KEEP TALKING (1) – Ein Monat USA

Warum aller Anfang schwer ist. Wieso viele Tipps anderer Expats beim Englischlernen nicht geholfen, wir aber selbst nach einem Monat USA ein paar gute Wege für die Kids in die neue Sprache gefunden haben. Und warum „looking“ ein zentrales Wort unserer Jungs wurde.

 

 

Am Anfang war die Situation mit dem Englischen nicht leicht für die Kinder. Bis auf Theo (7) verstehen die Kinder so gut wie gar nichts – und mit seinen Vokabeln aus dem ersten Schuljahr kommt Theo auch nicht gerade weit. Ihm ist in der ersten Woche fast die Blase in der Schule geplatzt, weil ihn bei seiner Suche nach einer Toilette niemand verstanden hat. Bei Tim (6) gibt es jeden Morgen dicke Krokodilstränen vor der Schule, und Ole (4) zupft mich für viele, viele Wochen am Ärmel und fragt: „Mama, was hat die gesagt?“ Er lernt zwar bald, dass er wiederholen soll, was die Lehrerin zu ihm sagt, aber Sätze sind lange „Spaghetti“ für ihn, und die Wortgrenzen versteht er nicht: „Say puzzle, please“ (Lehrerin) – „Saypuzzleplease“ (Ole). Paul (2) fängt bei unserer Ankunft gerade an, komplette deutsche Sätze zu sprechen. Ihn interessiert das alles am Anfang nicht sonderlich – er ist noch nicht in der preschool und hat von daher weniger Kontakt mit dem Englischen.

Was nicht hilft
Die größte Herausforderung in den ersten Wochen und Monaten ist die Suche nach „verständlichem Sprachinput“. Wir fragen herum, probieren einiges aus und enden trotz Empfehlungen schnell in Sackgassen

  • 1. Tipp vieler anderer Expats: Kinderfernsehen, z. B. Sesamstraße oder Barney. Unsere Erfahrung: völlig ungeeignet für den Anfang, weil die Sprachinformationen viel zu komplex sind und sich deren Bedeutung auch nicht aus dem Kontext erschließen lässt. Selbst ich verstehe akustisch vieles nicht – dazu kommt der totale Informationsoverflow (bunt, wild, schnelle Wechsel, mit Musik, Geschrei, Gehopse) – ihr könnt ja gerne mal probieren, Chinesisch mit chinesischem Kinderfernsehen zu lernen – viel Erfolg schon mal 😉 . Unsere Kinder waren jedenfalls danach immer total aufgedreht und haben so gut wie nichts verstanden …
  • 2. Tipp vieler Expats: Verabredungen mit anderen Kindern. Unsere Erfahrungen: nur sehr bedingt geeignet, da Kleinkinder und junge Kinder weder besonders deutlich noch immer im Kontext reden und oft auch nicht verstehen, warum das Gegenüber nichts versteht. Die werden je nach Temperament sauer oder gelangweilt (von daher: Absage).
  • Abenteuerliche Hausaufgaben: Theo muss in „language art“ (also im Englischunterricht) jede Woche einige Aufsätze schreiben (HILFE!) über seine Erlebnisse am Wochenende, dann eine kleine Buchrezension über ein Buch seiner Wahl. Wie soll das gehen??? Also machen wir es so: Er sagt mir, was er schreiben will (auf Deutsch), ich übersetze und schreibe alles auf Englisch hin, Theo schreibt es ab. Habt ihr einen besseren Vorschlag? Am Anfang liest er auch einfach deutsche Bücher – wie soll er bitteschön englische Bücher verstehen?
  • Babysitter/in: Wir holen uns eine native „speakerin“ ins Haus – unsere Babysitterin, die sich vor allem um Ole und Paul kümmert, wenn ich Theo und Tim bei den Hausaufgaben helfe. Es ist schwierig, weil sie sich gegenseitig nicht verstehen. Das ist natürlich auch sehr personenabhängig, aber auf keinen Fall ein Selbstläufer. Nach wenigen Wochen hört sie aus diesem Grund wieder auf.

Was gut hilft

  • Babyfernsehen, z. B. „Baby Einstein“: Mag für Babys ja schlecht sein, aber für unsere Jungs hat es funktioniert: viele Abbildungen von EINER Sache, langsames Tempo, dazu ganz viele Wortwiederholungen (wie „Vokabellernen“ mit Spaßfaktor) –zumindest ein Anfang.
  • Spezialversion der Sesamstraße für „English as a second language learner“ auf DVD: Perfekt: Wenig Sprachinput im Kontext in kleinen Episoden vermittelt, viele Wiederholungen von sinnvollen Phrasen, das Ganze eingebettet in eine nette Story vom Einwanderer „Twingo“ (ein lila Wuscheltier), der gerade erst in die USA gekommen und bei einer jungen Frau eingezogen ist. Dazu gibt’s direkt die ersten kulturellen Einblicke.
  • Bilinguale Klassenkameraden, sowohl bei Tim als auch bei Theo, die am Anfang einfach Sprachrohr waren – dann konnten die Kinder wenigstens kommunizieren und waren nicht total außen vor. Ich widerspreche hiermit allen Leuten, die die Einbeziehung der eigenen Sprache am Anfang bzw. generell für schädlich für den Fremdsprachenerwerb halten. Totaler Humbug! Ein paar wenige deutsche Worte können schon Wunder tun und eine Menge Frust sparen. Wer widerspricht, der mache doch bitte ein Eigenexperiment (nach China für ein Jahr ohne jedes Wort Englisch, Deutsch, Französisch …). Nach einigen Monaten war diese „Starthilfe auf Deutsch“ übrigens nicht mehr notwendig.
  • Jede Menge Kleinkinderbücher/Kinderbücher vorlesen, vor allem auch zu den Themen, die die Kinder interessieren – wieder verständlicher Sprachinput, mit Bildern und dazu auch mit deutschen Erklärungen oder Ergänzungen, wenn die Kids nicht verstanden hatten – und dann immer wieder die gleichen Bücher.

Der „looking“-Trend
Das allererste englische Wort in unserem Haus ist „looking“ – Tim bringt es „mit“, die anderen übernehmen es. Sie benutzen es, um mit den englischsprachigen Babysitterinnen Kontakt aufzunehmen und ihnen etwas zu zeigen. Obwohl diese immer wieder „look“ sagen, war es den Jungs für viele Monate nicht auszutreiben, wahrscheinlich, weil sie sich damit einfach schon erfolgreich verständigen konnten. Selbst als sie anfingen, englische Sätze zu sprechen, hielt sich „looking“ hartnäckig.

Ole: It´s my turn. Open the red. Looking.