Morgens stürmen aufgeregte Kinder in unser Schlafzimmer: „Mama, der turkey.“ (Theo), „Daddy, is the turkey in the oven?“ (Tim). Aber klar, ich habe ihn morgens direkt als erstes in die Backröhre geschoben.
Am Nachmittag treffen die Gäste ein. Unsere amerikanischen Freunde – sonst immer in Shirt und Turnschuhen – sind heute mit Hemd und Kleid herausgeputzt! Ooops – ich schicke Marc direkt wieder nach oben, damit er sich umziehen kann.
Und dann wird es trotz aller Vorbereitungen doch etwas hektisch in der Küche, weil alles auf den Punkt fertig sein muss. Es stellt sich heraus, dass selbst unser gigantischer Backofen zu klein ist, um alles gleichzeitig zu garen und warmzuhalten. Ich muss also zugeben, dass es für Thanksgiving durchaus hilfreich sein kann, zwei Backöfen in einer Küche zu haben, wie es in manchen amerikanischen Familien üblich ist.
Unser Truthahn lässt sich von der commotion nicht beeindrucken – nach knapp fünf Stunden kommt der Truthahn aus der Röhre – schön knusprig von außen und richtig saftig von innen. Selbst die „Einheimischen“ sind voll des Lobes – das Fleisch fällt zart und locker vom Knochen, so soll es sein. Ja, da hatte die Dame im New York Times-Video also recht – bloß nicht immer wieder die Ofentür aufmachen …
Wie letztes Jahr passt kaum alles auf einen Teller, so viele verschiedene Speisen gibt es. Ein bunt zusammengewürfeltes Essen, eine gesellige Runde – ein perfekter Nachmittag. Eins steht jetzt aber auch fest: Ich mag definitiv immer noch keinen keinen pumpkin pie – brrr. Im Gegensatz zu allen Amerikaner/innen, die ich bisher kenne – für sie gehört Kürbiskuchen untrennbar zu Thanksgiving.
Und wer keinen turkey mag?
Ich will ehrlich sein – einige mögen turkey nicht gern, finden ihn langweilig oder zu trocken. Daher gibt es bei vielen „ham“ (Schinken in Schweinebratenform) als Alternative. Einige probieren auch mal etwas anderes aus und frittieren den Truthahn: „Deep fried turkey“. Dabei kommt der Vogel im Garten in einen mit heißem Fett gefüllten Blecheimer (Vorsicht: vorher die Kids festbinden!). Für Vegetarier/innen, wie z. B. die Familie von Tims Freund Deepak aus Indien (Hindus), die aus religiösen Gründen kein Fleisch essen, gibt es einen tofukey, einen vegetarischen turkey aus Tofu oder Seitan (Weizenprodukt) – mit Füllung drin! Oder man geht, wie eine Nachbarsfamilie, die keine Lust auf all den Kochstress hat, ins Restaurant und alle essen, was sie wollen – as you like it.
Ist schon komisch – wir übernehmen in Europa so viel von den Amerikaner/innen an Ideen, Festen, Strömungen – wieso gehört Thanksgiving nicht dazu? Man könnte doch unser Erntedankfest, das ja einen sehr ähnlichen Gedanken hat, auch ein bisschen ausweiten und ein Familienfest draus machen. Schade …