„Candy of the month“

Ganz, ganz wichtig hier ist der „Candy Cane“, eine rot-weiß gestreifte Zuckerstange, die oben wie ein Spazierstock gebogen ist. Das Typische daran: Candy Canes sind sowohl Süßigkeit als auch Dekoration. Man findet sie beleuchtet in Vorgärten, viele Leute hängen sie aber ebenso als Dekoration in den Weihnachtsbaum. Paul (4) bastelt mit Pfeifenputzern und roten und weißen Perlen jeden Tag einen Candy Cane in der preschool, und die Zuckerstangen sind auch das typische „Mitbringsel“ für Kinder in der Weihnachtszeit. Die Ursprünge dieser Süßigkeit lassen sich übrigens bis ins 17. Jahrhundert nach Köln zurückverfolgen, wo der Chormeister sie seinen jungen Sängern in die Hand drückte, damit sie während der langen Messe ruhig auf ihren Sitzen blieben (steht zumindest so auf einer der Packungen).  

Sehnsucht nach deutscher Weihnacht

Und wenn man in der Weihnachtszeit unterwegs ist und auf einmal das Gefühl hat, dass man die Schlümpfe singen hört, dann sind das in Wirklichkeit ihre amerikanischen Kolleginnen und Kollegen, die „chipmunks“ (Streifenhörnchen). Mit ihren verzerrten Stimmen sehnen sie Weihnachten herbei – naja, also da schüttelt es mich schon. Den Film dazu erspare ich mir und unseren Kindern. Und zugegeben: Manches Mal erwischt uns die Sehnsucht nach der deutschen Weihnacht doch – das sind dann kurze Momente, wenn man zum Beispiel das erste Mal wieder in deutschen Lebkuchen beißt oder wenn wir deutsche Kinder-Weihnachtslieder anstellen. Da sagt Ole ganz spontan: „Ich werde traurig. Mach die aus.“ Also hören wir diese Saison viel mehr englisch-amerikanische Weihnachtslieder, weil einen das sofort wieder fröhlich macht.   Wem das jetzt alles befremdlich klingt, weil die Feierlichkeit und die Ernsthaftigkeit der Weihnachtszeit hier verlorengegangen scheint: Stimmt, dem kann ich nur zustimmen. Aber dafür ist die Stimmung viel fröhlicher und spaßorientierter. Der Trick ist wohl, sich darauf einzulassen, neugierig zu sein, nicht zu bewerten und mit „deutscher Weihnacht“ zu vergleichen, sondern einfach dabei zu sein. Zugegeben, manchmal muss man schnell weggucken, aber ansonsten ist diese Zeit sehr einladend, feierlich und kann auch sehr besinnlich sein (unten mehr).

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Tatü – Tata – der Weihnachtsmann ist da

Kurz vor Weihnachten kommt das Feuerwehrauto mit heulender Sirene und rot-blauem Geblinke durch die Wohngebiete gebraust – Santa Claus höchstpersönlich verteilt Candy Canes an alle Kinder, die aus ihren Häusern kommen und dem Weihnachtsmann winken. Klar, Ole und Paul wollen auch und laufen schnell zur Straße. Irgendwie scheinen die Feuerwachen hier bei „Santa-Specials“ sehr kreativ zu sein. Mt. Kemble’s Fire Trucks bieten für 15 Dollar pro Geschenk einen „Abhol-, Einpack- und Santa-Lieferservice“ an, bei der Fairchild Fire Company gibt es „Pancake Breakfast“ und „Photos with Santa“, und bei unserer Feuerwache um die Ecke gibt’s jede Menge Weihnachtsbäume zu kaufen.  

