Eine Familie erzählt: „Wir sind eine Puppy Raising-Family.“


Immer anders
Wir ziehen im Moment unseren fünften Hund auf und es ist jedes Mal irgendwie anders, da auch jeder Welpe unterschiedlich ist. The Seeing Eye (TSE) züchtet Deutsche Schäferhunde, Labrador Retriever, Golden Retriever und einen Mix aus Golden und Labrador Retriever.
Die Hunde kommen mit sieben Wochen zu uns und gehen mit 18 Monaten wieder zur „Universität“, wie wir es spaßeshalber nennen. Bei uns lernen sie hauptsächlich die Standardkommandos, wie „Sitz!“, „Platz!“, „Bleib!“ usw.

No bark!
Anders als bei der Erziehung eines „normalen“ Familienhundes muss der TSE Welpe von Anfang an lernen, dass Bellen nicht erwünscht ist. Denn der oder die Blinde muss in der Lage sein, den Blindenhund mit zur Arbeit zu nehmen. Wenn sie doch bellen, halten wir ihnen die Schnauze zu und sagen ganz laut: „No bark“. Der TSE Welpe muss lernen, sich auf Kommando zu entleeren und dabei auch tolerieren, dass der/die Blinde sie dabei am Hinterteil anfasst. Die blinden Menschen müssen ja wissen, wo der Hund gemacht hat, damit sie sein großes Geschäft wegräumen können. Die Welpen müssen auch lernen, an einer ganz kurzen Leine am Bett zu schlafen, da der/die Blinde sie in einem Notfall (Feuer oder Ähnliches) immer erreichen können muss. Dagegen lernen sie bei uns nie, „Fuß“ zu gehen, da sie einen gewissen Zug ausüben müssen, damit sie die blinde Person führen können.

 

Einfach alles erleben
Wir versuchen, die Hunde vielen Einflüssen und Orten auszusetzen, da wir ja nie wissen, wo sie letztendlich ihr Leben verbringen werden. Wir gehen daher mit ihnen nach NYC, wo sie lernen müssen, mit dem Zug, Bus und Schiff zu fahren. Wir gehen zum Flughafen, auf lange Wanderungen, zu Konzerten, ins Kino, zum Bowling, auf Volksfeste, zu Sportevents unserer Kinder … einfach überall hin, wo auch eine blinde Person eventuell hingeht.

 

Drei bis vier Monate offizielles Training
Wenn sie dann mit etwa 18 Monaten wieder zurück zum TSE gehen, werden sie in den nächsten Wochen erst einmal gründlich untersucht – falls sie nicht in das Zuchtprogramm gehen, werden sie sterilisiert. Für alle, die als geeignet durchgekommen sind, fängt dann das offizielle Training an. Es dauert in der Regel drei bis vier Monate und endet mit dem sogenannten „town walk“. Bei diesem town walk wird der „Puppy Raiser“ (wir) eingeladen, und wir können sehen, wie toll sich unser Welpe gemacht hat. Wir dürfen „unserem Welpen“ nur in großem Abstand folgen, damit er uns nicht sieht und sich nicht an uns erinnert. Es ist aber trotzdem immer ein Erlebnis und macht einen unheimlich stolz.

 

Traurig aber auch schön
Viele stellen mir immer die Frage, wie ich den Welpen denn so einfach wieder hergeben kann. Einfach ist es nicht, aber wenn wir den Welpen bekommen, wissen wir ja von Anfang an, dass er nicht uns gehört. Er ist eine „Leihgabe“. Ich finde es einfach wichtig, dass man im Leben andern hilft, auch wenn es nicht immer leicht ist. Natürlich fließen Tränen, und die Woche vorher ist nicht immer leicht, aber wenn man dann Blinde mit ihren Hunden sieht, entschädigt einen das.