„Morristown and Morristownship police strongly discourage allowing children to trick or treat door to door.“ Da überall noch lose Äste herabhängen, gibt’s in diesem Jahr also keine Halloween-Süßigkeiten auf unserer Straße für unsere Kids. Auch die Schulen haben alle Aktivitäten ersatzlos gestrichen. Mist, unser letztes Halloween fällt also aus – die Jungs sind super enttäuscht. Wieder betten wir die Kids nachts um in das sicherste Zimmer – und die wundern sich gar nicht mehr drüber, sondern haben sich schon daran gewöhnt, morgens an anderer Stelle aufzuwachen. Es ist also kein Wunder, dass die Leute hier so viel entspannter mit diesem Thema umgehen – die kennen das eben schon von Kindesbeinen an. Vielleicht sind sie ja auch als Kinder von ihren Eltern nachts durchs Haus getragen worden? Die Schlagzeile in der Tageszeitung: „Winter pays early call to Northeast“. Für Montag, Dienstag (1.11.) und Mittwoch (2.11) ist die Schule abgesagt („hazardous road conditions“, Tims Schule ist ohne Strom). Super, jetzt haben wir schon vier snowdays dieses Jahr gehabt und es ist gerade mal Anfang November! Ich muss im Moment mal wieder viel an die Siedler/innen damals denken – Schneesturm, heißes Wetter, Hurrikans … Die mussten ganz schön kämpfen hier. Also kein Wunder, dass die Leute in den USA anders ticken als wir in Europa. Oder habt ihr mit euren Kindern schon mal „homework by candlelight“ machen müssen? Und dann geht mir noch das Licht auf, warum hier so wenige Leute einen Zaun um ihr Haus haben. Die Natur ist viel zu wild in dieser Gegend – man spart eine Menge Geld und Zeit, wenn man sich erst gar keinen zulegt. Wir sind gerade mal anderthalb Jahre hier und haben schon dreimal den Zaun richtig kaputt gehabt – und damit meine ich nicht „ein bisschen kaputt“, sondern einige drei bis vier Meter lange Löcher! Wir gehen also etwas lädiert in den November: Unser Garten ist verwüstet, und über unserem driveway baumelt ein dicker Ast immer noch an einigen Fasern (keine Sorge, haben wir abgesperrt!). Also hoffen wir, dass die tree guys bald die schlimmsten Notfälle abgearbeitet haben und zu uns …
Marathon-Countdown, September 2011 – noch zwei Monate bis zur Ziellinie
Warum ich so langsam zur Straßenfrau werde und wie ich die Städte geschrumpft habe. Wer zu meiner bunten Laufgemeinde gehört und wie sich die Ähnlichkeit „Marathon – Schwangerschaft“ weiterhin hartnäckig hält. Der Monat der Mammutläufe – 268 Kilometer gelaufen. September: der Monat der Mammutläufe Noch neuneinhalb Wochen bis zum Marathon. Aber es läuft rund und langsam sind wir fit. Das Motto: „digging deep“: 100 Kilometer in drei Läufen. Vom reinen Lauftraining gibt es nichts Neues, viel Routine, nur alles intensiver. Aber es gibt schon mal einen Vorgeschmack auf die Unberechenbarkeit eines Marathons: dauernd wechselnde Laufbedingungen mit Temperaturen von unter 10 Grad Celsius bis knapp 30 Grad und ein Tempotraining bei Regen und sau-glitschigem Untergrund (Hilfe! Ich bin nur froh, dass ich nicht hinfalle). Wir erreichen diesen Monat das Maximum an Trainingskilometern und sind 268 Kilometer gelaufen. Übrigens habe ich bei einem der Langläufe ein nagelneues Paar Laufschuhe für den Marathon eingelaufen. Die stehen jetzt wieder im Schrank und müssen sich bis zum 6. November gedulden. Straßenfrau Ich bin viel auf der Straße unterwegs und das bleibt nicht ohne Folgen: „I saw you this morning/yesterday on … road xy …“ – immer öfter sprechen mich Freund/innen, preschool/school moms, Marcs Kolleg/innen an. Ich sehe wie immer niemanden – bin in Gedanken und kann mir eh keine Autos merken (und hoffe nur, dass es mir niemand krumm nimmt). Ich werde jetzt echt fitter – das Ziel 42 Kilometer scheint greifbarer und dadurch irgendwie „normaler und weniger spektakulär“ zu werden. Fast schon schade 😉 . Noch überraschender finde ich allerdings, dass sich meine Umwelt irgendwie mit verändert. Und ich erlebe eins sehr deutlich im Moment: Alles ist relativ, und je nachdem, von welcher Seite man auf etwas guckt, sieht die Sache ziemlich unterschiedlich aus. Das betrifft z. B. die Entfernungen, die ich im Moment laufe oder auch die Fitness-Level, die man so trifft im Moment. Hilfe, ich habe die Städte geschrumpft! Ich könnte schwören, dass Morristown und Umgebung heimlich über Nacht geschrumpft sind: Strecken um die 21 Kilometer sind mittlerweile „kürzere“ Läufe – jedenfalls in meinem Kopf. Und vor so einem Trainingslauf …
Aufbruch nach der Sommerpause
Nach den drei Monaten Sommerpause ist ein großer Aufbruch zu spüren und alles wird wieder neu gemischt – fast so, als ob ein neues Jahr anfinge. Das gilt auch für die Jobs vieler Leute hier (kommt einem vor, als ob sie den Job so oft wechseln wie wie ihre Unterhosen). Jedenfalls gibt es für uns und die Kids erneut viele neue Gesichter und Namen in Schule und preschool – Direktorinnen, Klassenlehrer/innen, Fachlehrer/innen, Klassenkamerad/innen – alles anders.
