrage von einem „shop assistant“ sehr unfreundlich zum Regal zurückgeschickt wurde. Die Frau im Laden dachte wahrscheinlich, ich wollte sie auf den Arm nehmen, als ich zum zweiten Mal zu ihr kam und ihr sagte, dass ich es immer noch nicht finden könne. Verrückterweise haben diese Flaschen keinen Sicherheitsdeckel (ja, ja, aber in der Schule bloß keine Schere an die Kids, keine Glasflaschen …).
Mr. Clean
Nun zum Thema Putzen: „My home has to be clean with a capital C“, so die Stimme der Hausfrau in der Radio-Werbung. Von daher gilt: Wenn es nach dem Putzen im Haus nicht richtig nach Schwimmbad riecht, dann hat man versagt. „Bleach Clorox“, „Mr. Clean“ (unser deutscher „Meister Proper“) und „Ajax ultra“ helfen beim Versuch, alle Keime zu erwischen.
Und damit dann auch wirklich nichts mehr schief geht, und die „99.9% germ-killing“-Qualitäten des Mittels auch wirken, verwenden es die Leute hier frei nach dem Motto: „Viel hilft viel“. Sie sprühen es unverdünnt in der Gegend herum – kurz verreiben und fertig. Mit Wasser noch einmal nachwischen macht keiner – jedenfalls verbinde ich mit den Frauen von unserem Putzteam immer nur das „pfffft, pffffft, pfffft“ ihrer Sprühflaschen – Wassereimer und Wischlappen sind hier nicht so bekannt, Aufnehmer habe ich aus Deutschland importiert.
Aber damit nicht genug: Vor einigen Wochen war ich wegen Oles starker Neurodermitis bei der Kinderärztin – sie empfahl regelmäßige Wannenbäder mit zwei Kappen Clorix drin – zur Desinfektion. Also das hat mir in Deutschland noch niemand empfohlen (da waren es eher Salzbäder oder Bäder mit rückfettender Pflege). Eine andere Mutter erzählte mir aber von der gleichen Story bei einem anderen Kinderarzt. Und sie hat es schon ausprobiert – die Haut ist aber immer noch total trocken.
Dass die Amerikaner/innen bleach nicht auch noch zur „inneren Reinigung“ trinken, ist wirklich alles. Ich kann mir vorstellen, dass einige das schon verdünnt als „mouth wash“ genommen haben (wenn das Mundwasser leer war). Zugegeben, das ist jetzt etwas gemein, aber die Hygienehysterie geht hier manchmal wirklich ziemlich weit …
Mit Vitoria hatten wir auch schon eine kleine Episode wegen der Bleichmittel. Sie kennt bleach, wie es scheint, aus Brasilien, und schüttet es fröhlich mit in ihre Wäsche – Pech für den, der nach ihr die Waschmaschine benutzt: Mein rotes Lieblingsoberteil hat jetzt eher etwas von Fliegenpilz. 🙁
Achtung! KEIN Apfelsaft!
Und dann fand ich vor zwei Wochen zufällig eine kleine Plastikflasche direkt unter der Spüle. Sie war mit einer schwach gelblichen Flüssigkeit gefüllt – sah fast aus wie Apfelsaft, nur eben in einer Wasserflasche, die nach Öffnen einen beißenden Chlorgeruch verbreitete. Vitoria?!? Patent wie sie ist, hatte sie sich kurzerhand etwas aus dem unhandlichen Gallonenkanister, der ganz oben auf dem Regal in der Waschküche steht, abgefüllt. Darauf angesprochen reagierte sie wenig beeindruckt, mit leichtem Schmollmund, angedeutetem Achselzucken, hochgezogenen Augenbrauen und zögerlichem „OK …?“
Puh, ruhig bleiben, tief durchatmen – gut. Dann Klartext für Vitoria: „There is exactly one container of bleach in this house – in the laundry on the highest shelf, with the original label – never ever, ever fill bleach into a different bottle– never ever again!!!“ Hoffen wir, dass das klar war …