Auf der Suche nach dem Christmas Spirit

Ja, auch hier gibt es ganz viel Rummel um die Geschenke, und die Geschäfte werden vor Weihnachten eindeutig voller – aber das ist wohl keine Überraschung. Per E-Mail bekomme ich jeden Tag von diversen Firmen Angebote mit ziemlich vielen „promotional discount codes“ (Rabatt-Angeboten): 40% off one thing, free shipping, 30% off everything, buy one, get one free“ usw. In der letzten Woche vor Weihnachten erreichen die Angebote dann ihren Höhepunkt: „40% off everything“. Und nach Weihnachten gibt es sogar oft „60-80% off everything“.

Holiday Shoppe – ja oder nein?

Auch vor den Kindern macht diese Kaufhysterie – leider – nicht halt. An Theos und Tims Schule gibt es den sogenannten „Holiday Shoppe“, ein von engagierten Eltern (dem „Holiday Shoppe Commitee“) eingerichteter kleiner Laden, in dem die Kids während der Schulzeit Geschenke für kleines Geld einkaufen können – für zwischen einem und sechs Dollar. Original heißt es in der Elterninfo: „Your school is holding a KidSmart Holiday Shoppes Program, the in-school shopping program that`s fun for everyone! …. The KidSmart Holiday Shoppes Program is designed to be a safe, child-centered environment where the children can learn how to budget and spend wisely …“ Nein, ich bin davon weder begeistert noch überzeugt. Aber ich weiß, dass eine andere deutsche Mutter es inzwischen sogar richtig gut findet, weil die Kids sich schon überlegen, wem sie was schenken möchten und keine Unmengen an Geld ausgeben. Ich dagegen hänge immer noch mehr an selbstgemachten Geschenken … Dazu bekommen die Kids vom „Holiday Shoppe Commitee“ sogar direkt Vorschläge, was man so für moms, grandmothers and older sisters, oder für dads, grandparents, big brothers … einkaufen könnte. Alle sind aufgelistet. Das geht von Handschuhen, Handcremes, Schmuck und Tassen bis zu Schlüsselanhängern, Büchern, Lavalampen, Sportautos. Praktisch, wie die Amis nun mal sind, gibt es eine vorgedruckte Liste mit allen Familienmitgliedern, die man als Eltern mit den Kindern ausfüllen soll. Es gibt sogar zwei Spalten „1st choice“ und „2nd choice“, falls ein Gegenstand nicht mehr vorrätig sein sollte! Und dann braucht man den Kids nur noch abgezähltes Geld oder einen Scheck mitzugeben und der Weihnachtseinkauf erledigt sich von selbst … Ich erkläre Theo und Tim, dass das in unserer Familie so nicht funktioniert. Sie bekommen kein Geld mit – das ist mir wirklich etwas zu einfallslos. Zugegeben: Da wir das Selberbasteln für Brüder und Omas und Opas zeitlich und von der Motivation nicht so ganz hinbekommen, gibt es, wenn es hochkommt, ein selbstgemaltes Bild von unseren Jungs. Aber dieser „Holiday Shoppe“ geht mir komplett gegen den Strich. Oder bin ich da zu konservativ/deutsch/eigensinnig? Vielleicht macht es den Kids ja doch Spaß, von ihrem Taschengeld kleine Geschenke für andere …

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Wenn Weihnachten aufklappt

Mich locken die Buchläden und die vielen Bücher – ich mache mich also auf zu „Barnes & Noble“, der amerikanischen Mega-Buchladenkette, wo man in aller Ruhe auf gemütlichen Sofas oder im integrierten Starbucks mit heißem Tee und Keksen in den Büchern schmökern kann (ohne sie dann kaufen zu müssen, anscheinend macht hier keiner Fettflecken?). Als erstes finde ich umwerfende „Pop-up“-Weihnachtskarten, bei denen, wenn man sie aufklappt, z. B. ein ganzes Wohnzimmer mit Weihnachtsbaum, einem brennenden Kamin mit Christmas-Socken und den Schuhen von Santa aufpoppt – so etwas finde ich wirklich faszinierend! Weihnachtskarten sind hier sehr wichtig, weil es Tradition ist, sich bei seinen Freunden und der Familie mit solchen Karten zu melden. Viele von ihnen sind auch persönlich gestaltete Fotos vom Kind und Hund. Ich kaufe Unmengen an Weihnachtskarten, die im Vergleich zu Deutschland sehr vielfältig sind, billiger und dann auch noch in wirklich schönen Pappschachteln stecken.  

