Mein Geburtstag In meinen Geburtstag Anfang November haben wir „low key“, wie sie hier sagen („total entspannt“) mit Peanutbutter-Icecream reingefeiert. Morgens gab‘s einen Jane-Austen-Film im Bett (Mütter brauchen auch mal einen Tag im Jahr eine Pause 🙂 ) und als Geschenk einen Basketballkorb. Der steht jetzt übrigens in unserer Einfahrt, und wir spielen öfter dort mit den Kids. Marc übt nur Freiwürfe und ist schon echt gut geworden. Abends sind wir Indisch essen gegangen – Augen zu und genießen, bei diesen tollen Gewürzen. Mein Geburtstags-Highlight: Theo (8) und Tim (6) hatten keine Schule und mussten daher mitkommen, um Ole (5) und Paul (3) in der preschool abzuholen. Oles Gruppe war noch draußen auf dem Spielplatz, und als Theo und Tim am Gitter auftauchten – wegen der Leuchtjacken für jeden zweifellos als zu Ole gehörig zuzuordnen – bildete sich eine Traube von Kids, die die beiden anstarrten und anstaunten. Ole wurde bewundernd gefragt, ob dass seine Freunde seien. Nein, das seien seine Brüder! Theo und Tim wurden für den Rest der Spielzeit von innen bestaunt, Ole schwebte quasi über den Spielplatz, im Schlepptau einige Jungs, die ihn sonst noch kaum wahrgenommen hatten. Wunderbar, manchmal ist es doch richtig cool, große Brüder zu haben 🙂 .
Abtauchen in die Südpol-Welt
Besuch im Museum of Natural History in New York: Theo und ich tauchen ein in die eiskalte und lebensfeindliche Welt vom Südpol, in der sich Scott und Amundsen vor fast genau 100 Jahren ein spektakuläres Rennen lieferten („The Race to the End of the Earth“). Der Norweger Amundsen hat übrigens gewonnen, während der Engländer Scott einen Monat später ankam und auf dem Rückweg elf Meilen vor seinem Basislager erfroren ist – ziemlich gruselig und ergreifend, die vielen Originalstücke zu bewundern und den dramatischen Rückweg von Scott an einem Zeitstrahl zu verfolgen. Theo war tief beeindruckt.
St. Martin in den USA
Wir feiern mit anderen deutschen Familien St. Martin und backen Weckmänner, denn die gibt es hier nicht zu kaufen. Pfeifen finden wir keine, aber trotzdem sind sie super lecker. Abends gehen wir dann noch eine Runde um den Block bei uns, mit den selbstgemachten Laternen und singen St. Martins-Lieder. Theo wächst ja schon fast aus dieser Tradition raus, aber für Paul und Ole war das aufregend und vor allem Paul stimmt auch Tage später immer wieder „Laterne, Laterne …“ an.
Sopranos und Pizza
Wir starten den „Sopranos-Club“: Mit einigen deutschen Frauen fangen wir an, die „Sopranos“-Saga auf DVD zu gucken. „Die Sopranos“ ist eine amerikanische Fernsehserie (1999-2007), die vom Leben einer fiktiven italienisch-amerikanischen Mafiafamilie in New Jersey handelt. Die Serie ist hier sehr bekannt, hat Kultcharakter und ist mehrfach preisgekrönt. Die Figuren sind fiktiv, aber die Saga orientiert sich an der Realität, dass New Jersey in fester Hand der italienischen Mafia ist. Sie gibt uns als Neuzugezogenen daher einen guten Einblick, was hier so alles hinter den Kulissen abgeht. Ich habe schon von verschiedenen Leuten verrückte Geschichten gehört, nach denen z. B. italienische Restaurants bzw. deren Besitzer über Nacht auf einmal verschwinden. Ich muss jetzt jedenfalls immer an die „Sopranos“ denken, wenn ich mit Theo und Tim freitags nach der Schule bei „Suvio’s“ Pizza essen gehe – bei den „Sopranos“ ist der zentrale Treffpunkt der Bosse immer die Pizzeria „Vesuvios“. Der Besitzer unserer Pizzeria „Suvio’s“ ist sehr nett zu Theo und Tim, und die Pizza ist auch super lecker – aber es ist doch ein bisschen komisch.
