Stinktiere …

Wir sind abends manchmal im Dunkeln noch unterwegs und ich hege die Hoffung, ein echtes Stinktier zu Gesicht zu bekommen. Denn sie sind dämmerungs- und nachtaktiv und ganz gemütlich unterwegs. Bei Hundebesitzer/innen sind sie beim „Gassi gehen“ eher unbeliebt, denn eine kleine Spielrunde zwischen Hund und Stinktier endet meist damit, dass der Hund von ihnen eingesprüht wird. Der Gestank muss erbärmlich sein und lässt sich angeblich nur mit Tomatensaftvollbädern wieder halbwegs rauswaschen. Kleidungsstücke dagegen kann man getrost entsorgen nach einer Stinktierattacke. Marc und die Jungs sind einmal an einem überfahrenen Stinktier vorbeigefahren und erzählen heute noch anschaulich von dem intensiven Erlebnis. … und Kolibris Wenn ich bisher auch noch kein Stinktier gesehen habe, so versuche ich jetzt doch, Kolibris anzulocken. Die faszinierenden „humming birds“ sind sehr kleine und leichte Vögel (die kleinsten sind nur fünf Zentimeter groß und wiegen mit 1,6 Gramm fast nichts!), machen 40-50 Flügelschläge pro Sekunde und können sogar rückwärts und seitwärts fliegen.   Eine Freundin hat letzte Woche einen der hübschen Vögel an ihrem Hibiskus im Garten entdeckt. Das war ein Hocherlebnis für sie und ihren Hibiskus, dessen Blüten schon etliche Male innerhalb von Minuten von Rehen komplett abgefressen worden sind (jetzt steht er hinter Gittern). Da ich keinen Hibiskus habe und mich auch nicht über die Rehe ärgern will, nehme ich einfach eine Tränke und Zuckersaft – ich werde berichten, sobald sich der erste Kolibri hier blicken lässt.

Neu geteert

Übrigens haben sie hier in den letzten acht Wochen etliche Straßenzüge komplett neu geteert, so dass viele Schlaglöcher weg sind. Ob die das jedes Jahr so machen, weiß ich nicht – abwarten. Auch bei uns stand letzte Woche ein Mann mit seinem Teerwagen vor der Tür, der uns für 350 Dollar die Einfahrt ausbessern wollte – schon mit Blick auf den nächsten Winter. Wir haben dankend abgelehnt.

Alles neu macht der … September!

Im September werden hier die Uhren wieder auf Null gedreht – alles einmal kräftig durchschütteln (das Gefühl habe ich jedenfalls). Die Leute sind aus ihren Sommerhäusern zurück, die Hitze ist erträglich geworden und am 6. September ist Labor Day (Feiertag, immer der erste Montag im September), der das offizielle Ende des Sommers einläutet – alles danach gehört eben nicht mehr in den „summer“. Die Leute reden jetzt von dieser Jahreszeit schon in der Vergangenheit – „In the summer we went…“ – auch wenn sie gleichzeitig bei ziemlicher Hitze in knappen Klamotten herumlaufen – etwas verrückt. Jetzt beginnt hier ein neues Jahr: Es gibt etliche Kalender, die den September als ersten Monat haben – und das nicht nur in den Kalendern für Lehrkräfte wie bei uns in Deutschland.

Schule upside down

Am Tag nach Labor Day geht nach elf Wochen Pause die Schule wieder los. Andere Bundesstaaten starten schon früher, aber hier ist es traditionell immer dieser Tag. Irgendwie wechselt viel mehr zum Schuljahresanfang als bei uns. In der Schule werden alle Klassen einer Jahrgangsstufe jedes Jahr komplett durchgemischt, stets gibt es dann eine neue Lehrerin oder einen neuen Lehrer. Während in Deutschland so etwas undenkbar wäre und Entsetzen bei den Schüler/innen und Eltern auslösen würde, schlagen hier die Mütter die Hände über dem Kopf zusammen, wenn ich erzähle, dass man in Deutschland mindestens zwei bis drei Jahre Kontinuität anstrebt. Ihr Argument: „Oh, that’s horrible. Then you are stuck with a bad teacher for more than one year.“ Ja, klingt ja auch irgendwie einleuchtend. Auf jeden Fall bekommen die Kids hier jedes Jahr in einer neuen Klasse eine neue Chance (sowohl, was Lehrer/innen als auch, was Mitschüler/innen angeht) und kennen nach vier bis fünf Jahren so ziemlich alle Kinder in ihrer Jahrgangsstufe – auch nicht schlecht.   Für Theo und Tim ist das jedenfalls die Chance, das Image des „Fremdlings“ (anders angezogen, kein Wort Englisch sprechend) loszuwerden und in einer neuen Klasse neu zu starten. Auch was Sportkurse und sonstige freizeitliche Aktivitäten angeht, muss man jetzt wieder auf die Suche gehen. Hier dauern die meisten Angebote nur zwischen vier und acht Wochen, danach steht man wieder ohne da – das nervt mich ziemlich.