Kick-off zum Happy New Year
Der Beginn des neuen Schuljahrs ist wie der Kick-off für ein neues Jahr, dessen Spannung über Halloween und Thanksgiving ansteigt und mit Christmas und New Year ihren ersten Höhepunkt erreicht, bevor es im neuen Jahr in ein dunkles Loch fällt und erst mit dem Erwachen des Frühlings wieder in Fahrt kommt – zweiter Höhepunkt ist dann der „summer“.
Viele Zeichen stehen auf Herbst
Wie letztes Jahr ist es tagsüber noch schön warm (20 bis 25 Grad), die Grillen zirpen laut und auch die chipmunks laufen einem noch über den Weg. Aber viele Zeichen stehen doch schon auf Herbst. Die Blätter fallen munter von den Bäumen (nach dem Frühstück rechen alle vier Kinder jetzt fleißig Laub vor dem Haus), die squirrels legen Vorräte für den Winter an und man sieht sie nur noch mit Eicheln u. ä. im Maul (dabei werden sie leider sehr unvorsichtig im Straßenverkehr – zurzeit sieht man viele platte squirrels auf den Straßen 🙁 ). Wir haben schon einige Gänseformationen gesichtet, die Starenschwärme fallen wieder ein und um 20 Uhr ist es dunkle Nacht. Punkt Anfang September tauchen die ersten Kürbisse und Halloween-Dekos in den Geschäften auf, es gibt „Jets“-Basketballkuchen zu kaufen (die Saison ist eröffnet), und natürlich sind auch wieder überall „flu shots“ im Angebot: „It´s your health – it´s worth a shot.“
Nachwehen von Irene
In den Geschäften ist Hurricane Irene übrigens immer noch Thema – man hört es im Vorübergehen. Oft geht es ums Geld, das heißt die Kosten für die Renovierungen. Manche fühlen sich von den Versicherungen über den Tisch gezogen und müssen fünfstellige Beträge aus eigener Tasche bezahlen. Auch der Schulstart muss um einen Tag verschoben werden „due to power outages and storm damage recovery“ (wegen Stromausfall und Sturmschäden) – die restlichen Schäden vom hurricane müssen noch beseitigt werden. In Theos Schule sind Aula, Sporthalle und Cafeteria komplett renovierungsbedürftig, da sie voll Wasser gelaufen waren.
