Good-bye Au-pair

Mitte Februar kündigt Morena – dieser Schritt war nicht besonders überraschend und auch nicht schockierend, sondern eher überfällig. Wir hatten ihr so oft gesagt, dass es völlig okay sei, den Job aufzugeben, wenn es ihr keinen Spaß mache (was nämlich, meiner Meinung nach, der Fall war, aber sie bestritt es). Anfang Februar hatte Morena sich innerhalb einer Woche den Fuß verstaucht UND dann auch noch eine Gehirnerschütterung zugezogen (zum Glück nicht bei der „Arbeit“) – zugegebenermaßen ganz schön hart. Als sie wieder halbwegs fit war, lief gar nichts mehr: Sie aß nichts (nichts Neues bei ihr) und sie trank nichts (auch, wenn ich mehrmals am Tag mit Getränken in ihrem Zimmer stand – sehr schwierig). Diese Geschichte war aber nur der letzte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte:

Ganz abgesehen davon ging es einfach nicht mehr, trotz „good will“ auf beiden Seiten. Morena war einfach zu viel „Drama“ für unsere Situation: immer im Wechsel von hocheuphorisch bis zu Tode betrübt, und das seit Monaten. So etwas habe ich bei einer Erwachsenen (sie ist 25 Jahre alt) noch nicht erlebt. Beide Seiten haben sich über lange Zeit echt Mühe gegeben, aber „it just didn’t work out“. Die Kids waren nicht der Grund für ihren Weggang, da muss ich die vier Jungs in Schutz nehmen und bin erleichtert, dass es jetzt einen Endpunkt gibt. Die richtig böse Überraschung kam aber erst eine gute Woche später, nachdem sie bereits eine neue Gastfamilie gefunden hatte. Vor Ablauf der 14-tägigen Übergangszeit, in der sie noch bei uns helfen sollte, wartete sie eines Mittags mit gepackten Koffern bereits auf mich und zog aus, ohne sich auch nur von den Kids zu verabschieden. Sie sagte nicht, was los ist, sondern nur, dass mich die Au-pair-Agentur aufklären würde. Drei große Fragezeichen!!! Das tat diese dann auch – kurze Zeit später hatte ich die Hauptzentrale der Au-pair-Agentur an der Leitung, die uns informierte, dass jetzt eine formale Untersuchung des Falles eingeleitet worden sei. Wie bitte? Weswegen? Dass Morena an diesem Tag gegen eins unserer Kinder schwere Anschuldigung erhoben hatte wegen eines „tätlichen Angriffs“ vor drei Wochen, hörte ich jetzt zum ersten Mal … Es ist ein Glück, dass unser Gast Martin an besagtem Nachmittag auch anwesend war und nichts von diesem Angriff gesehen hat. Wir reichen seine schriftliche Zeugenaussage ein und hoffen, dass uns diese entlasten wird …

Das war schon ein echter Schock. Und wie so oft kam alles zusammen: Marc war gerade in Europa unterwegs, Ole und Paul hatten Ferien, ich war krank (Nasennebenhöhlen), es gab noch einen snow day und in meiner deutschen Schule Ärger: Streit zwischen zwei meiner Schüler mit anschließender Ausweitung auf die entsprechenden Mütter, die noch mehr Terz machten als ihre Kids. Und das über E-Mails und Telefonterror. Mir reichte es zu diesem Zeitpunkt jedenfalls!

Das Gute an der ganzen Misere: Ich schlage mich alleine durch und es klappt – ich kann also auch ohne Hilfe bestehen. An einigen Stellen lasse ich meine guten Vorsätze sausen: Die Wäsche kommt in den Trockner statt auf die Leine, Theo und Tim dürfen öfter das Fastfood-ähnliche Schulessen wählen (und sie freuen sich), Ole und Paul dürfen öfter mal DVDs gucken, wenn ich mit Theo und Tim Hausaufgaben mache (und sie freuen sich auch). Theo macht Hausaufgaben, wo es ihm gefällt (unter dem Tisch, neben dem Essen, und auch er freut sich) und am Ende frage ich mich, ob ich mir das Leben nicht manchmal selber schwer mache, indem ich an vielen Stellen im Normalbetrieb den unbequemeren Weg gehe (wenig DVDs, selbstzubereiteter school lunch usw.)?

Abends suche ich dann nach Ersatz für Morena. Ich telefoniere mit vielen Mädels, aber zunächst sagen alle ab. Mich beschleicht das Gefühl, dass wir „schwer vermittelbar“ sind, als bilinguale Immigranten mit vier Kindern und dazu noch Jungs und eben auch der deutschen Sprache in der Familie (was vor allem die deutschen Au-pair-Bewerberinnen verständlicherweise abschreckt). Ein wenig schönes Gefühl, aber eben auch mal eine wertvolle Erfahrung. Ende Februar finden wir dann doch ein Mädchen. Vitoria kommt aus Brasilien, ist 19 Jahre jung – und beim Skypen sehr positiv, lebensfroh und natürlich. Sie stört es nicht, dass wir nicht das ganze Paket „American Dream/Way“ bieten können. Sie wird Mitte April zu uns kommen – so lange müssen wir noch durchhalten und dann bitte Daumen drücken.