Ho-Ho-Ho-liday books!

Hier gibt es viel zum Thema Weihnachten, u. a. Klassiker wie „A Christmas Carol“ von Dickens, jede Menge Fotobände wie „Christmas in the USA“, Koch- und Backbücher mit unglaublichen Kreationen, wie die Kids sie sonst nur mit grellem Knetgummi machen, „Christmas with the First Ladies“, das Dekorationen von Mrs. Kennedy bis Mrs. Obama zeigt, oder „The ugly Christmas Sweater Book“. Aber diese Tradition von Strickpullovern mit Weihnachtsmotiven für Erwachsene haben wir in Deutschland ja Gottseidank nicht … Was mich dann aber so richtig in seinen Bann zieht und nicht mehr loslässt, ist die Kinderabteilung: eine Fantasiewelt mit Elfen, Wildtollen, Lebkuchenpiraten, sprechenden Schneemännern, Rentieren, Nussknackern, Weihnachtspferden und natürlich dem Weihnachtsmann – manches verwunschen und vieles verzaubert!   Der Geist der Weihnacht auf bunten Seiten Jede Menge große Bücher zum Anschauen und Vorlesen – mit tollen Hochglanz-Umschlägen, ansprechenden großen Bildern und wirklich schönen Geschichten. Klar, einige Bücher sind zugegebenermaßen auch scheußlich und kitschig. Aber insgesamt bin ich überrascht, denn in den Büchern geht es definitiv nicht nur um Geschenke, sondern um das, was Weihnachten so besonders macht, wie auch immer man das bezeichnen mag. „Christmas spirit“ und „magic“, eingebettet in Geschichten mit echten Kindern: Es geht um Schnee-Engel, mit denen man seine Liebe zu anderen Leuten schicken kann, um ein Glöckchen vom Rentiergeschirr, das nur Kinder und die Leute hören können, die noch an Weihnachten glauben (Oles Lieblingsbuch), um eine kleine Maus namens Mortimer, die vom Kellerloch hocherfreut in eine Krippe einzieht, aber nachdem sie die Weihnachtsgeschichte gehört hat, doch lieber ins Lebkuchenhaus übersiedelt (Tims Lieblingsgeschichte) und natürlich um das rotnasige Rentier „Rudolf“, das von allen anderen Rentieren gemieden wird und dann am Ende doch noch ganz groß rauskommt (Pauls Lieblingsbuch). Theo liest inzwischen lieber selbst – er ist der einzige, den ich nicht immer eingefangen bekomme, wenn ich mich mit einem Buch zum Vorlesen hinsetze – die anderen drei lassen alles stehen und liegen, hören hochkonzentriert zu und tauchen völlig ein in diese Fantasiewelten.   The Polar Express – Oles Lieblingsgeschichte. Ole (6) malt die Geschichte vom Polarexpress, der zum Nordpol fährt, wo die emsigen Elfen (kleine, rot-grün gekleidete Wesen) in …

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Vorbereitungen in der Weihnachtszeit