Gelöbnisse
Das Gute: Wir starten mit komplett anderen Vorzeichen als letztes Jahr: Damals gab es noch Chaos und viele Fragezeichen, ob wir wirklich hier bleiben – dieses Jahr läuft alles fast wie am Schnürchen, selbst Ole startet mit Routine und bleibt bis drei Uhr nachmittags in der preschool. Vitoria hat die „school-snack-Produktion“ fest im Griff und wir fräsen uns recht routiniert durch den „paperwork“-Berg von Schulen und preschool. Sogar das „Gelöbnis auf die Parkregeln“ unterschreibe ich recht gelassen: „I agree to abide by the following special parking rules and regulations, which may be modified from time to time: 1) During the hours of picking up and dropping off my child, I will park my motor vehicle only in the areas stipulated in the Parent Handbook. 2) I will exercise appropriate caution when entering, driving in, and exiting the parking lot. 3) I will not park … 4) I will not …“ “Ich stimme zu, mich an folgende besonderen Parkregeln und Parkvorschriften zu halten, welche von Zeit zu Zeit verändert werden können: 1) Während der Zeit des Abholens und Ablieferns meines Kindes werde ich mein Auto nur in den Bereichen parken, die im Elternhandbuch festgeschrieben sind. 2) Ich werde mit Vorsicht handeln, wenn ich auf den Parkplatz, ihn überquere und ihn verlasse 3) Ich werde nicht parken … 4) Ich werde nicht …“ An dieser Stelle: Gelöbnisse (pledges) sind hier an der Tagesordnung – selbst die „Officer of Customs and Border Protection“ (die misstrauischen Officer bei der Einreise) legen einen „pledge to our visitors“ ab, wie z. B. dass sie geloben, die Gäste mit Freundlichkeit und Respekt zu behandeln (so steht es an ihren Kabinen). Und auch der IPM Coordinator („Integrated Pest Management Coordinator“ – der „integrierte Schädlingsmanagement-Koordinator“) ist ernannt und kommt wieder in Schule und preschool vorbei – na dann frohes Pestizid-Versprühen … Der „Honeymoon“ nach der Rückkehr der Kinder (ich war ja zwei Wochen vor ihnen nach New Jersey zurückgekommen) ist jetzt übrigens endgültig vorbei. Mama gehört wieder fest zum Inventar, die Zeit der üppigen Liebesbekundungen ist abgelaufen. Jetzt heißt es „getting back into the groove“ – wieder in den …
Was im September geschah
Dieser Monat war vielschichtig – „nationwide“, „statewide“ – und auch bei uns im Kleinen gab es diverse Ereignisse. Der September war für die gesamten USA ein denkwürdiger Monat, denn die Anschläge auf das World Trade Center jährten sich zum zehnten Mal. Das Thema ist natürlich auch sehr groß in den Medien. Das Wall Street Journal titelt: „Death of an American Dream“ und berichtet von den Angehörigen der 250 ausländischen Opfer, die damals umkamen. Ich besuche die Gedenkstätte, das sogenannte 9/11 Memorial in NYC, wo im Zentrum die „Fußabdrücke“ der beiden Tower stehen, markiert durch zwei zehn Meter tiefe Becken mit Wasserfällen. Drumherum ist immer noch eine große Baustelle mit vielen Kränen und viel Lärm (Bau am One World Trade Center und am Museum für 9/11). Trotzdem war ich positiv überrascht. Schon gewusst? Hier gibt es mehr Infos und Eindrücke zur 9/11-Site.
9/11-Site
Nur mit Voranmeldung und nach strengen Sicherheitskontrollen darf man das Memorial mitten im „financial district“ in Manhattan betreten – schon ein komisches Gefühl, als Touristin fühle ich mich etwas fehl am Platz. Marc hat sich geweigert mitzukommen, weil es ihm zu nahe geht. Dort, wo die Zwillingstürme gestanden haben, sind jetzt zwei quadratische Löcher (60 Meter x 60 Meter), an deren Rändern Wasserfälle so tief hinunterstürzen (neun Meter), dass man den Grund nicht sehen kann. Sie bilden das Zusammenstürzen der Türme immer wieder nach. In den Brüstungsplatten der Becken sind die Namen der fast 3.000 Opfer (inklusive der Opfer des Anschlags auf das World Trade Center (WTC) von 1993) eingraviert worden. Das hört sich schaurig an, aber so wirkt es nicht. Man hört das Rauschen des Wassers, auf dem Platz entstehen durch die Gischt Regenbögen, über 400 junge Bäume säumen den Platz und alles wirkt ziemlich lebendig. In einigen der eingravierten Namen der Opfer stecken Blumen, viele Leute lesen die Namen oder gehen sie mit den Fingern nach, einer paust sich einen Namen mit Stift und Papier ab – das ist schon bewegend. Dennoch wirkt es irgendwie wirklich friedlich und tröstlich – beeindruckend aber nicht bedrückend. Es ist ein Ort des Erinnerns, aber nicht des Stillstandes. Moving on… „We move forward but it stays with us“ – so der Titel der Time-Magazin-Sonderausgabe – passt irgendwie dazu, oder? Um die Gedenkstätte herum ist immer noch eine Mega-Baustelle: unzählige Betonmischer, ein hoher Bauzaun, viele, viele Kräne. Alle bauen am One World Trade Center, das 1.776 Fuß (541,32 Meter) hoch werden soll und damit auf das Jahr der Unabhängigkeitserklärung 1776 anspielt. Damit wäre es das höchste Gebäude der gesamten USA. Noch ist es jedoch lange nicht so hoch, und es wird noch einige Jahre dauern, bis der Bau fertiggestellt sein wird. Seit 2006 wird am One World Trade Center gebaut; 2016 soll der Bau fertiggestellt werden. 9/11 Museum Auch das 9/11 Museum, dass unter den Wasserbecken entstehen soll, ist noch nicht fertig. Die Aluminiumfassade blitzt zwar schon in der Sonne, aber das Museum selbst wird unter der Erde liegen, sogar noch unter …