Formal Dinner
Wir hatten unser erstes „Formal Dinner“ zu Hause – mit einem Geschäftspartner von Marc inklusive seiner Frau. Ich war schon etwas nervös, aber es ist gut gelaufen (hoffe ich, so genau weiß man das ja nie). Ich hatte vorher noch einmal fleißig in den Rezepten von zuhause gewühlt und bin dort auch fündig geworden: Als Vorspeise gab es Feldsalat mit roter Beete und Walnüssen, als Hauptgang Coq au vin. Ich bekam übrigens keine Blumen, sondern Marc hat Scotch und Whiskey als Geschenk erhalten. Wie das so in den Restaurants üblich ist, habe ich jeden Gang sofort nach dem Essen abgeräumt und dann sofort den nächsten aufgetischt. Ich hoffe, das entspricht so der amerikanischen Sitte?! Mein Essen wurde mehrfach von beiden gelobt (auch wenn das Fleisch etwas trocken geraten war, wie ich fand). Den Nachtisch hatte ich gekauft (ist hier aber durchaus üblich) – da konnte nichts passieren. Insgesamt ist es hier übrigens ungewöhnlich, Geschäftspartner/innen nach Hause einzuladen, aber Marc ist da eben eher unkonventionell. Auch mit Freunden geht man hier viel auswärts essen.
Little Germany mitten in Manhattan
Mit den Kolleginnen von der deutschen Schule gehe ich zu einer Konferenz ins Deutsche Konsulat in New York. Nach der Sicherheitskontrolle weist uns ein Mann ein, wo und wie es weitergeht. Ich bin wie vom Donner gerührt – und das nicht wegen der deutschen Sprache! Sondern wegen des Manns, der so „deutsch“ ist, dass ich geschockt bin und mich gleichzeitig ertappt fühle: Es sind diese muffige Miene, der bierernste und unenthusiastische Tonfall und diese kraftlose Körperhaltung, die so vertraut sind und mich innerhalb von Sekunden nach Deutschland versetzen, aber mich doch auf dem völlig falschen Fuß erwischen (ich bin doch in NYC!). In Deutschland wäre der Mann gar nicht aufgefallen – aber es ist eben der krasse Unterschied (gerade noch in den USA – jetzt in Deutschland), der einen einfach umhaut. Die drei Ansprachen zu Beginn der Konferenz – z. B. über die Bedeutung von Schüleraustauschen für die Stärkung der deutschen Sprache in der Welt – sind nicht nur langweilig, sondern erinnern auch eher an Klagereden. Puh, man hat das Gefühl, dass dieses ganze Unterfangen einfach nur schrecklich, hoffnungslos und grau ist und geht daher eher gedrückt aus der Einführung. Die Workshops danach sind bis auf eine Ausnahme ebenfalls einfach nur schlecht und die Referent/innen wenig vorbereitet. Ich lerne nur bei einem Vortrag wirklich etwas Neues. Das Geld für diese Konferenz, zu der tatsächlich Deutschkollegen/innen aus den gesamten USA nach NY eingeflogen worden sind, hätte sich wirklich besser einsetzen lassen. Das, was Mrs. Low, die amerikanische Schulleiterin von Theo und Tim, manchmal zu viel hat (wenn sie ihre Schule und die Kollegen über den grünen Klee lobt: „We have the most wonderful teachers for your kids“), das haben wir Deutschen definitiv zu wenig. Was ist bloß los mit uns? Und da schließe ich mich hier mit ein, denn man fällt so schnell wieder in „alte Verhaltensmuster“ zurück. Warum fällt es uns so schwer, einfach mal ein bisschen Optimismus zu verbreiten?
Veterans Day
Schon Wochen vor diesem Tag, dem 11. November, werden mehrfach Flugblätter von der Schule nach Hause geschickt, in denen nach Veteran/innen gesucht wird. Der Name der Aktion: „Bring the Veterans to the Kids“ – allein dieses Motto finde ich schon befremdlich. Eine deutsche Bekannte hatte uns gewarnt, dass wir die Kids an diesen Tagen am besten krank melden sollten, denn in den Schulen würden sowohl Dokumentationen diverser Kriege gezeigt als auch zweifelhafte Kriegs“anekdoten“ von Veteran/innen an die Kids weitergegeben – und das Ganze ab „kindergarten“, also der hiesigen Vorschule, wo die 5-Jährigen drinsitzen. Unsere Kids sind dann aber doch an dem Tag zur Schule gegangen, und nachmittags hörte ich Tim direkt begeistert von den Tricks der amerikanischen Soldat/innen in Afghanistan erzählen: „Die Leute da denken, dass das nette Verzierungen für ihr Haus sind und nehmen die Dinger mit und dann drinnen explodieren die. Bummm.“ (Freudestrahlen übers ganze Kindergesicht). Die deutsche Mutter eines „kindergarteners“ war zufällig mit dabei, als ein amerikanischer Soldat in der Schulbibliothek seine selbstgedrehten Filme aus Afghanistan zeigte. Da gab es zum einen diese Szene, wo amerikanische GIs Bleistifte an afghanische Kinder verteilen; zum anderen gab es einen Soldaten, der in voller Kampfmontur durch einen Fluss watet und dabei sein MG sicher über Kopf hält. Der Sohn dieser Frau ist nach der Vorführung dann auch direkt mit einem aus seinen Fäusten geformten Maschinengewehr aus der Bibliothek gestürmt und hat die vorbeilaufenden Kinder „umgemäht“. Diese Mutter (mit einem Engländer verheiratet) war danach reichlich angesäuert und hat für sich entschieden, dass ihre Kinder nächsten November an diesem Tag zu Hause bleiben.
