Einer der wichtigsten Aspekte von Halloween für Kids ist es, die Kostüme auszusuchen. Ich will diesen Teil rechtzeitig abhaken, und wir ziehen daher schon Anfang Oktober los in die entsprechenden Geschäfte, wie z. B. Party City. Wir staunen, denn dort gibt es alles, was das Grusel-Herz begehrt: literweise falsches Blut („bottle of blood“), Körperteil-Süßigkeiten („body part candy“) und jede Menge ekliger aufklebbarer Verletzungen (EZ Grand Opening Kit, Burn Ex Kit, Broken Bone, EZ Scar Set; EZ = easy). Dazu unzählige Kostüme: In dem Laden, in dem wir waren, konnte man zwischen über 150 verschiedenen Kinderkostümen wählen. Der Trip in den Laden war ein Erlebnis, nur hatte Tim leider anschließend Alpträume – die amerikanischen Kids, die da auch schon im Kleinkindalter reingeschleppt werden, sind wohl abgehärteter. Die Kids dürfen ihre Kostüme schon mal anprobieren, aber irgendwie fehlt noch die Stimmung bzw. die Erfahrung, wie sich Halloween denn dann so anfühlen muss. Ich versuche, dieses Vakuum durch deutsche Karnevalslieder aufzulockern – die Kinder rocken zu „Wir spielen Cowboy und Indianer“ durch die Wohnung, aber so ganz passt das nicht – falsche Jahreszeit und falsches Land.
29. Oktober – Halloween in der Schule
Nachdem sie ungeduldig die Tage gezählt haben, ist es am 29. Oktober endlich so weit: Theo und Tim dürfen ihre Kostüme in einer Tüte mit in die Schule nehmen. Waffen und Blut sind grundsätzlich verboten. Ole und Paul dürfen kostümiert in die preschool gehen, aber ohne Kopfbedeckung und Schminke, damit sich niemand erschreckt. In der Schule gibt es zunächst normalen Unterricht, und mittags geht’s dann los mit Kostümanziehen, einer Halloween-Party (sehr gesittet, mit Basteleien, ohne Musik, kleinem Snack). Danach kommt der Höhepunkt: die Halloween-Parade, bei der alle Klassen fünf Mal um die Schule laufen. Viele Eltern stehen mit ihren Kameras bereit, während die Kids stolz ihre Kostüme präsentieren. Auch einige Lehrer/innen sind im Kostüm zur Schule gekommen. Dazu gibt es dann auch zum Glück auch mal Musik (v. a. „Ghostbusters“) – das hebt endlich die Stimmung. Die allermeisten Kinder haben wirklich nette, z. T. auch selbstgebastelte Kostüme an – also von Halloween-Horror keine Spur. Es ist eher wie Kinderkarneval. Ich bin positiv überrascht.
Trick-or-Treat-Walk
Nach der Schule fallen unsere Kids dann in ein Stimmungsloch. „Wie, das war’s jetzt? Machen wir keine Party?“ „Halloween ist blöd.“ Ich packe die vier kurz entschlossen ins Auto und fahre nach Morristown rein, wo von 3 bis 5 p.m. ein „Trick-or-Treat-Walk“ auf einer der Hauptstraßen stattfindet – von Geschäft zu Geschäft Süßigkeiten einsammeln. Wir stürzen uns also ins absolute Getümmel, weil wirklich alle Familien mit Kindern in dieser Zeit auf dieser einen Straße laufen. Aber es wird besser als gedacht: Wir sind zwar viel zu spät dran, aber in dieser letzten halben Stunde sammeln die Kinder bei den Geschäften noch recht viele Süßigkeiten in ihre Plastik-Kürbiseimer ein und sind wieder zufrieden. Puh! Die Stimmung ist trotz extremen Gewusels sehr nett und friedlich, immer wieder hört man Kinderstimmen nach unseren Kindern rufen: [haɪ] [θɪəʊ], [haɪ] [tɪm], [haɪ] [əʊl], [haɪ] [pɔːl] Wir sind tatsächlich nicht mehr ganz unbekannt hier 🙂 . Gleiches Recht für alle: Wir sehen ganz viele als Kürbis verkleidete Hunde, aber auch Marienkäfer sind dabei. Oder wie wäre es mit Hot Dog – oft im Partnerlook mit Herrchen und Frauchen. Bei uns in Morristown gibt es sogar einen Wettbewerb mit verschiedenen Gewinnkategorien: furchterregendster Hund, süßester Hund, best match: owner – dog. Als wir wieder zu Hause ankommen, schicke ich die Kids sofort los zu den Nachbarhäusern – lieber alles in einem Aufwasch (meine Philosophie). Aber das geht nach hinten los: „Oh, you are too early. Halloween is on Sunday.“ Stimmt, es war erst der 29. Oktober. Nach zwei Versuchen geben wir auf und vertagen die Aktion auf Sonntag.
30. Oktober – die Nacht vor Halloween
Warnanruf von einer sehr netten Nachbarin: Wir sollten doch diese Nacht unser Haus hell erleuchtet lassen, um die Jugendlichen zu vertreiben, die sich oft mit rohen Eiern und Toilettenpapier an Häusern und Bäumen zu schaffen machen. Alles klar, machen wir – und abends ist unsere gesamte Carton Road wie ein Christbaum beleuchtet.