Hauptsache flexibel

In Oles (5) und Pauls (3) preschool sind zwar die Hauptlehrerinnen geblieben, aber auch dort haben die Musiklehrerin und die Spanischlehrerin wieder gewechselt. Wo sind bloß die anderen geblieben? frage ich mich. Vieles scheint hier von vornherein auf kürzere Zeitspannen angelegt zu sein. Die Kinder lernen jedenfalls schon von klein auf, flexibel zu bleiben und sich auf wechselnde Situationen einzustellen. Vielleicht sind einige Leute aber auch manchmal daher so kurzatmig und zeigen wenig Bereitschaft durchzuhalten/zu bleiben, wenn mal eine Situation etwas schwieriger ist – wie z. B. unsere Nannys Jane und Duaa oder auch die Leute bei Marc im Büro, die schon nach kurzer Zeit unvermittelt kündigten. Da muss man aufpassen, den Mund aufzumachen, denn sonst sieht man sie nur noch von hinten …

Langfristig ist deutsch

In Deutschland sind wir viel mehr auf langjährige, zumindest langfristige Gruppierungen eingestellt – in Sportvereinen, der Grundschule (am besten vier Jahre mit einer einzigen Lehrerin bzw. einem einzigen Lehrer), und ich hatte auf dem Gymnasium sogar sechs Jahre denselben Klassenlehrer. So etwas löst bei den Müttern hier Fassungslosigkeit und Ungläubigkeit aus, gepaart mit Schrecken und Grauen – und ich muss zugeben, dass sie ja auch ein valides Argument haben: jahrelanges Leiden bei schlechter Lehrerin bzw. schlechtem Lehrer. Eine der wenigen langjährigen Konstellationen, die ich bis jetzt entdecken konnte und mit denen die Kids hier klarkommen müssen, sind die Schulbusse. Denn da wechselt gar nichts über die Jahre – außer jemand zieht um. Und da es auch keine unterschiedlichen Schultypen gibt – mit der Ausnahme von Privatschulen – wird man die Nachbarskinder für die nächsten zwölf Jahre nicht mehr los. Ausnahme bilden da der Bus und der Busfahrer: Wir haben einen neuen und da gab es direkt dicken Ärger – dazu später mehr.

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Unser zweiter Start

Jetzt, vier Wochen nach unserer (Wieder-)Ankunft in Morristown, kann ich sagen: Es war ein guter zweiter Start. Viel runder als der im Januar, alles schon viel vertrauter – wir haben die erste anstrengendste Phase wohl hinter uns. Marc hat in fast allen Punkten gute Vorarbeit geleistet, und alle Kinder sind gut ins neue Schuljahr gestartet. Selbst Ole macht sich richtig gut – mit verkürztem preschool-Alltag und Ergotherapie. Nur auf seinen Sandkasten muss er noch warten.   Und es hat tatsächlich geklappt: Wir haben seit zwei Wochen ein Au-pair aus Brasilien! Das wird eine große Erleichterung im Alltag sein. Ich habe endlich auch wieder einen Job – an der Deutschen Schule von Morris County, jeden Samstagvormittag. Es tut mir soooo gut und ist richtig spannend, mal einen Einblick ins amerikanisch-deutsche Schulleben zu bekommen. Marc hat zwar keinen neuen Job, hat sich dafür aber ein neues (ziemlich zeitintensives) Hobby zugelegt: Fliegen. Doch dazu später mehr. Also – wir sind wieder im Rennen und freuen uns über einige Upsides wie z. B. eine neue Waschmaschine (ha, ich bin die Albtraumwaschmaschine los 🙂 ), ärgern uns ein bisschen über einige Downsides wie z. B. endlose Bürokratie in der Schule. Aber selbst kleinere kulturelle Unterschiede wie bei Matratzen oder Kinderkarussels können uns im September nicht aus der Fassung bringen.