It’s Party time – mit kleinen, aber feinen Unterschieden: Winter concerts, Christmas Parties, Holiday Parties and Pajama Parties … Letzten Dezember haben wir die Erfahrung gemacht, dass viele Leute hier nicht Weihnachten feiern, sondern sich im Dezember auf ihre eigenen Feste vorbereiten. Die Schulferien werden daher neutral auch nur „winter break“ genannt. Ihr erinnert euch: Die jüdischen Menschen feiern ihr achttägiges Lichterfest „Hanukkah“, viele Afro-Amerikaner/innen ihr kulturelles Fest „Kwanzaa“ und wiederum andere einfach gar nichts. Wir aber feiern nach wie vor Weihnachten!   Die Kids erleben diese Vielfalt jeden Tag in Schule und preschool: Sie basteln fleißig Menorahs, dekorieren gingerbreadmen und schneiden Kwanzaa-Kerzenständer aus. Paul will eines abends mit mir das Dreidelspiel (ein Spiel mit Kreisel) spielen und kennt die Namen der hebräischen Zeichen und ihre Bedeutung für das Spiel – so wie es scheint, spielen sie das also in der preschool. Ole schreibt und malt in seinem „Story Journal“ die Geschichte von „Santa und Mary“, die einen Platz für das Baby suchen. Im Laufe der Geschichte taucht dann auch der Zug zum Nordpol auf, und die Menorah bekommt ebenfalls eine Extraseite. Tim erklärt mir völlig abgeklärt, dass sein Freund Deepak kein Weihnachten feiert und löst in der Schule Kombinations-Logikrätsel, in welcher Reihenfolge die Kwanzaa-Kerzen, von denen jede einen anderen Namen und eine andere Bedeutung hat, aufgestellt werden. Probiert es aus: Umoja is the center candle. Nia is not a red candle. Imani is on the right side of Nia. Ujima is next to the black candle. Kujichagulia is the third candle from the left. Ujamaa is on the right side of Kuumba. Eine Flamme bleibt ohne Beschreibung: Kuumba Zur Hilfe: Links stehen die roten Kerzen, die mittlere Kerze ist schwarz :-).

Winterkonzerte an den Schulen

Wie letztes Jahr bereiten die Kids in den Grundschulen für Dezember ein Konzert vor. Die Musikschullehrerin von Theo und Tim hat also die Aufgabe, ein Programm auf die Beine zu stellen, das alle Eltern zufriedenstellt und keinem auf die Füße tritt. Und sie schafft es: Diese eine Stunde in der Aula ist wieder ein ziemlich beeindruckendes Multikulti-Spektakel, was die kulturelle Vielfalt dieser Festzeit gut widerspiegelt. Die Kinder, wie immer in „bunt gemischten“ Hautfarben und unheimlich diszipliniert auf der Bühne (bei Tim steht die gesamte Schülerschar – über 300 Kinder! – auf einmal auf der Bühne – WAHNSINN) und präsentieren für 45 Minuten, was sie geübt haben.  

Holiday und Pajama Parties

Wenn die Winterferien näher rücken, wird auch in preschool und Schule gefeiert – die Frage ist nur: Was? Theo feiert in seiner Klasse eine „Holiday Party“, bei der es Pizza, Popcorn, Gemüse und „low-calorie“-Saucen gibt. Sie basteln dabei Schneeflocken aus Papier – dagegen kann niemand was haben. Bei Tim gibt es Pizza und sie dekorieren gingerbread-Kekse (die sind schon grenzwertig, weil bei der Dekoration Rot und Weiß, also weihnachtliche Farben, überwiegen). „It’s so christmassy“, beschwerte sich kürzlich eine jüdische Mutter.   Tim und Ole haben beide eine Pajama Party. Bei Ole liegen alle Kinder mit pajama auf Matten, Kuscheltier unterm Arm und heißem Kakao in der Hand, und gucken sich einen „holiday favorite“ im Fernsehen an. Ole strahlt, als ich ihn abhole, und seine Lehrerinnen sagen mir, dass er die ganze Zeit wie ein Honigkuchenpferd gegrinst hat und zu ihnen meinte: „I never thought that Kindergarten could be that much fun.“ Schön, ihn mal so happy zu sehen. Paul hat dieses Jahr wieder beides – zuerst Hanukkah-Party mit Latkes und Dreidel und dann ein paar Tage später „Christmas lunch“.