Urlaub auf der Inselkette
Wir fahren noch mal nach Florida. Genau dorthin, wo wir schon vor einem Jahr waren. Dieselbe Ferienanlage, dasselbe Haus – vielleicht erinnert ihr euch noch? Und die Rechnung geht wieder auf – viel Weite, weißer Sandstrand mit hellblau-türkisfarbenem Wasser, sich wiegende Palmen und endlich mal richtige Wärme bis Hitze – wie hält man es hier nur im Sommer aus? „Das ist wie im Paradies!“ sagt Ole (6) immer wieder und trifft damit den Nagel auf den Kopf. Wir sind im Nu „on island time.“
Pastellfarbenes „island life“
Es ist schon ziemlich verrückt und dabei intuitiv entspannend: Überall schwimmen Pelikane herum – diese Vögel mit dem löffelförmigen Schnabel, in den Fische so gut reinpassen. Es gibt pastellfarbene Baracken, snorkeling-Shops, Tiki Bars und „fish places“. Bootshandel (statt Autohäuser) säumen die Ufer entlang des einzigen Highways, der quer über die Inseln führt. Viele Männer sind oben ohne, die Frauen im Neonbikini unterwegs, Biker mit wehenden Haaren (ohne Helme) knattern auf glänzenden Maschinen vorbei, viele Radfahrer/innen strampeln die „bike lanes“ entlang. In den Bars: rotierende Ventilatoren an der Decke, eine Mischung aus Reggae- und Countrymusik (für meine Ohren), Fenster gibt es oft keine, man sitzt quasi immer und überall an der frischen Luft, jede Menge „seafood“ und „when the road ends & and the party begins”, dann ist man in Key West, dem südwestlichsten Punkt der USA. Also, wenn eine von euch mit 70 Jahren noch Lust auf hippe Converse-Schuhe und Blümchenkleider und nichts gegen Reisende hat, ist sie hier nicht schlecht aufgehoben.
Die Kids „have a blast“, wie man hier so sagen würde. Das bedeutet: Sie finden es super klasse. Paul (5) läuft sofort zu unserem alten Haus und wischt mit Armen und Beinen „Sandengel“ in den Sand. Er liest im Urlaub sein erstes Buch („Dog is hot – Mom is not“) und will unbedingt „spelling words“ schreiben üben.
Ole schwimmt ohne Hilfe durch den Pool, übt sich im Tauchen und liebt Jetski.
Tim (8) geht sofort am ersten Tag wieder auf Erkundungstour. Statt einer Riesenmolluske wie im letzten Jahr, schleppt er diesmal unzählige Kokosnüsse auf unserem Deck an. Es spricht sich herum auf der Anlage und immer wieder kommen Kinder vorbei, die sich eine abholen – und Marc rückt dann den Nüssen mit Hammer und Meißel auf die Pelle. Tims Traum, mit Delfinen zu schwimmen, geht zwar leider nicht in Erfüllung, aber dafür malt einer der Delfine ihm ein T-Shirt und Tim trägt es mit großer Hingabe.
Theo (9) findet einen Spielkamerad – „Dude“ nennt er ihn, weil er sich keine Namen merken kann. Durch ihn entdeckt er das Angeln. Morgens um sechs Uhr klemmen er und Tim sich also ihre Angelkästen und eine Shrimps-Tüte unter den Arm, schnappen sich ihre Angeln und los geht’s. An einem Tag haben sie 56 (!) Fische gefangen! Die sie allerdings sofort wieder ins Wasser entlassen haben.
Alle Kinder bauen gemeinsam ein Hogwarths aus Sand. Sie sind happy, der erste entspannte Urlaub seit zehn Jahren. Das Zauberwort für Marc und mich hier: „Decompress“, wie die Amis sagen – „Entspannen“, sonst nichts.
Strange and cool: Doctor Connor
Nur das Tauchen fällt für mich wegen starker Erkältung diesmal leider flach. Dafür mache ich die Bekanntschaft mit „Doctor Connor“. Die Sprechstundenhilfe hat Muscheln, Seesterne und Tang auf dem Kittel, der Arzt empfängt mich mit: „Hi there. What’s going on?“ Seine Haare sind gelb gefärbt, sein schwarzes Hawaiihemd mit großen bunten Blumen ist weit aufgeknöpft, das ergraute Brusthaar quillt aus dem Ausschnitt. Kaugummi kauend verschreibt er mir ein Antibiotikum: „It doesn’t interfere with sun and alcohol,“ sagt er mir dreimal. Ob „Family Doctor Connor“ wohl auch die Frauen im Ort betreut? Der Untersuchungsstuhl ließe sich jedenfalls zu einem gynäkologischen Stuhl umbauen – ich schätze, so geht das hier auf den Inseln. Zur Beruhigung: Es gibt auch ein Krankenhaus, sogar mit MRT– das steht in einem Lastwagen neben dem Gebäude – damit man es bei einem Hurrikan zur Not schnell wegfahren kann …
Am Ende noch eine neue Entdeckung, die euch helfen könnte, auch etwas Südsee-Feeling nach Deutschland zu holen: Wusstet ihr, dass das Geklapper der Palmblätter sich anhört wie das Geprassel eines starken Sommerregens im Garten? Probiert es beim nächsten Schauer mal aus – wohlgemerkt: Ihr braucht belaubte Bäume dazu. Ich hab schon öfter in Erwartung von Regen skeptisch in den Himmel geschaut, wenn ich unter den Palmen eingedöst war.