Rieseneinkauf Linsen

Das Wichtigste zuerst: Ole geht es schon besser. Er geht weiterhin zur Montessori-preschool (die haben einfach unschlagbar gutes Material für die Kids) und bleibt inzwischen schon zwei Stunden pro Tag alleine dort. Das Gespräch mit der Leitung und den Lehrerinnen verlief gut, denn sie sind bereit, Ole an vielen Stellen entgegenzukommen. Er geht zwei Mal pro Woche zu seiner Ergotherapeutin Mrs. Thompson, mit der er sich sehr gut versteht. Er hat einfach wieder viel mehr Selbstvertrauen, ist fast schon ein anderes Kind, macht große Fortschritte in allen Bereichen – auch im Englischen – und ist in jeder Hinsicht in der Aufwärtsspirale. Uns fällt ein riesengroßer Stein vom Herzen (alle, die Kinder haben, wissen, wie sich das anfühlt) und entsprechend leichter fällt der Rest. Er wartet zwar noch vergeblich auf den Sand in den zwei Minisandbecken in seiner preschool (seit über fünf Monaten!), aber dafür haben wir schon mal einen Großeinkauf Linsen getätigt, die nun in Wannen bei uns im Wohnzimmer stehen und in denen alle Kids, nicht nur Ole, „Fühlbäder“ nehmen – da hat sich die Geduldsprobe beim Einkaufen dann auch gelohnt. Unsere Fall-back-Lösung, die Koffer an Weihnachten für immer zu packen, falls es Ole nicht besser ginge, scheint daher im Moment obsolet.   Tägliche Übung: der Fahneneid Paul ist wie immer komplett flexibel – er war bisher in der gleichen Gruppe mit Ole, hat jetzt aber in eine andere gewechselt, damit er unabhängiger von mir ist. Ich bin ja wegen Ole immer früh da, und dann kann er natürlich nicht verstehen, weshalb ich nur seinen Bruder mitnehme. Paul ist zwar noch sehr schüchtern, erobert aber die Herzen im Flug und ich lerne neue Worte von den Lehrerinnen, wenn sie über ihn reden: „He is a love bug (Liebeskäfer)“ oder „He is such a sweet pea (süße Erbse)“. Für ihn gibt es jeden Morgen den Pledge of Allegiance, eine Pflicht für alle Kinder in Kindergarten und Schule in NJ – keiner unserer Jungs kommt da dran vorbei: „I pledge allegiance to the flag of the United States of America, and to the republic for which it stands, one nation under …

3. Klasse für Theo, 1. Klasse für Tim

Für Theo (8) und Tim (6) geht die Schule endlich wieder los. Tim kommt ins 1. Schuljahr und bleibt weiterhin auf der „Hillcrest“ (Schule für „Kindergarten“ sowie das 1. und 2. Schuljahr), Theo kommt ins 3. Schuljahr und muss auf die Alexander Hamilton School wechseln (Schule fürs 3. bis 5. Schuljahr). Marc und ich sind überrascht, wie einfach es den beiden fällt, nach elf Wochen Ferien wieder mit Rucksack auf dem Rücken in den Schulbus zu steigen. Sie nehmen weiterhin denselben Bus, aber Tim muss eine Station vorher aussteigen.   Beide haben es gut angetroffen mit ihren Lehrerinnen und es gibt weniger Hausaufgaben, vor allem für Theo (puh!). In Deutschland würde ich mir vielleicht Sorgen machen (lernen die auch genug?), hier bin ich zunächst mal froh, denn das bedeutet definitiv weniger Stress an unseren Nachmittagen und die Kids haben ja eh schon sehr lange Schule (Theo jeden Tag bis 15.30 Uhr).

Klo-Stress

Theo regt sich in den ersten Tagen ziemlich auf, dass er immer, wenn er in der Schule zur Toilette muss, die Uhrzeit in ein Buch eintragen muss, einen „Passierschein“ für den Flur (floor pass) bekommt und sich dann wieder eintragen muss, wenn er zurück ist. Es nervt ihn, dass sie auf den Schulfluren weder reden noch laufen dürfen und trotz des langen Schultages kaum Zeit haben, sich mal mit den Klassenkameraden auszutauschen. Aber ansonsten ist er zufrieden.   Er ist im Mileage Club und rennt in jeder Pause Runden auf dem Rasen des Schulhofes – das ist doch mal ein Fortschritt zur Hillcrest School, wo Laufen ja generell verboten ist. Sein Name steht daher im Schulflur auf dem Plakat des Mileage Clubs. Er ist immer noch im ESL/ELL (English as a Second Language/English language leaner)-Programm und hat daher jeden Tag zwei Einheiten (writing-and-reading-workshop), wo er aus seiner normalen Klasse herausgezogen wird und in einer kleinen Gruppe von acht Schülerinnen und Schülern zusätzliche Unterstützung bekommt.