Baseball ist eine ziemlich verrückte Sache. Für Nicht-Amerikaner/innen mutet es an wie ein Buch mit sieben Siegeln, das man sich nicht so einfach „einverleiben“ kann wie z. B. amerikanische Freundlichkeit, amerikanischen Football oder amerikanisches Fastfood. Irgendwo ist da ein „disconnect“ zwischen Einheimischen und Zugereisten.
Von vielen anderen Expats sind wir daher vorgewarnt worden:
- total langweilig…
- kann ewig dauern…
- ist doch kein Sport…
- stehen ewig auf dem Spielfeld herum…
Bei unseren (männlichen) amerikanischen Freunden dagegen fangen die Augen an zu leuchten, wenn es um Baseball geht. Ich habe da noch nicht so richtig den Überblick, aber es hat wohl auch etwas mit Kindheitserinnerungen an unbeschwerte „summer“ zu tun – „Baseball is summer“ und der ist hier ja heilig!
Einer fängt glatt an zu singen „Take me out to the ball game“ (alter Song von 1908), es fallen Namen wie Derek Jeter und Alex Rodriguez. Noch nie gehört? Ich auch nicht. Und unser Freund kann es kaum fassen!
Ich habe mich bisher wirklich noch nie für Baseball interessiert, und mein ganzes Wissen darüber habe ich aus einer TV-Serie aus den 70er Jahren: In „Die Bären sind los“ bringt „Buttermaker“ alias Walter Matthau seiner Mädchenmannschaft Baseball bzw. Softball nahe. Aber damit kommt man nicht weit.
Den „Einheimischen“ zuzuhören, wenn sie über Baseball fachsimpeln, hilft auch nicht gerade, weil man nur Bahnhof versteht. Viel zu viele Fremdworte drin, z. B. playoffs (immer und immer wieder), out, batter, pitcher, steal a base, strikes, umpire, strikeout, flyout, inning, world series … – keine Chance.
In den letzten Wochen durften wir uns aber schon mal etwas einstimmen, denn Baseballschläger, der typische gigantische Lederhandschuh und der mit rotem Garn genähte Ball tauchen auch im öffentlichen Leben öfter auf.
Im YMCA gibt es am Samstagmorgen den Einsteigerkurs für die Kleinsten – die stolzen Eltern stehen wie immer drum herum. Hier wird übrigens eine andere Variante, das „Softball“ (u. a. kleineres Feld, größerer Ball, leichtere Schläger …) geübt. Beim bus stop morgens werfen und fangen zwei Väter mit ihren Söhnen jetzt schon fleißig Bälle. Frühmorgens sehe ich beim Laufen ebenfalls einen Vater mit Sohn in einem der „Käfige“ stehen, wo sie den Abschlag üben (pock, pock, pock … Ja, das scheint irgendwie ein Vater-Sohn-Ding zu sein). Einer von Theos guten Freunden läuft im Moment mit einem blauen Auge herum – er hat einen Softball beim Training voll ins Auge bekommen – autsch! Kein Wunder, baseballs sind hart wie Stein! Ich denke das war ein soft ball? Auf den lokalen Sportplätzen finden jetzt am Wochenende öfter Spiele statt und im Central Park gucken viele Passanten einfach mal für ein Runde zu, wenn mitten in dieser grünen Oase wieder ein Spiel läuft.
Mehr als Sport
Das Tolle ist, dass ganz verschiedene Leute bei diesen „Freundschaftsspielen“ mitmachen: Dicke, Dünne, Leute unterschiedlichster Hautfarben, Frauen und Männer (auch gemischt). Und wenn man das Ganze dann mit gutem Wetter und „Vor-Sommer-Freude“ zusammenpackt, kann man schon irgendwo ahnen, dass da noch eine ganze Menge mehr mitschwingt als nur der reine Sport. Die Spiele sind allerdings zeitlich nicht begrenzt und können auch mal richtig, richtig lange dauern. Da lobe ich mir doch den Fußball – da weiß man, dass es meist nach 90 Minuten vorbei ist 🙂 .
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