It’s Super Sunday again!!!

Vor zwei Jahren haben wir ihn glatt verpasst: den Super Bowl! Das ist ungefähr so, als ob man das Fußball-WM-Endspiel in Deutschland verpasst – wir waren also sehr mit anderen Dingen beschäftigt. Vor einem Jahr habe ich von unserem Gast beim Endspiel einen Crashkurs in den Grundregeln vom American Football bekommen. Dieses Jahr wollen wir ihn alle zusammen feiern. Da uns niemand eingeladen hat (ist wohl eher eine Sache, die man mit alten Collegefreunden feiert), müssen wir uns allein was überlegen. Beim diesjährigen Finale des Super Bowl in der amerikanischen Footballsaison spielen die „New York Giants“ gegen die „New England Patriots“ (Boston).
 

Schon gewusst?
Picknick auf dem Parkplatz? Was ist denn „Tailgating“ zu Sport-Events?

 
Zur Einstimmung schon mal selbst eine Runde laufen …
Bevor aber das Spiel nachmittags losgeht, hat Marc seinen großen Auftritt – nach fünf Wochen Training mit Pamela läuft er mit mir gemeinsam den „Super Sunday 4 Miler“ mit. Ein kalter, glasklarer Tag, wie immer Volksfeststimmung, viele Hunde, einige Kinder, einmal rund um Morristown und den Golfplatz herum, sehr beschaulich. Einige Anwohner/innen stehen mit Tischen vor ihren Haustüren und reichen uns Wasser, viele feuern uns Läufer/innen an mit „Keep it up!“ Ein Auto fährt bis unters Dach beladen mit Giants-Luftballons an uns vorbei.

 

Auch wer keine Ahnung von Football hat, kommt nicht um den Superstar das Tages herum: Eli MANNING, gesprochen „Ilai Männing“, der begnadete Quarterback der Giants. Wenn ihr euch einen Namen merken wollt, dann diesen! Alternativ ist es „Brady“ – der Quarterback der anderen Mannschaft. Die Namen der beiden Spieler zieren unzählige T-Shirts der Läufer.

Marc kämpft sich durch, es geht zwischendurch ganz schön bergauf, und auf den letzten Kilometern liefern wir uns ein spannendes Rennen mit einem Dreikäsehoch-„Manning-Fan“, seiner rothaarigen Mutter, einer etwas untersetzten grünen Ninja-Turtle und drei ziemlich fitten Typen mit ominösen Rucksäcken (nein, keine Bomben, sondern „bricks“ – Wackersteine zum Kraft- und Muskelaufbau, wie sie uns später verraten). Wir schlagen zumindest die Ninja-Turtle und sind im Ziel. Herzlichen Glückwunsch, Marc!!!

… dann vor den Fernseher hocken
Während wir noch beim Lauf sind, fangen vielerorts schon die „Super Bowl Partys“ an – die haben einen Stellenwert wie „New Year’s Eve“! Wer keine Einladung bekommen hat, fühlt sich schlecht (wir nicht!). Direkt nach Thanksgiving ist dieses Sportereignis die zweitgrößte „eating occasion“ des Jahres: Die turkeys haben noch Schonfrist, dafür geht es den Hühnern an den Kragen: 100 Millionen pounds „chicken wings“, dazu über 42 Millionen pounds Tortilla Chips (entspricht dem 96fachen Gewicht der Freiheitsstatue!), 45 Millionen pounds Kartoffelchips (entspricht zehn Space Shuttles) und 111 Millionen Gallonen Bier (entspricht 168 olympischen Schwimmbecken) werden an diesem Tag in den USA verzehrt und getrunken. Aber es gibt auch was Gesundes: Der Verzehr von „baby carotts“ (die kleinen, schon geschälten Karotten) steigt an diesem Tag um 25 Prozent im Vergleich zu einem normalen Sonntag an! „The Super Bowl is the largest single event for carrots.“ Aha. Verhungern tut hier also niemand! Und unsere Kids machen sich begeistert über Möhren und Tortilla Chips her …

Und damit auch die nicht eingefleischten Footballfans auf ihre Kosten kommen – es ist ja nicht so, als wären ALLE Amerikaner/innen Footballfans – gibt es natürlich auch dieses Jahr wieder ein Showspektakel um das eigentliche Sportevent herum: Die Nationalhymne zu Beginn singt Kelly Clarkson live auf dem Footballfeld, wobei Theo vor dem Fernseher kommentiert: „I know this song. It’s one of our school songs.“
Zur Halbzeit liefert Madonna im Cleopatra-Kostüm mit blonder Mähne eine Show ab, die eher an ein Madonna-Konzert erinnert als an einen Pausenfüller. Die anderen namhaften Künstler/innen wirken eher wie Deko neben ihr.