31. Oktober – endlich Halloween!
Der Trick mit dem Licht hat funktioniert – es ist nichts passiert. Am späten Nachmittag geht’s dann endlich los: „Let’s go trick or treating.“ Man sieht überall die Kids, die verkleidet in Gruppen von Haus zu Haus ziehen, kurz klingeln und dann die Süßigkeiten einpacken. Die allermeisten Nachbarsfamilien sind tatsächlich zu Hause, und wer nicht da ist, hat die Schokolade in Eimern vor die Tür gestellt mit kurzer Anweisung, wie viele Teile sich jedes Kind nehmen darf. Unsere Kids sind über zwei Stunden unterwegs und werfen anschließend alle Süßigkeiten zusammen. Am Ende sitzen alle super glücklich vor ihrer Ausbeute. Halloween ist also doch schön! Wir haben unser erstes Halloween geschafft und es war besser als erwartet. Das hat sich gelohnt. Halloween ist im Gegensatz zu St. Martin ein besseres „Geschäft“: mehr Ausbeute in kürzerer Zeit und das Ganze auch noch ohne Singen! Am nächsten Tag ist dann auch schon wieder alles vorbei und es ist „business as usual“.
Halloween – manchmal auch anders
In einigen Städten New Jerseys läuft Halloween allerdings auch etwas anders ab. Da einige genug von der „Randale“ der Jugendlichen hatten (z. T. waren wohl auch Autos demoliert), gibt es ein polizeilich verordnetes und kontrolliertes Ausgehverbot (curfew) und in einigen Städten ein so genanntes „Trunk-or-treat“ auf einem Parkplatz vor einer Schule oder einer Kirche. Die Idee: Die Leute parken alle im Kreis (mit dem „Hinterteil“ nach innen) und machen ihren Kofferraum (trunk) auf. Der ist entsprechend geschmückt (mit Spinnweben, Kürbissen, Skeletten usw.) und es gibt jede Menge Süßes und Spiele für die Kids. Die Kleinen ziehen dann von Kofferraum zu Kofferraum und holen sich ihr Süßes so ab – eben „trunk or treat“. Manche ländliche Gegenden machen das immer so – „door to door“ wäre da nämlich ein bisschen weit für die Kids. Andere Eltern finden die Variante „Trunk-or-Treat“ einfach sicherer. Außerdem hat eine Kollegin erzählt, dass ihre Tochter mit Freundinnen auf einen sogenannten „Haunted hay ride“ geht – quasi eine Heuwagentour im Dunkeln, wo unterwegs dann Gespenster aus den Büschen springen oder andere gruselige Dinge passieren.
Lots of treats
Noch einige Sätze zu den erbeuteten Schätzen: Die Schokolade ist hier ausgesprochen schlecht! Mich wundert’s, dass ein so großes Land nur so schlechte Schokolade herstellen kann. Die hier als Top-Produkt gehandelte Hersheys-Marke ist ebenfalls ungenießbar: zu süß und einfach ohne Schmelz (eher „sandig“). Wer mich kennt, weiß, dass „Süß“ meine große Schwäche ist, aber amerikanische Schokolade lasse selbst ich liegen – und das will wirklich etwas heißen! Sogar in Europa bekannte Schokoriegel, wie z. B. Kitkat, schmecken hier viel süßer und einfach nur schlecht. Einzige Ausnahme: Reeses Peanut-Butter Cups = Reese’s Erdnussbutter-Schälchen (die orangen Packungen im Bild): Das ist Erdnussbutter innen und Schokolade außen. Daran scheiden sich die Geister: Entweder man liebt sie oder man hasst sie (wegen der Erdnussbutter) – ich liebe sie (leider). Aber als Soforthilfe bei „culture clash“ haben sie mir schon gute Dienste geleistet.
Family Bits and Pieces Oktober 2010
Garten-Zelten Nach intensivem „Connie geht zelten“-Hörspielgenuss gibt es keinen Ausweg mehr: Die Kinder grillen im Garten Marshmallows und zelten auch draußen – es wird ziemlich schattig (3°C), aber alle haben Spaß. Mit Mütze, Schal und vielen Decken war es dann doch kuschelig warm. Nachts dann allerdings Pauls verzweifelter Ruf übers Babyphone: „Meine Bakterien sind leer!“ Seine Taschenlampe hatte den Geist aufgegeben 🙂 …
Sandy Hook
Bei unserem spontanen Ausflug an den Strand gibt es die perfekte Temperatur, nur wenige Leute, viele Muscheln und natürlich endlich einmal ganz, ganz viel Sand! Die Amis sind besser ausgerüstet als wir: Mit Klappstühlen, Kühltasche, Transistorradio (aber leise) genießen sie die Wellen. Im Hintergrund ein toller Ausblick für uns alle: die Skyline von New York (auf dem Foto leider kaum zu sehen).
Mini-Auszeit auf dem Delaware
An unserem freien Tag gehen Marc und ich auf dem Delaware River paddeln. Ein paar Stromschnellen sind das Aufregendste, ansonsten herrscht wohltuende Ruhe. Abends haben wir aber glühende Köpfe, weil wir die Sonnenkraft unterschätzt haben.