Warum der Oktober hier orange und zu Fuß zu laufen ein herrlicher Luxus ist. Von pumpkins und falschem Blut, schlecht schmeckenden Süßigkeiten und leeren „Bakterien“. Und warum Schilder und Beschwerden allgegenwärtig sind. Leuchtender Indian Summer im Oktober. Das Wetter und die Bäume sind im Moment einfach traumhaft schön – angenehme Temperaturen und wunderschön verfärbte Blätter in allen Gelb-Orange- und Rottönen.
Bunt. Bunter. Am buntesten.
Wir haben diesen Monat den Indian Summer in vollen Zügen genossen. Also, solltet ihr überlegen, eine Reise an die Ostküste zu machen, kann ich euch den September/Oktober nur empfehlen: Angenehme Temperaturen und einfach wunderschön verfärbte Bäume, die in Gelb, Orange und Rot leuchten. Wenn man nicht wüsste, dass sie echt sind, könnte man glatt glauben, dass da jemand nachgeholfen hat. Im Gegensatz zu Deutschland behalten hier die Bäume ihre farbigen Blätter noch für viele Wochen – ich konnte mich gar nicht satt dran sehen. Das Blättersammeln weckt Glücksgefühle wie beim Muschelnsammeln, denn eins ist schöner als das andere und hinterher hat man viele kleine Schätze. Mein Tipp: Kommt einfach selber gucken! Laub. Mehr Laub. Noch mehr Laub. Nicht so schön ist der Lärm von den Laubgebläsen, die jetzt allgegenwärtig das Laub auf dem Boden zusammenpusten. An den Straßenrändern liegen riesige Haufen mit braunen Blättern – bei mir kommen schon die Erinnerungen an den Schnee hoch, der ja ebenfalls bald wieder an den Straßenrändern aufgekippt wird und die Straßen enger macht. Manchmal muss man einfach durch die mannshohen Laubberge stapfen, um auf die andere Seite zu kommen – ähnlich wie beim Schnee. Stare und noch mal Stare. Immer wieder beobachten wir Stare, die in großen Schwärmen aufsteigen, um sich dann wieder alle gemeinsam über einen Rasen herzumachen und Würmer zu picken. Wenn ihre Schatten an den Bäumen vorbeihuschen, erinnert das eher an Fledermausschwärme: Sie tauchen völlig überraschend auf, dafür aber in wirklich unvorstellbar großen Mengen, und lassen sich dann unvorhersehbar alle gleichzeitig nieder – beeindruckend und auch ein bisschen beängstigend. Wenn man mit dem Auto in so einen Schwarm gerät, muss man schon auf die Bremse treten.
Erwarte das Unerwartete
Dieser Monat lief glatt – wir bekommen immer mehr Routine in unserem Alltagsleben. Da hilft wohl die Erkenntnis: Zu unserem Leben scheinen jetzt andere Probleme zu gehören als wir sie zuhause hatten, aber daran haben wir uns inzwischen gewöhnt. Gleiches gilt für die „cultural clashes“, die uns immer noch erstaunen, aber nicht mehr so weh tun. Die Einstellung „expect the unexpected“ ist sehr hilfreich und darin haben wir inzwischen Übung. Bevor wir von unsern Kürbiserlebnissen, Halloween und Marcs „sexual harassment“- Erfahrungen erzählen, zuerst ein kurzer Einblick, was bei uns in der Familie so los war: +++ FAMILY NEWSFLASH +++ Back to normal Nach so einem Umzug, zumal in ein anderes Land, müssen sich alle zuerst mal neu orientieren und wieder Tritt fassen. Da ist klar, dass man den Kindern, die auch so einiges „durchmachen“, einige Eingewöhnungs“zicken“ zugesteht und entsprechend rücksichtsvoll und nachsichtig bzw. recht großzügig mit Motivationsgeschenken ist. Das machen hier alle Expats durch. Bei uns ist diese „Schonfrist“ der Übergangszeit für die Kinder nun vorbei – es ist wieder Normalität eingekehrt – mit allem, was dazugehört: Küchendienst, genaue Aufgabenaufteilung, Konsequenzen bei Nichterfüllung. Und siehe da: Alle Kinder akzeptieren es und wir sind wieder einen Schritt näher an einem normalen Alltagsleben, wie wir es von Deutschland kennen.