Und dann gibt es noch die „Halftime Ads“ – die mit viel Spannung erwarteten Werbespots, die vor diesem Publikum das erste Mal ausgestrahlt werden. Diesmal hoch gelobt: Clint Eastwood, der mit rauchiger Stimme die Auferstehung von Chrysler beschwört. „This country can’t be knocked out with one punch. We get right back up again und when we do, the world´s going to hear the roar of our enemies. Yeah. It´s halftime, America, and our second half is about to begin.“ Ja, ja, ganz schön patriotisch und mit viel Pathos, aber auch wirklich gut gemacht.
Unseren Kindern, die gar kein Fernsehen kennen und von daher nichts gewohnt sind, gehen jedenfalls die Augen über. In vielen Werbespots geht es aber auch ganz schön brutal und anzüglich zu – da ist der Super Bowl die große Ausnahme im amerikanischen Fernsehen, denn normalerweise dürften diese Spots nicht um diese frühe Uhrzeit laufen.

Und wer hat gewonnen?
Wir fiebern mit, und es ist bis zum Schluss spannend. Die Patriots (aus Boston) führen die gesamte zweite Hälfte bis kurz vor Schluss (17 zu 15) und in der sprichwörtlich letzten Minute wird auf einmal alles sehr bizarr. Die Patriots lassen den Giants-Angreifer einfach zu einem „go-ahead touchdown“ durch (so, als ob beim Fußball der Torwart seinen Posten verlässt, damit die Gegner ein Tor schießen), wodurch die Giants in Führung gehen – allerdings mit einem „Popo-touchdown“: Der Angreifer hatte in letzter Minute versucht, eine Vollbremsung hinzulegen und doch nicht zu punkten, aber war dann hinter die Linie geplumpst (das ist etwa so, als ob ein Fußballspieler versucht, das freie Tor mit Absicht zu verfehlen, aber dann doch trifft). Und auf einmal stehen unerlaubterweise zu viele Giants-Spieler auf dem Spielfeld herum. Die gegnerische Mannschaft darf daher weiter nach vorne rücken, verliert aber kostbare Zeit, die sie am Ende den Sieg kostet. Habt ihr noch den Durchblick? 🙂

Dieses undurchsichtige Taktikspiel wird noch Tage nach dem Bowl in allen Zeitungen diskutiert – am Ende waren also nicht nur wir als Laien verwirrt. Im Sportteil des Wall Street Journal gab es sogar einen eigenen Artikel unter der Überschrift: „Breaking down that bizarre ending – Beneficial Penalty? Uncontested Touchdown? The Super Bowl’s Last Minute was a Big Tactical Puzzle.“ (auf Deutsch: „Das bizarre Ende aufschlüsseln – Ein vorteilhafter Strafstoß? Ein unangefochtener touchdown? Die letzte Minute des Super Bowls war ein großes taktisches Rätsel). Es hatte wohl ganz viel mit unorthodoxen Spielzügen und Gewinn-Wahrscheinlichkeiten zu tun, je nachdem, wer wann den Ball hat und wie viel Spielzeit noch übrig ist. Und solche Leute wie Manning (der hier mindestens so berühmt ist wie Obama!) behalten in diesen Augenblicken anscheinend den Über- und Durchblick und dirigieren ihre Leute da durch.

Die Giants aus New York gewinnen am Ende dann tatsächlich doch noch – mit 21 zu 17. Bei ihrer Heimkehr gibt’s eine riesige Straßenparty mit einer Million Besucher/innen in New York, bei der 30 Tonnen(!) Papierkonfetti geworfen werden. Das ist ungefähr so, als ob Deutschland Fußballweltmeister wird und dann in Berlin bei der Ankunft gefeiert wird.